Mannheim – Die Videoüberwachung hat in der Mannheimer Innenstadt zwischen 2001 und 2007 zu einem erheblichen Rückgang der Straftaten geführt. Die meisten Kameras mussten daher Ende 2007 abgeschaltet werden – die gesunkenen Kriminalitätszahlen hätten eine Überwachung nicht mehr gerechtfertigt.
In den beiden zurückliegenden Jahren ist die Straßenkriminalität in Mannheim jedoch wieder signifikant angestiegen, insbesondere in der Innenstadt. Daher plant die Stadt derzeit gemeinsam mit der Polizei eine Wiedereinführung der Videoüberwachung. Im heutigen Ausschuss für Sicherheit und Ordnung wird über den aktuellen Stand des Projektes berichtet.
„Unser Ziel ist es, mit Hilfe neuester Techniken ein hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten, dabei ressourcenschonend zu agieren und vor allem auch einen geringeren Eingriff in die Grundrechte der Passanten zu garantieren“, erklärt Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Christian Specht. „Was wir auf keinen Fall planen, ist eine sogenannte automatisierte Gesichtsfelderkennung, bei der die Gesichter der Passanten mit etwaigen Fahndungsdaten abgeglichen werden – das wird es definitiv nicht geben. Stattdessen wollen wir eine Technik installieren, mit der potenziell gefährliche Situationen in ihrer Gesamtheit erkannt werden können, damit sie umgehend durch polizeiliche Intervention bereinigt werden können.
Die Wiedereinführung der Videoüberwachung soll nicht nur die objektive Sicherheitslage in der Innenstadt verbessern, sondern auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger stärken. In der Praxis sollen mit der Videoüberwachung drei wesentliche Ziele erreicht werden:
1. Vorbeugung: Die Kameras sollen zur Abschreckung potenzieller Straftäter dienen.
2. Aufklärung von Straftaten: Durch das gespeicherte Bildmaterial soll eine schnelle Identifizierung von Straftätern und eine verlässliche Beweismittelsicherung ermöglicht werden.
3. Einschreiten: Durch die Live-Übertragung und Beobachtung in Echtzeit soll im Bedarfsfall schnell und zielgerichtet durch die Polizei eingeschritten werden – der sogenannte „Mannheimer Weg“.
Eine erneute Installation und Inbetriebnahme von Videokameras kann jedoch nur nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen erfolgen. Gemäß § 21 Absatz 3 des Polizeigesetzes Baden-Württemberg muss es sich bei der beobachteten Örtlichkeit um einen sogenannten „Kriminalitätsbrennpunkt“ handeln. In Mannheim ist diese Voraussetzung an verschiedenen innerstädtischen Bereichen gegeben, wie die polizeilichen Daten belegen. Demnach soll eine Videoüberwachung in der Breiten Straße vom Neckartor bis einschließlich Paradeplatz erfolgen, ebenso wie am Plankenkopf in Höhe O 7 / P 7. Auch am Alten Messplatz in der Neckarstadt wird die Installation von Kameras aktuell geprüft. Am Vorplatz des Hauptbahnhofs soll die Videoüberwachung beibehalten werden.
Seit Anfang des Jahres führen Erster Bürgermeister Christian Specht und Mannheims Polizeipräsident Thomas Köber eine Projektgruppe zum Thema Videoüberwachung.
Das Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB aus Karlsruhe, das sich bereits seit Jahren intensiv mit sogenannten intelligenten Videoauswertungstechnologien befasst, wurde für die Mannheimer Zwecke beauftragt. Es soll eine algorithmenbasierte Software entwickelt werden, die kritische oder möglicherweise kriminalitätsrelevante Situationen herausfiltern kann – beispielsweise Personen, die rennen, hinfallen, schlagen oder treten. Der Polizeibeamte vor dem Monitor erhält sofort einen Hinweis und kann bei Bedarf entsprechend reagieren. Ergänzend werden aktuell neue Anonymisierungstechniken geprüft, sodass der Eingriff in die Privatsphäre reduziert wird.„So erfährt der Bürger durch die Videoüberwachung eine erhebliche Steigerung der Sicherheit bei gleichzeitiger Reduktion des Grundrechtseingriffs, auf Basis neuester Technologien“, resümiert Specht.
Einem möglichen Verdrängungseffekt soll vor allem mit einer zielgenauen Polizeipräsenz begegnet werden – diese flankierende Maßnahme war auch bei der früheren Videoüberwachung erfolgreich. Um die Auswirkungen der Videoüberwachung genau beobachten und auswerten zu können, plant die Stadt neben eine periodischen Wirkungsevaluation zudem eine wissenschaftliche Begleitung des Projekts.
Hinsichtlich der Kosten für die Videoüberwachung halten Stadt und Polizei an ihrem damaligen Erfolgskonzept fest. Demnach trägt die Stadt Mannheim die Kosten für die Kameras sowie das Leitungsnetz, die Polizei kommt für den Personaleinsatz sowie die Kosten der Software und Hardware innerhalb des Polizeipräsidiums Mannheim auf, insbesondere Monitore, Speicher und Server.
Der Start der Videoüberwachung im Echtbetrieb soll im September 2017 erfolgen. Die intelligente Bildauswertung wird nach ihrer Verfügbarkeit und der Schaffung der polizeirechtlichen Befugnisnormen möglichst zeitnah zugeschaltet.