Heidelberg – Die Pflicht zur kommunalen Anschlussunterbringung von Flüchtlingen stellt für viele Kommunen des Rhein-Neckar-Kreises eine der größten Herausforderungen im Jahr 2017 dar. Waren 2016 noch lediglich 1.816 Personen in den 54 Kreiskommunen aufzunehmen, so werden es im laufenden Jahr voraussichtlich rund 4.000 Menschen sein, so die Prognose des im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis für die Flüchtlingsunterbringung zuständigen Ordnungsamtes.
Die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen ist in Baden-Württemberg im Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) geregelt. Danach sind die Stadt- und Landkreise verpflichtet, die vom Land Baden-Württemberg zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen und vorläufig unterzubringen. Die maximale Aufenthaltsdauer von Flüchtlingen in der vorläufigen Unterbringung auf Ebene der Stadt- und Landkreise beträgt 24 Monate. Spätestens nach diesem Zeitraum erfolgt der Wechsel in die kommunale Anschlussunterbringung. Für Flüchtlinge deren Asylverfahren bereits vor Ablauf von 24 Monaten abgeschlossen ist, erfolgt der Wechsel in die kommunale Anschlussunterbringung bereits mit Abschluss des Asylverfahrens. Als Verteilungsschlüssel für die Anschlussunterbringung gilt dabei grundsätzlich der Anteil der Wohnbevölkerung, wobei einvernehmlich davon abweichende Zuteilungsregeln getroffen werden können.
„Mir lag sehr daran, mit den Städten und Gemeinden eine einvernehmliche Lösung zur Verteilung der Flüchtlinge bei der Anschlussunterbringung zu finden“, verdeutlicht Landrat Stefan Dallinger. Alle Kommunen müssen gleichermaßen dazu beitragen, diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu bewältigen. „Daher berücksichtigt der Schlüssel für die Verteilung der Flüchtlinge und Asylbewerber in die kommunale Anschlussunterbringung nicht nur die Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune sondern auch die Belegung in der vorläufigen Unterbringung des Kreises“, so Landrat Stefan Dallinger.
Bereits seit Ende 2014 habe der Kreis die Kommunen auf die Folgen der gesetzlichen Pflicht zur Anschlussunterbringung hingewiesen und dringend empfohlen, rechtzeitig Vorsorge für ausreichende Unterbringungskapazitäten zu treffen. Das Problem, der rechtzeitigen Bereitstellung von Unterbringungskapazitäten, das der Kreis insbesondere von Sommer 2015 bis zum Frühjahr 2016 bei der vorläufigen Unterbringung der Flüchtlinge hatte, verschiebt sich nun auf die Kreiskommunen bei der Anschlussunterbringung
Der Verteilerschlüssel sei im Einvernehmen mit allen Oberbürgermeistern und Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern Ende November 2016 in einer gemeinsamen Besprechung festgelegt worden, ergänzt der Heddesheimer Bürgermeister und Vorsitzende des Kreisverbandes des baden-württembergischen Gemeindetages, Michael Kessler.
Der Kreis wird seine Kommunen bei der Anschlussunterbringung im Rahmen seiner Möglichkeiten unterstützen und ist daher grundsätzlich bereit, einige bislang für die vorläufige Unterbringung genutzte Immobilien, soweit diese nicht mehr benötigt werden, den Kommunen zu überlassen. „Wir reagieren auf die derzeit verringerten monatlichen Zugangszahlen auf Kreisebene und haben begonnen, mit einigen Kommunen über die Nachnutzung von Objekten zu sprechen“, so Ordnungsdezernent Christoph Schauder.
Eine zusätzliche Herausforderung bei der kommunalen Anschlussunterbringung ist der Familiennachzug von anerkannten Flüchtlingen, weil zum Zeitpunkt der Zuteilung in der Regel noch völlig unklar ist, ob und in welchem Umfang die nachzugsberechtigten Flüchtlinge hiervon Gebrauch machen. Enge Familienangehörige der Flüchtlinge, die im Rahmen des Familiennachzuges nach Baden-Württemberg kommen, sind von den Kommunen zusätzlich aufzunehmen. „Wir haben den Vertretern der Städte und Gemeinden im Januar 2017 in einer Besprechung nochmals dargelegt, dass sie etwaige Familiennachzüge bei ihren Unterkunftsplanungen mit berücksichtigen müssen“, erläutert der Leiter des Ordnungsamtes im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis, Stefan Becker und ergänzt, dass das Landratsamt in vielen Fällen keinerlei Einfluss auf den Familiennachzug habe. So werden die zuständigen Ausländerbehörden bei syrischen Staatsangehörigen von den deutschen Auslandsvertretungen lediglich über die Visa-Erteilung für deren Familienangehörige informiert.