Berlin – Fußgänger im Straßenverkehr leben gefährlich. Das gilt vor allem in Ortschaften, wo rund 95 Prozent aller verunglückten Fußgänger registriert werden. Mehr als jeder dritte innerorts getötete Verkehrsteilnehmer ist nach einer Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) ein Fußgänger (2015 – 377 von 1.048). Als ungeschützte Verkehrsteilnehmer haben sie bei einem Zusammenstoß mit einem Auto, einem Lkw oder einem Kraftrad immer die schlechteren Karten. Und das auch bei geringen Geschwindigkeiten, wie jetzt die UDV-Analyse zeigt: Bei einem Drittel der Pkw-Unfälle mit schwerverletzten oder getöteten Fußgängern war die Geschwindigkeit des Autos nicht höher als 10 km/h. Weniger als ein Drittel der Pkw waren schneller als 40 km/h.
Für die dominierende Kollisionsart (59 Prozent), den Frontalaufprall, hat die UDV festgestellt, dass die Fahrzeuggeschwindigkeit einen entscheidenden Einfluss hat. Eine Verhinderung des Aufpralls beziehungsweise eine deutliche Verringerung der Aufprallgeschwindigkeit durch automatische Notbremssysteme mit Fußgängererkennung für alle Pkw hat sich deshalb als die wirksamste Maßnahme erwiesen. „Wir brauchen in allen Autos optimierte Notbremsassistenten mit Fußgängererkennung serienmäßig“, sagt UDV-Leiter Siegfried Brockmann. Außerdem sei Tempo 30 oder weniger an Unfallschwerpunkten oder Bereichen mit vielen querenden Fußgängern notwendig.
Neue Erkenntnisse hat die UDV bei der Analyse des Heckanpralls (17 Prozent) gewonnen: Mehr als ein Drittel dieser Unfälle, die in der Regel bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten passieren, endet mit schweren Verletzungen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Zum einen waren 86 Prozent der geschädigten Fußgänger über 70 Jahre alt. Alte Menschen stürzen schneller und verletzen sich schwererer als jüngere. Zum anderen hatte nur jeder 14. Autofahrer den Fußgänger bemerkt und dann auch gebremst. Weitere Ergebnisse:
- Die meisten dieser Unfälle passierten bei Parkmanövern.
- Der Großteil der Verunglückten waren Frauen. Die Verletzungen der Fußgänger stammten fast immer vom Aufprall auf den Boden.
- Die allermeisten Unfälle passieren bei Tageslicht.
Nach Ansicht von Unfallforscher Brockmann können hier nur technische Lösungen helfen: „Wir brauchen Parkassistenten mit automatischem Bremseingriff und Fußgängererkennung in allen Autos.“
In fast jedem vierten Fall (23 Prozent) war die Verletzung des Fußgängers auf einen Seitenanprall zurückzuführen, meist beim Überqueren der Fahrbahn oder beim Abbiegen. Eine weitere Erkenntnis: In 28 Prozent dieser Fälle hatte der Fußgänger Kontakt mit einem der Außenspiegel des Autos und wurde zu Fall gebracht. Auch hier war der Aufprall auf die Fahrbahn oder den Gehweg schlimmer als die reine Berührung durch das Auto – und das, obwohl die Geschwindigkeiten mit 40 km/h deutlich höher lagen als beim Heckanprall. Hier ist denkbar, dass mittelfristig weit abstehende Außenspiegel durch kompakte Kamera-Monitor-Systeme ersetzt werden.