Landau – Gegen das Vergessen! Mit der Verlegung am Vormittag des 9. März 2017 befinden sich nun bereits 205 Stolpersteine im Landauer Boden. Der Kölner Künstler Gunter Demnig, Initiator der Aktion, ließ an sechs Stellen 24 kleine Mahnmale in den Boden ein. Vor den letzten jeweils frei gewählten Wohnorten, aber auch vor Schulen und Stätten des kulturellen Lebens erinnern sie an die Opfer des Nationalsozialismus.
Neben dem Ost- und dem Westring stand auch die Maria-Ward-Schule im Fokus der bereits zehnten Verlegung von Stolpersteinen in der Stadt Landau. Am Schulgebäude in der Cornichonstraße wurde vier jüdischer Mädchen gedacht, die dort einst zur Schule gegangen waren. Die heutigen Schülerinnen der Privatschule untermalten die Verlegung musikalisch und gaben Dorothea Drexler, Elisabeth Jeremias, Margot Schwarz und Doris Kern in Form einer eindrucksvollen szenischen Darstellung symbolisch ihr Gesicht zurück. Die teilweise heftigen Regenschauer, die während der Zeremonie niedergingen, konnte den Anwesenden nichts anhaben. Die Schülerinnen zogen die Zuschauerinnen und Zuschauer mit ihren selbst erarbeiteten Szenen in den Bann.
Bürgermeister Dr. Maximilian Ingenthron dankte sowohl dem Künstler Gunter Demnig als auch den zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern des Projekts. „Seit acht Jahren dürfen wir in unserer Stadt dieses Zeichen setzen, das einen bedeutenden Baustein der Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit darstellt“, betonte Dr. Ingenthron.
Stolpersteine seien aber weitaus mehr als Mahnmale im Boden. Hinter jedem Schicksal stehe ein Mensch mit seiner ganz eigenen Geschichte. „Mit ihrer großartigen Gestaltung der Verlegung der Stolpersteine, der musikalischen Begleitung und der szenischen Darstellung haben die Schülerinnen der Maria-Ward-Schule die Biografien der vier jungen Frauen eindrucksvoll veranschaulicht und ihnen auf feinfühlige und berührende Weise ihr Gesicht zurück gegeben“, so Dr. Ingenthron.
Stolpersteine seien tiefgründige Symbole, die unter die Haut gingen. Man spüre, dass der Nationalsozialismus mit all seinem Schrecken in all seinen Facetten auch mitten in Landau und mitten im Alltag präsent gewesen sei. Die Landauerinnen und Landauer jüdischen Glaubens seien Menschen und Mitbürger, Nachbarn und Kollegen gewesen; ihrer Heimat und allem, was Heimat ausmacht, beraubt. Ihnen sei das Gefühl genommen worden, dazuzugehören, Teil eines Ganzen zu sein – der Lebenswelt, die diese Stadt bilde. „Es waren Menschen, die doch nur das sein wollten, was wir heute sind: ganz normale Bürger in einer ganz normalen Stadt“ so Dr. Ingenthron. Er hatte noch als Mitglied des Stadtrates im Jahr 2005 die Verlegung von Stolpersteinen in Landau vorgeschlagen.
Ingenthron freute sich, die Tochter von Margot Schwarz begrüßen zu können, die eigens aus Israel angereist war. Ebenso nahmen zahlreiche Mitglieder der Familie Marx an der Verlegung der Stolpersteine teil. Er dankte insbesondere der „Initiative Stolpersteine Landau“, die das Projekt inhaltlich und organisatorisch unterstützt, wie auch den Patinnen und Paten, die die Steine finanzieren, und Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer.
Sein besonderer Dank galt einer Gruppe junger Menschen, die zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar die Stolpersteine in Landau gereinigt haben. Das sei eine ganz tolle Initiative und eine ebenso großartige Leistung.
„205 Stolpersteine werden heute in Landau in den Boden eingelassen sein. Damit liegt rund ein Drittel des Weges hinter uns. Verneigen wir uns vor den Opfern dieser mörderischen Ideologie und setzen wir heute mit jedem weiteren Stolperstein ein Bekenntnis für eine Stadt, ein Land, eine Welt der Freiheit und der Toleranz. Sei uns das Motivation und Inspiration im Ringen um eine friedliche und gerechte Welt. Und ruhen wir nicht eher, als für jede einzelne Person und jedes einzelne Schicksal ihr und sein Stolperstein hier im Landauer Boden liegt“, so Dr. Ingenthron abschließend, der zugleich für die weitere Unterstützung des Projektes warb.