Frankfurt am Main – „Wenn in wenigen Tagen sich das Jahr 2016 zu Ende neigt, wird man vielerorts mit sehr gemischten Gefühlen diesen Jahreswechsel begehen. Der Anschlag von Berlin Anfang dieser Woche hat auf schreckliche Weise unsere dunkelsten Befürchtungen eintreten lassen. Menschen sind verwundbar und öffentliches Leben ist es auch. Schutz ist möglich, eine völlige Sicherheit gibt es aber nicht. Ob eine Gesellschaft verwundbar ist, liegt an ihr selbst.
Der Terror hat erst dann wirklich Erfolg, wenn sich eine Gesellschaft verwundbar macht, wenn sie sich ängstigen lässt, wenn sie ihre Freiheit aufgibt, wenn sie Hass und Respektlosigkeit zulässt und Liebe und Mitmenschlichkeit aufgibt. Der feige Anschlag auf einen friedlichen Weihnachtsmarkt in Berlin ist ein Angriff auf uns alle, auf unsere Werte, auf unsere Gesellschaft. Unsere Trauer gilt den Opfern und unser Mitgefühl den Angehörigen. Unser Staat muss stark sein, um gegen feigen Extremismus vorgehen zu können, gleich unter welchem politischen oder religiösen Deckmantel er daherkommt. Und jenen, die uns angreifen, muss mit aller Härte und Konsequenz begegnet werden. Stark muss aber gerade auch unsere Gesellschaft sein, damit sie sich nicht von diesem blinden Hass anstecken und auseinander treiben lässt, sondern weiter gemeinsam für Freiheit, Offenheit und Miteinander einsteht.
Die zurückliegenden Monate haben nicht nur unsere Stadt und unser Land vor große Herausforderungen gestellt, nein, die Welt insgesamt scheint aus vielerlei Blickwinkeln heraus betrachtet ins Wanken geraten zu sein.
Europa ringt gerade auch nach dem erklärten Austrittswunsch Großbritanniens um den eigenen Zusammenhalt, in der Türkei sehen wir den fortschreitenden Abbau demokratischer Freiheitsrechte, Russland baut seine Macht mit allen Mitteln weiter aus und die politische Agenda des künftigen US-Amerikanischen Präsidenten ist noch viel zu vage, um daraus tatsächlich verlässliche Schlüsse auf die kommende Politik unseres wichtigsten Verbündeten ziehen zu können. Europa hat schmerzlich erfahren, wie nah inzwischen die terroristische Bedrohung gekommen ist, deren Bilder uns in früheren Jahren nur als Beobachter der Situation im Nahen und Mittleren Osten erreicht hatten.
Die Welt ist in vielerlei Hinsicht kleiner geworden und die mit der Globalisierung gebauten Brücken in die Welt dienen heutzutage nicht mehr alleine dem Export unserer Waren sondern eben auch dem Import von Herausforderungen, die uns einst so fern erschienen sind. Nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Fall des Eisernen Vorhangs in Europa, waren viele davon ausgegangen, dass die Welt nun friedlicher werden würde. Der renommierte Politikwissenschaftler Francis Fukuyama sprach damals gar vom „Ende der Geschichte“ und dem Siegeszug der Demokratie. Doch diese eher sehnsuchtsvolle Hoffnung auf eine Welt nach westlichen Wertmaßstäben ist der Ernüchterung gewichen, dass sich eben jene Werte nicht von selbst über die Vielzahl unterschiedlicher Kulturen in der Welt hinweg verbreiten.
Und auch bei uns selbst wird dieses Verständnis nicht einfach weiter vererbt, sondern es bedarf der täglichen Anstrengung, für eine freie, offene und demokratische Gesellschaft einzutreten. Dabei sind unsere Voraussetzungen in Stadt und Land sehr gut. In Deutschland ist die Arbeitslosigkeit so gering und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten so hoch wie nie seit der Wiedervereinigung. Während in anderen europäischen Staaten die Jugendarbeitslosigkeit ganzen Generationen die Zukunftsperspektiven nimmt, fehlen bei uns vielerorts die notwendigen Auszubildenden.
Und gerade auch unsere Heimatstadt Frankfurt steht auf einem starken wirtschaftlichen und finanziellen Fundament, das es ermöglicht, dass wir enorme Summen in die Bildung und den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft investieren können. Es gibt also bei allen berechtigten Fragen über die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, auch genügend Gründe, den Jahreswechsel mit Zuversicht anzugehen. Eine Zuversicht, die jedoch auch den Auftrag zum Handeln mit einschließt und eben gespeist wird von der Erfahrung, dass das Erreichte nicht selbstverständlich ist und wir als Gesellschaft gemeinsam gefordert sind, für unsere Werte, für eine freie und gleichzeitig solidarische Gesellschaft einzutreten.
Auch das neue Jahr wird wieder viele neue Herausforderungen mit sich bringen, doch unsere Gesellschaft ist stark genug, diese nicht nur anzunehmen, sondern auch zu meistern und daraus eine bessere Zukunft zu gestalten. Wichtig dabei ist jedoch, dass wir uns nicht von den Demagogen von links oder rechts auseinander dividieren lassen. Jenen, die den Menschen leichte Antworten auf schwierige Fragen versprechen, geht es nicht um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine erfolgreiche Zukunft, sondern einzig um die Spaltung unseres Landes. Wer Angst, Hass und Respektlosigkeit auf die Straßen und Plätze unseres Landes trägt, will eben keine friedliche und freie Gesellschaft, sondern ein anderes, ein ängstliches und kaltes Deutschland und ein ebensolches Frankfurt. Unsere Stadt wird seit der Kommunalwahl im März diesen Jahres von einer Koalition aus CDU, SPD und Grünen regiert. Frankfurt geht es gut. Unsere Stadt wächst. Jedes Jahr steigt die Zahl der Einwohner um rund 15.000 Menschen. Wir wollen in den kommenden fünf Jahren die Stadt weiter zu einer Familienstadt ausbauen, mit genügend Wohnraum, ausreichend Plätzen zur Kinderbetreuung und mit attraktiven Schulen. Aber auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Verbesserung der Sicherheit sind wichtige Themen. Mit dem Schutzmann vor Ort wollen wir mehr Polizeipräsenz erreichen. Auch zusätzlicher Videoschutz soll Frankfurt noch sicherer machen. Und auch die Förderung der Vereine steht oben auf dem Programm unserer Stadtregierung, weil wir ohne das breite ehrenamtliche Engagement viele Aufgaben nicht alleine lösen könnten. Der Jahresausklang ist daher auch die richtige Gelegenheit, gerade jenen Menschen zu danken, die sich in Vereinen, Kirchengemeinden, Organisationen oder als fleißige Helferinnen und Helfer vor Ort für ein funktionierendes Gemeinwesen engagieren.
Weihnachten war vielleicht schon lange nicht mehr so wichtig, wie in diesen Zeiten. Besinnen wir uns daher auf die wahren Werte unserer Gesellschaft, auf Liebe, Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit. Wenn wir alle gemeinsam anpacken und uns nicht von linken oder rechten Demagogen auseinander treiben lassen, dann werden wir auch ein gutes Neues Jahr 2017 gemeinsam gestalten können.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Ihren Familien und Freunden eine frohe und besinnliche Weihnachtszeit und alles Gute für ein glückliches und gesundes 2017.
Und nicht vergessen. An Heilig Abend ist es wieder soweit: Dann gibt es in der Stadt Frankfurt ein Klangerlebnis der ganz besonderen Art. Dann ertönen die Glocken der Innenstadtkirchen – perfekt harmonisch aufeinander abgestimmt. Die insgesamt 50 Glocken des Großen Frankfurter Stadtgeläutes läuten von 17 bis 17.30 Uhr die besinnlichen Weihnachtsfeiertage ein“, Ihr Uwe Becker.