Karlsruhe – Auf dem Weg zur klimaneutralen Großstadt ist Karlsruhe in den vergangenen drei Jahren ein gutes Stück weitergekommen. Um die selbst gesteckten Klimaschutzziele zu erreichen, sind aber zusätzliche Anstrengungen notwendig. Zu diesem Ergebnis kommt der vierte Fortschrittsbericht „Klimaschutz in Karlsruhe“, der jüngst Grundlage für die Beratungen im Karlsruher Klimaschutzbeirat war.
„Unser Klimaschutzkonzept hat sich in der Vergangenheit als Motor für zahlreiche neue Projekte erwiesen. Mittlerweile können wir auf eine stattliche Anzahl von Aktivitäten städtischer Akteure in verschiedenen Bereichen zurückblicken“, so Bürgermeister Klaus Stapf bei der Präsentation des Berichts. Dazu gehören bundesweite Modellvorhaben wie das Abwärmeprojekt mit der Mineralölraffinerie Oberrhein (MiRO), die Energiequartier-Initiative in ausgewählten Stadtteilen oder die im letzten Jahr gestartete Initiative „Meine grüne Stadt Karlsruhe“.
Karlsruhe engagiert sich in vielen Bereichen im Klimaschutz, treibt Effizienzmaßnamen in eigenen Liegenschaften mit Hilfe eines verwaltungsinternen Klimaschutzfonds voran oder hat Beratungs- und Fördermöglichkeiten zum Energiesparen ausgebaut. Groß geschrieben werden nicht zuletzt spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Kooperationsprojekte mit ansässigen Unternehmen, beispielsweise die 2016 abgeschlossenen Netzwerke „Mari:e“ und „Mobil.Pro.Fit.“.
CO2-Emissionen reduziert
Diese Bandbreite macht sich in der städtischen Energie- und Treibhausgas-Bilanz bemerkbar: Nach der neuen Berechnung bis einschließlich 2015 konnten die CO2-Emissionen von ursprünglich 3,1 Millionen Tonnen im Jahr 2007 auf knapp 2,6 Millionen Tonnen reduziert werden, was einen Rückgang von rund 18 Prozent bedeutet. Damit liegt Karlsruhe derzeit noch innerhalb des selbst gesteckten „2-2-2“-Zielrahmens. Bezogen auf den Pro-Kopf-Verbrauch sanken die CO2-Emissionen sogar von über 11 auf knapp 8,5 Tonnen und damit um fast ein Viertel.
Erfolge verbuchen kann Karlsruhe auch beim Ausbau Erneuerbarer Energien: Bei der Stromerzeugung ist die angestrebte Verdopplung bis 2020 nicht zuletzt aufgrund des Photovoltaikbooms der letzten Jahre bereits erreicht, bei der regenerativen Wärmeerzeugung sieht es ebenfalls gut aus. Dabei sind einzelne Maßnahmen wie etwa die Beteiligung der Stadtwerke Karlsruhe an überregionalen Windparkprojekten oder die externe energetische Verwertung von Bioabfällen bilanztechnisch aufgrund des angewandten „Territorialprinzips“ gar nicht berücksichtigt.
Schleppende Umsetzung der Energiewende
Einen Wermutstropfen bilanzierten die beauftragten Experten des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg allerdings bei der Senkung des Energieverbrauchs. Trotz eines leichten Rückgangs in den Vorjahren sank der Energieverbrauch insgesamt von ursprünglich 9.100 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2007 auf lediglich 8.324 GWh in 2015 und damit um knapp neun Prozent. „Hier werden wir unser selbst gestecktes Ziel verfehlen“, so Bürgermeister Klaus Stapf. „Auch die weitere Senkung der CO2-Emissionen bis 2020 ist nicht einfach zu erreichen.“ In diesem Zusammenhang ist auch wenig hilfreich, dass die bundesweiten Rahmenbedingungen durch die schleppende Umsetzung der Energiewende und zuletzt ansteigenden Zahlen bei Energieverbrauch und CO2-Emissionen nicht optimal sind.
„Insgesamt betrachtet ist die Erreichung bei 3 von 4 Zielen gut, wobei die zugrunde liegende Datenqualität eher eine Tendenzbetrachtung als präzise Werte zulässt“, so Bürgermeister Klaus Stapf. Und weiter: „Um unsere Ziele zu erreichen, sind weitere Anstrengungen notwendig, auch in Erkenntnis und Bewusstsein des enormen Handlungsdrucks, der durch die Pariser Klimakonferenz 2015 und den rasanten weltweiten Temperaturanstieg 2014 bis 2016 noch deutlicher wird.“
Klimaschutzkonzeption fortschreiben
Nach rund acht Jahren Laufzeit hält der Umweltbürgermeister eine Fortschreibung der Karlsruher Klimaschutzkonzeption für angebracht. Dies war auch Tenor im Klimaschutzbeirat, wo zwar die Breite der Aktivitäten auf lobende Zustimmung stieß, aber insgesamt eine stärkere Konzentration auf Maßnahmen mit hoher Verbrauchs- und Emissionsminderung angeraten wurde. Als Herausforderung sehen es die Beiratsmitglieder, insbesondere Unternehmen für Energiesparmaßnahmen zu motivieren, etwa durch die Etablierung neuer Energieeffizienz-Netzwerke oder spezielle Beratungsinitiativen. Weitere Schwerpunkte müssten die Steigerung der Sanierungsrate im Gebäudebestand und die notwendige Erschließung neuen Wohnraums unter weitgehender Reduzierung des Energiebedarfs sein. Darüber hinaus mahnte der Beirat zusätzliche Ansätze zur Minderung der Verkehrsemissionen an.
Energieeffizienz im Fokus
„Wir brauchen neue Ideen und einen Fahrplan mit konkret umsetzbaren Maßnahmen für die nächsten Jahre“, beschreibt Stapf zusammenfassend die Herausforderung für das neue Klimaschutzkonzept. Eine mögliche Zeitschiene für ein „Update“ werde im Moment erarbeitet und soll zunächst im Ausschuss für Umwelt und Gesundheit beraten werden. Ein Ziel ist es, für die Konzepterstellung Fördermittel aus der Nationalen Klimaschutzinitiative zu nutzen. Wie bereits beim ersten Klimaschutzkonzept bewährt, ist eine enge Verzahnung von Politik und gesellschaftlich engagierten Gruppen sowie Fachakteuren und den Fachstellen der Verwaltung bei der Maßnahmenentwicklung vorgesehen. Dabei wird vor allem die Energieeffizienz im Fokus stehen. Bürgermeister Klaus Stapf: „Die billigste Kilowattstunde ist immer noch die, die gar nicht verbraucht wird.“