Mannheim – Den ganzen Winter über ist ein spezielles Werkstattfahrzeug der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (rnv) nachts auf den Gleisen im Verkehrsgebiet unterwegs. Während der sogenannten Eisfahrten besprüht es die Oberleitungen mit einem Frostschutzmittel. Auf diese Weise verhindert die rnv bereits seit Anfang 2015 erfolgreich das Vereisen der Oberleitungen – und damit verbundene Fahrtausfälle.
Wenn es knirscht und die Funken sprühen, kommen die rnv-Straßenbahnfahrer ins Schwitzen. Der Grund: Eis auf der Oberleitung. Das kann beispielsweise passieren, wenn zu tiefen Temperaturen noch Nebel oder Niederschlag hinzukommt. Legt sich eine Schicht aus Eiskristallen zwischen die sogenannte Fahrleitung und den Stromabnehmer der Straßenbahn, sinkt die Spannung und die Elektronik der Bahn ist beeinträchtigt. Im schlimmsten Fall bleibt die Straßenbahn stehen und muss abgeschleppt werden.
Damit dies nicht passiert, sind die Eisfahrer der rnv in diesem Winter schon seit November 2016 im gesamten Verkehrsgebiet unterwegs. Die sogenannten Eisfahrten finden ausschließlich nachts statt, um den regulären Straßenbahnbetrieb nicht zu beeinträchtigen. Dabei kennt der Einsatzplan kein Wochenende und keinen Feiertag: gefahren wird von Montag bis Sonntag, immer zwischen 22 Uhr und 5 Uhr morgens. Drei Nächte dauert es, bis das Netz in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg vollständig abgefahren ist. Dann beginnen die Eisfahrten von vorne.
„Die Eisfahrten sind ein Erfolgsmodell“, zieht Franz-Wilhelm Coppius, Leiter der Abteilungen Angebots- und Betriebsplanung sowie Fahrbetrieb Bilanz. „Seit wir sie im November 2015 eingeführt haben, gab es keine Störungen mehr durch vereiste Oberleitungen im rnv-Verkehrsnetz.“
Historische OEG-Bahn wird nachts zum Eisfahrzeug
Für die Eisfahrten setzt die rnv einen speziell ausgerüsteten Werkstattwagen ein. Der Straßenbahnwagen „TW 76“, Baujahr 1963, der früher auf der OEG-Strecke zwischen Mannheim, Heidelberg und Weinheim unterwegs war, ist zwar kein modernes Fahrzeug, doch er ist besonders robust. Zudem verfügt er über Druckluft-Bremsen, deren Kompressor-Technik für den Sprühvorgang genutzt wird. Dafür sind an der Schleifleiste des Stromabnehmers Düsen angebracht, die mit einer eigens entwickelten Benetzungsapparatur verbunden sind. Fährt die Bahn schneller als 7 km/h, wird der Sprühvorgang aktiviert und Frostschutzmittel wird auf die Oberleitung aufgebracht. Zwei bis drei Tage beträgt die Haltbarkeit des Mittels; bei starkem Regen muss schneller nachgesprüht werden.
Derzeit sind sechs Fahrer der rnv im Wechsel als Eisfahrer unterwegs. Sie benötigen neben der Fahrberechtigung für das gesamte Straßen- und Eisenbahnnetz der rnv auch eine spezielle Ausbildung für das Fahren druckluftgebremster Straßenbahnen. „Es macht natürlich auch Spaß tagsüber mit Fahrgästen zu fahren. Aber nachts kann man einfach etwas gemütlicher fahren, zumal unser Eisfahrzeug auch nur mit 30 km/h unterwegs ist“, erklärt Eisfahrer Thomas Matz das Engagement für die besonderen Fahrten. Für die nächtlichen Einsätze haben sich die Fahrer freiwillig gemeldet. Und sie werden voraussichtlich noch bis in den März hinein unterwegs sein – immer nachts, für eisfreie Oberleitungen.