Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob ein Mieter, der in seiner Wohnung illegale Betäubungsmittel aufbewahrt, gegen seine mietvertraglichen Pflichten verstößt und inwieweit er dem Vermieter zum Ersatz von Schäden verpflichtet ist, die im Rahmen eines gegen den Mieter geführten Ermittlungsverfahrens bei der polizeilichen Durchsuchung der Wohnung entstehen.
Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:
Der Beklagte war Mieter einer im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnung. Diese Wohnung wurde Ende Juni 2013 aufgrund eines richterlichen Beschlusses durchsucht, der auf den Verdacht des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Tatzeitraum Januar bis Oktober 2012 gestützt war. Von diesem Tatvorwurf wurde der Beklagte später rechtskräftig freigesprochen.
Im Rahmen der Durchsuchung waren allerdings 26 Gramm Marihuana aufgefunden und sichergestellt worden. Insoweit wurde der Beklagte wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Die Klage der Vermieterin auf Ersatz der Reparaturkosten der beim Polizeieinsatz beschädigten Wohnungseingangstür ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen und allein vom Bundesland als Träger der Polizei im Wege der Streithilfe eingelegten Revision verfolgt dieses das Klagebegehren für die Klägerin weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen, da – jedenfalls auf der Grundlage der insoweit maßgebenden tatsächlichen Feststellungen der Instanzgerichte – der Beklagte die der Vermieterin entstandenen Schäden nicht verursacht hat.
Zwar hat der Beklagte mit der Aufbewahrung von 26 Gramm Marihuana in der Wohnung die Grenzen vertragsgemäßen Gebrauchs überschritten und seine gegenüber dem Vermieter bestehende mietvertragliche Obhutspflicht verletzt. Denn ein Mieter hat die Mietsache schonend und pfleglich zu behandeln und bei ihrer Benutzung alles zu unterlassen, was zu einer – von dem ihm zustehenden vertragsgemäßen Verbrauch nicht umfassten – Verschlechterung oder einem Schaden an dieser führen kann. Bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung muss derjenige, der seine Wohnung als Aufbewahrungsort für illegale Betäubungsmittel nutzt oder zur Verfügung stellt, damit rechnen, dass es im Zuge aufgrund dessen durchgeführter strafprozessualer Maßnahmen – wie Durchsuchungen – zu Schäden an der Wohnung kommen kann.
Im vorliegenden Fall fehlte es aber an dem erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der allein feststellbaren Pflichtverletzung – Aufbewahrung von 26 g Marihuana in der Wohnung im Juni 2013 – und den bei der Durchsuchung entstandenen Schäden. Denn der dem Durchsuchungsbeschluss zugrunde liegende Tatverdacht (unerlaubtes Handeltreiben in nicht geringer Menge im Zeitraum Januar bis Oktober 2012) hat sich weder im Strafverfahren bestätigt noch wurden im vorliegenden Zivilprozess gegenteilige Feststellungen getroffen.
Die danach allein verbleibende, in der Aufbewahrung der 26 Gramm Marihuana in der Wohnung im Juni 2013 liegende Pflichtverletzung des Beklagten kann hinweggedacht werden, ohne dass der bei der Durchsuchung eingetretene Schaden an der Wohnungstür entfiele. Die Ermittlungsmaßnahmen wären in gleicher Weise durchgeführt worden, wenn der Beklagte diese Betäubungsmittel nicht erworben und in der Wohnung aufbewahrt hätte. Ohne entsprechenden Kausalzusammenhang – die so genannte conditio sine qua non – fehlt es aber bereits am Grunderfordernis einer jeden Schadenszurechnung und ist eine Ersatzpflicht des Beklagten deshalb – auch nach den Vorschriften über unerlaubte Handlungen (§ 823 BGB) – ausgeschlossen.
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Vermieter ein Entschädigungsanspruch gegen das Bundesland als Träger der Polizei zustehen kann (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14. März 2013 – III ZR 253/12, BGHZ 197, 43), stellte sich im vorliegenden Verfahren nicht.
Vorinstanzen:
Amtsgericht Nürnberg – Urteil vom 17. April 2015 – 26 C 1112/14
Landgericht Nürnberg-Fürth – Urteil vom 2. Februar 2016 – 7 S 3539/15