Mainz – Ein neues Lagebild zu sogenannten „Reichsbürgern“ in Rheinland-Pfalz ergibt derzeit 407 Personen, die diesem Spektrum zuzurechnen sind. Die Mehrzahl sind Männer und über 50 Jahre alt. „Die intensive Befassung mit diesem Personenkreis hat gute Gründe“, stellte Lewentz fest. „Reichsbürger“ fielen nicht nur durch krude Thesen oder renitentes Auftreten auf. Die tödlichen Schüsse eines mutmaßlichen „Reichsbürgers“ auf einen Polizeibeamten im Oktober 2016 im bayerischen Georgensmünd hätten Politik, Behörden und Öffentlichkeit gleichermaßen aufgeweckt.
„Die in diesem Fall zu Tage getretene Aggressivität und Gewaltbereitschaft haben alle aufgerüttelt und nachdenklich gemacht. Deshalb wollen wir noch genauer hinzuschauen und alles rechtlich Mögliche tun, damit sich solche Taten nicht wiederholten“, so Lewentz. Seit November vergangenen Jahres wird das gesamte „Reichsbürger“-Spektrum durch die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern beobachtet. In Rheinland-Pfalz wurde unter Federführung des Verfassungsschutzes eine interministerielle Arbeitsgruppe unter der Beteiligung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) eingerichtet. Diese hat eine Bestandsaufnahme der Szene vorgenommen, um belastbare Daten zu erhalten, auf deren Basis über das weitere Vorgehen entschieden werden kann.
Im Rahmen einer Ressortabfrage wurden bis auf die kommunale Ebene Verwaltungen beteiligt. Zu den ersten Erkenntnissen zählt, dass es von den 407 Personen, die dem Spektrum der „Reichsbürger“ zugerechnet werden, nur rund ein halbes Prozent zugleich einen rechtsextremistischen Hintergrund hat. Regionale Schwerpunkte des gesamten Personenspektrums liegen im nördlichen Landesteil sowie in Rheinhessen und der Vorderpfalz.
Die Datenerhebung ergab ferner, dass 37 Personen über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen. Bei 17 Personen handelt es sich dabei um eine Waffenbesitzkarte, über einen sogenannten kleinen Waffenschein verfügen 15 Personen. Fünf weitere Personen besitzen sowohl eine Waffenbesitzkarte als auch einen kleinen Waffenschein.
Rund 20 Prozent der erfassten „Reichsbürger“ sind bisher strafrechtlich im weitesten Sinne in Erscheinung getreten.
Den bisherigen Auswertungsergebnissen zufolge handelt es sich bei drei der erfassten Personen um aktive Angehörige des öffentlichen Dienstes. Zwei davon sind in Kommunalverwaltungen beschäftigt. In einem weiteren Fall handelt es sich um einen Polizisten aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Trier. Verdachtsmomente bestehen ferner gegenüber vier Personen aus dem Öffentlichen Dienst, die sich bereits im Ruhestand befinden. In zwei weiteren Fällen den aktiven Dienst betreffend bedarf es noch der Verifizierung erster, vager Hinweise.
Als nächste Schritte kündigte Lewentz an, die Waffenbehörden nach Möglichkeit mit ausreichenden Informationen zu versorgen, damit diese jeden Einzelfall mit dem Ziel prüfen können, die Waffenerlaubnis zu entziehen oder zu versagen. Außerdem werde eine zuletzt im Januar aktualisierte Informationsschrift der Präventionsagentur gegen Rechtsextremismus um die neuesten Erkenntnisse und weitere Handlungsempfehlungen für den Umgang mit „Reichsbürgern“ ergänzt. Es folgen Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden, um die Beratung der Kommunen zu intensivieren.
„Die Maßnahmen der Landesregierung werden einer „Null-Toleranz-Linie“ folgen. Reichsbürger sollten keine Waffen besitzen und sie haben im Öffentlichen Dienst nichts verloren. Wir werden mit gezielten Information die Prävention stärken. Mein vorrangiges Ziel ist es, die Aktivitäten der ‚Reichsbürger‘ umfassend einzudämmen“, so Lewentz nachdrücklich.