Mannheim – Im Auftrag des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie – Jugendamt hat das Plena-Institut für Planung, Entwicklung und Aktivierung der Hochschule Mannheim in einer qualitativen Studie die Wirkung der offenen Jugendarbeit exemplarisch an drei offenen Jugendeinrichtungen in Mannheim untersucht: dem Jugendhaus Erlenhof in der Neckarstadt-West, der Begegnungsstätte Westliche Unterstadt in der Innenstadt und dem Jugendtreff Friedrichsfeld. Professor Dr. Rainer Kilb, Paula Neumeister und Ansgar Rubin, die die wissenschaftliche Untersuchung „Qualitätssicherung und Evaluation der Kinder- und Jugendarbeit in Mannheim“ durchgeführt haben, legten jetzt dem Jugendhilfeausschuss der Stadt Mannheim einen zusammenfassenden Bericht vor.
„Die drei Jugendeinrichtungen sind in ihren Stadtteilen gut verankert und spielen eine außerordentlich wichtige Rolle bei der Ausbildung funktionierender Stadtteilstrukturen“, fasst Professor Dr. Rainer Kilb eines der wichtigsten Ergebnisse der Studie zusammen. Dies schlägt sich auch im Bericht nieder, der eine „deutliche Funktion des ‚Community-Building’ durch Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit“ feststellt. Sie seien vor allem in Stadtteilen mit einer Verdichtung sozialer Problemlagen, in Stadtteilen mit interkultureller Struktur und mit einem hohen jährlichen Bevölkerungswechsel besonders wichtig. Die Studie belegt: Genutzt werden vor allem die thematisch sehr unterschiedlichen Arbeitsgruppen und Veranstaltungen, allgemeine Medienangebote, Ausflüge und Reisen, Partys und Feste, aber auch formelle Lern- und Bildungsangebote. „Die offene Jugendarbeit erfüllt eine wesentliche Präventionsfunktion“, sieht Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb die strategische Ausrichtung durch die Studie bestätigt. „Jugendhäuser und -treffs bieten Kindern und Jugendlichen wichtigen Halt, der ihnen oft zuhause fehlt“, so Freundlieb, „dort finden sie die notwendige Unterstützung durch unsere Fachkräfte aber auch in der Gemeinschaft.“ Die Studie belege außerdem, dass Nutzer der offenen Jugendarbeit seltener Maßnahmen Hilfen zur Erziehung in Anspruch nehmen müssen: „Die Jugendarbeit in Mannheim ist gut aufgestellt und wirkt“, konstatiert die Jugendbürgermeisterin.
Sozialer Rückhalt und Integration
Jugendtreffs werden als Orte geschätzt, an denen man Freundschaften schließen kann, viele der Befragten benennen aber auch die Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Partizipation. Jugendliche finden, so das Fazit des Plena-Instituts, Orientierung durch Gleichaltrige und Bezugspersonen, aber auch sozialen Rückhalt, der deren Integration fördert und Selbstwirksamkeitserfahrung unterstützt. Für einige der regelmäßigen Besucher fungiere die Jugendeinrichtung als „zweites Zuhause“ und ist deshalb aus dem Lebensalltag nicht wegzudenken. Für 47,5 Prozent der im öffentlichen Raum befragten Jugendlichen ist die Kontaktmöglichkeit zu anderen Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung.
Neben denjenigen, die die Jugendeinrichtungen als zweites Zuhause empfinden und diese besonders intensiv nutzen, identifiziert die Studie drei weitere Nutzergruppen: Die „Regelbesucher“, für sie sind die Einrichtungen familien- und schulergänzend regelmäße Anlaufpunkte, die „Gelegenheitsbesucher“ sowie Schüler, die im Rahmen ganztägiger Bildung von Einrichtungen der öffentlichen Kinder- und Jugendarbeit (mit)begleitet werden und deren Angebote nutzen. Etwa 37 Prozent der auf öffentlichen Plätzen befragten Jugendlichen waren beziehungsweise sind Besucherinnen und Besucher von Angeboten der offenen Jugendeinrichtungen. Dieser Wert entspricht auch vergleichbaren bundesweiten Untersuchungen, wie etwa der AID:A-Studie 2014, laut der zwischen 8 und 31 Prozent der zwölf bis 25-Jährigen ein Jugendzentrum besuchen.
Für die Persönlichkeitsentwicklung, das ergibt die Auswertung der 86 befragten ehemaligen Besucher im Alter von 29 bis 39 Jahren, spielten Jugendhaus oder -treff und vor allem die dort angetroffenen Gleichaltrigen eine wichtige orientierende Rolle. Die Fachkräfte in den Einrichtungen übernehmen bei der Organisation der Angebote, aber auch bei der Regulierung von Konflikten und Problemlagen sowie als Beraterinnen und Berater eine wichtige Funktion. Hinweise auf nachhaltige Wirkungen gibt es im Hinblick auf berufliche, soziale und persönliche Alltagsnormalisierung; die Ehemaligen sind nahezu sämtlich berufsfähig, berufstätig und sozial gut vernetzt. Interessant ist auch der Befund, dass Jugendliche in Mannheim sehr viel Zeit für Mobilität aufwenden. Rund zweidrittel der im öffentlichen Raum befragten Jugendlichen sind mehr als zwei Stunden täglich in ihrer Freizeit unterwegs. „Mobile Ansätze der Jugendarbeit sollten hier auch die Aufgabe übernehmen, temporäre Raumnutzungen zu akquirieren und die Jugendlichen darin zu begleiten“, lautet eine Empfehlung des Forscherteams.
Hintergrund zur offenen Jugendarbeit in Mannheim:
In Mannheim gibt es zehn Jugendhäuser und 13 Jugendtreffs, sowohl in städtischer als auch freier Trägerschaft. In den vergangenen 15 Jahren wurde das dezentrale Angebot von offenen Jugendeinrichtungen in den Mannheimer Stadtteilen mit der Errichtung von neun zusätzlichen Jugendtreffs deutlich ausgeweitet. Für die Stadtteile Schwetzingerstadt und Luzenberg sind zwei weitere Einrichtungen in Planung. Bei Jugendtreffs handelt es sich um rund 200 qm große stadtteilorientierte Einrichtungen, die Kinder und Jugendliche als Treffpunkt und für ihre Freizeitgestaltung nutzen können. Die Jugendeinrichtungen werden pädagogisch von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern betreut.