Darmstadt – Heute vor 75 Jahren, am 25. März 1942, sind laut Bundesarchiv von Darmstadt aus die ersten Juden in die Vernichtungslager im Osten deportiert worden. Anlässlich des Jahrestages hatte die Wissenschaftsstadt Darmstadt mit ihren Veranstaltungspartnern für den heutigen Freitag (24.) um 11.30 Uhr alle Bürgerinnen und Bürger zu einem Gedenkgang eingeladen.
Der Weg führte von der Justus-Liebig- Schule (Ecke Landwehrstraße/Johannesplatz) zum „Denkzeichen Güterbahnhof“ (Ecke Bismarckstraße/Kirschenallee). Es handelt sich dabei um die Marschroute, die die deportierten Menschen auch damals gehen mussten. Unterwegs wurden die 164 Namen der ersten jüdischen Opfer aus Darmstadt von Schülerinnen und Schülern vorgelesen sowie Persönlichkeiten in kurzen Einzelbiographien vorgestellt. Am Ziel Güterbahnhof hielt Oberbürgermeister Jochen Partsch eine Rede und der neue Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, Jehoshuah Ahrens sprach das Kaddisch (jüdisches Totengebet). Das Denkzeichen Güterbahnhof erinnert daran, dass vom Darmstädter Güterbahnhof aus über 3400 Menschen aus ganz Hessen, darunter sowohl Menschen jüdischen Glaubens als auch Sinti und Roma deportiert wurden.
Oberbürgermeister Jochen Partsch: „2017 jährt sich die erste Deportation der aus Hessen stammenden jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die in Darmstadt ihren grausamen Anfang nahm, zum 75. Mal. Als Bestandteil der Erinnerungskultur und Zeichen unserer weltoffenen Darmstädter Stadtgesellschaft ist es uns daher ein besonderes Anliegen, mit einem Gang an diese unvorstellbaren Taten zu erinnern und die Opfer in unserem Gedächtnis zu behalten. Beim gemeinsamen Marsch können wir uns mit dem Geschehenen noch mal auseinandersetzen, uns in die Opfer hineinfühlen sowie Lehren ziehen, die uns für mehr Toleranz und ein friedliches Zusammenleben in unserem heutigen Alltag sensibilisieren.“
Im März 1942 sind aus allen Teilen des Volksstaates Hessen, von Rheinhessen bis nach Dieburg, Jüdinnen und Juden in der Darmstädter Liebig-Oberrealschule zusammengetrieben worden. Hier wurden sie erst registriert und durchsucht, dann folgte der Marsch zum Güterbahnhof und schließlich der Transport in die Vernichtungslager. Etwa 1000 Menschen unter 65 Jahren wurden „evakuiert“ ̶ unter ihnen 164 Darmstädter Jüdinnen und Juden. Um die Deportation als „Umsiedlung zum Arbeitseinsatz“ zu tarnen, waren zwei Waggons mit Nähmaschinen an den Zug angekoppelt. Die Deportierten wurden nach Polen zunächst in das Durchgangs-Ghetto Piaski bei Lublin transportiert. Später verliert sich ihre Spur in Vernichtungslagern wie Belzec und Majdanek. Fast alle Menschen kamen ums Leben.
Weitere Veranstalter des Gedenkgangs sind die Jüdische Gemeinde Darmstadt, die Initiative „Gedenkort Güterbahnhof“, der Verband der deutschen Sinti und Roma / Landesverband Hessen, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit mit Unterstützung der Justus- Liebig-Schule, des Arbeitskreises „Stolpersteine“, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und des evangelischen Dekanats Darmstadt-Stadt sowie des katholischen Dekanats Darmstadt.