Landau – Die Zeughausgasse hieß früher erst „Schwanzgasse“, dann „Hurengässlein“; in der Theaterstraße wohnten einst, wenn auch streng voneinander getrennt auf unterschiedlichen Straßenseiten, Christen und Juden in direkter Nachbarschaft; und bei der „Rheinpfalz“ gingen über die Jahre mehr als 130 Leserbriefe zur „Landavia“-Skulptur auf dem Martha-Saalfeld-Platz ein. Diese und zahlreiche weitere Fakten wurden den Zuhörerinnen und Zuhörern der szenisch-musikalischen Stadtführung „Landauer FrauenGestalten“ am Wochenende des 25. und 26. März 2017 präsentiert. Die Führung lockte an zwei Tagen 160 Besucherinnen und Besucher an; beide Veranstaltungen waren damit ausverkauft.
Konzipiert wurde die Stadtführung „FrauenGestalten“ von Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Landau, Evi Julier, und der Leiterin der städtischen Kulturabteilung, Sabine Haas. Textauswahl und Regie übernahm Dr. Sieglinde Eberhart, für die musikalische Begleitung war Lena Diewald am Dudelsack zuständig und die Sprecherinnen Christine Heger-Roos, Annette Kliewer, Anita Lang und Tatjana Strauch ergänzten die Ausführungen Kohl-Langers zur Geschichte der Stadt Landau durch szenische Lesungen aus verschiedenen Quellen wie etwa der „Medicinischen Statistik der Stadt und Bundesfestung Landau in Rheinbayern“ und dem Roman „Judengasse“ von Martha Saalfeld.
Ausgangspunkt der besonderen Stadtführung war das Deutsche Tor. Hier thematisierten Christine Kohl-Langer und die vier Sprecherinnen am Beispiel des „Schwarzen Mariandels aus Nußdorf“ den scheinheiligen Umgang mit Prostituierten während der Landauer Festungszeit. Zweite Station war die Theaterstraße, die frühere „Große Judengasse“, der die Schriftstellerin Martha Saalfeld in ihrem autobiographischen Roman „Die Judengasse“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Saalfelds Geburtshaus befindet sich in der heutigen Theaterstraße. Von dort führte der Weg zum nach der Schriftstellerin benannten Martha-Saalfeld-Platz, den seit 1993 die Bronzefigur „Landavia“ ziert. Die „Landavia“ sei eine der berühmtesten und zugleich umstrittensten Landauerinnen, so Kohl-Langer. Immer wieder habe sich an der barocken Frauenfigur Kritik entzündet. Weitere Stationen der Stadtführung waren die Katharinenkapelle und das Frank-Loebsche Haus, wo „frommen Frauen“ bzw. Wirtsfrauen gedacht wurde. Auf dem Stiftsplatz ging es schließlich um das Leben und Sterben der „Hexe“ Apolonia Frankenstein, bevor an der finalen Station, dem Rathausinnenhof, die jüngere Landauer thematisiert wurde. Christine Kohl-Langer sprach über die ersten Frauen im Landauer Stadtrat und beendete die Führung mit dem noch immer aktuellen Appell „Mehr Frauen in die Politik!“.
Die Veranstalterinnen zeigen sich mit der Resonanz auf die Stadtführung äußerst zufrieden. „Wir freuen uns, im Jubiläumsjahr der Frauenwochen «Brot und Rosen» eine so besondere Veranstaltung von, mit und für Frauen auf die Beine gestellt zu haben“, so Julier, Kohl-Langer und Haas. „Die Landauer Stadtgeschichte hat auch eine weibliche Seite, die jedoch in den Geschichtsbüchern oft keine Erwähnung findet. Mit den «Landauer Frauengestalten» haben wir einen anderen Blickwinkel eingenommen und bekannte und unbekannte historische Frauenfiguren unserer Stadt in den Fokus gerückt“. Sie seien sehr dankbar, dass die Führung beim Publikum auf so reges Interesse gestoßen sei, betonten die drei Veranstalterinnen.