Framersheim / Kreis Alzey-Worms – Gas entsteht bei allen biologischen Prozessen, bei denen Mikroorganismen etwas zersetzen. Verrotten, Faulen oder Kompostieren – es gibt viele Namen für solche Vorgänge, die sich ständig in der Natur abspielen. Auf der Kreismülldeponie Framersheim und in der benachbarten Vergärungsanlage macht man sich dies zunutze. Ein neu konzipiertes Blockheizkraftwerk (BHKW) verarbeitet Gase aus Deponie und Vergärung und erzeugt dabei Strom und Wärme. Zur Anlagenbesichtigung anlässlich der Inbetriebnahme des neuen BHKW trafen sich Landrat Ernst Walter Görisch, Mitglieder des Werksausschusses des Landkreises Alzey-Worms, Vertreter der beratenden Ingenieurfirma Schirmer sowie der MDF GmbH auf dem Deponiegelände.
„Strom auf diesem Weg zu erzeugen, ist ein guter ökologischer Ansatz. Mit dem neuen Blockheizkraftwerk steht dem Landkreis jetzt eine effektive Möglichkeit zur Verwertung von Deponie- und Biogas zur Verfügung“, dankte Landrat Görisch den Ingenieuren für die Entwicklung der zukunftsweisenden High-Tech-Anlage. „Aus den bisher separat genutzten Blockheizkraftwerken für Biogas und Deponiegas haben wir eine Anlage entwickelt, die eine Mischung aus beiden Gastypen verarbeitet“, erläuterte Heinrich Bräckelmann, geschäftsführender Gesellschafter der Schirmer Umwelttechnik GmbH.
Nachdem die Menge an Deponiegas seit Ende der Deponierung vor elf Jahren sinke, werde auch der Energiegehalt immer geringer. Die Gasverwertung in zwei getrennten Kraftwerken sei damit nicht mehr wirtschaftlich. Denn mit der aktuell vorhandenen Qualität des Deponiegases lasse sich ein Blockheizkraftwerk nicht mehr lange reibungslos betreiben. Das klimaschädliche Methangas dürfe jedoch nicht einfach abgelassen werden. Es bliebe nur die Verbrennung des Gases über eine Fackel. Die Lösung, die die findigen Ingenieure für Framersheim geplant haben, heißt: Gasaufbereitung, Mischung beider Gase aus Deponie und Vergärung und Verarbeitung in dem speziell hierfür konzipierten neuen BHKW. Dieses ist nun erfolgreich in den Testbetrieb gegangen. Es wird erwartet, dass damit im Jahr 2017 etwa 4,8 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt werden, eine Menge, die den Strombedarf für etwa 1.300 Durchschnitts-Haushalte im Jahr decken könnte. „Der größte Anteil des Stromes kann direkt ins Netz eingespeist werden. Die Vergütung für die ins Stromnetz eingespeiste Energie fließt in den Gebührenhaushalt und kommt so allen Gebührenzahlern zugute, die den Rohstoff Bioabfall in der grünen Mülltonne sammeln und bereitstellen“, betont Landrat Görisch. Die Mehreinnahmen durch Stromerlöse sollen 2017 im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 735.000 Euro steigen.
Nachdem der Auftrag zum Bau der neuen Anlage im März vergeben wurde, hat die Firma HGS aus Krefeld das Biomasse-Heizkraftwerk für rund 916.000 Euro gebaut. Die Firma Göbel Energie- und Umwelttechnik Anlagenbau GmbH aus Büdelsdorf zeichnet für den Bau der Trocknungsanlage verantwortlich. 261.000 Euro hat der Abfallwirtschaftsbetrieb für diese investiert. Beide Firmen übernehmen weiterhin die Wartungsarbeiten. Dass das Gas in einer separaten Einrichtung getrocknet wird, ist neu. Genauso die Reinigung der Gase in Aktivkohle-Behältern. „Diese Maßnahme ist notwendig, um die Katalysatoren nicht zu schädigen“, informiert Andreas Brosi, Projektleiter von Schirmer-Umwelttechnik. Über einen Touchscreen ist die Anlage, die über einen Zwölf-Zylinder-Motor und eine maximale elektrische Leistung von 701 Kilowatt verfügt, steuerbar. Per Internet sind die Anlagendaten auf mobilen Endgeräten abrufbar. Weiter genutzt wird das benachbarte alte Blockheizkraftwerk 1, wenn die neue Anlage gewartet wird oder lediglich eine geringe Gasmenge zur Verfügung steht.