Lambrecht / Deidesheim – Die Firma Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG hat einen Anspruch gegen den Landkreis Bad Dürkheim auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Erweiterung ihrer beiden Märkte in Deidesheim und Lambrecht.
Diese Rechtsauffassung hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstraße bei der heutigen Gerichtsverhandlung geäußert, woraufhin der Vertreter des beklagten Landkreises die Prozesserklärung abgegeben hat, die eingeklagten Bauvorbescheide für die geplanten Erweiterungen zu erlassen. Daraufhin haben die Beteiligten der beiden Verfahren die Rechtsstreite in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Klägerin betreibt auf bestimmten Grundstücken in Deidesheim und Lambrecht Lidl-Lebensmittelmärkte. Diese Grundstücke liegen in durch Bebauungsplänen festgesetzten Gewerbegebieten. In Deidesheim betragen die genehmigte Verkaufsfläche ca. 862 m² und die Geschossfläche mehr als 1.200 m². In Lambrecht verfügt der Discounter über eine genehmigte Verkaufsfläche von knapp 1.000 m² und eine Geschossfläche von etwa 1.500 m². Damit gelten beide Märkte als großflächige Einzelhandelsbetriebe. Darunter versteht man Betriebe mit einer Verkaufsfläche von über 800 m², die nach der Baunutzungsverordnung (§ 11 BauNVO) grundsätzlich nur in sog. durch Bebauungsplan festgesetzten Sondergebieten zulässig sind.
An beiden Standorten möchte die Klägerin expandieren und reichte deshalb bei der Kreisverwaltung Bad Dürkheim Anträge auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Erweiterungen ein. In Deidesheim soll die Verkaufsfläche auf ca. 1.000 m² und die Geschossfläche auf ca. 1.543 m² erweitert werden. In Lambrecht ist eine Verkaufsfläche von 1.200 m² und eine Geschossfläche von 1.840 m² vorgesehen. Beide Anträge lehnte der Beklagte im Mai bzw. Oktober 2014 unter Hinweis auf die entgegen stehenden Festsetzungen des jeweils maßgeblichen Bebauungsplans ab.
Nach erfolgloser Durchführung von Vorverfahren hat die Klägerin in beiden Verfahren Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sowohl in Deidesheim als auch in Lambrecht sei der Bebauungsplan unwirksam, so dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Markterweiterung nach § 34 des Baugesetzbuchs (BauGB) richte. Beide Vorhaben fügten sich in die nähere Umgebung ein, da dort ähnlich große Gebäude vorhanden seien.
Die 4. Kammer des Gerichts hat in der heutigen mündlichen Verhandlung ausgeführt, beide Bebauungspläne, die jeweils ein Gewerbegebiet festsetzten, seien, weil fehlerhaft bekannt gemacht, unwirksam. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Bauvorhaben beurteile sich in beiden Fällen daher nach § 34 BauGB, der die Zulässigkeit im unbeplanten Innenbereich regle. Insbesondere stelle auch die Bebauung im Umfeld des Marktes in Deidesheim einen Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB dar. Die Markterweiterung füge sich an beiden Orten in die nähere Umgebung ein. Weise ein Vorhaben die Merkmale eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes auf, so könne in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein, ob in dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Gebiet bereits ein vergleichbarer Betrieb vorhanden sei, der den Zulässigkeitsmaßstab mitbestimme. Dabei komme es nicht nur auf die Bebauung außerhalb des Baugrundstücks an; auch das auf dem Baugrundstück selbst bereits vorhandene Gebäude gehöre zur vorhandenen Bebauung, die den Maßstab für die weitere Bebauung bilde.
§ 34 BauGB stelle beim Einfügenserfordernis allein auf Nutzungsart, Nutzungsmaß, Bauweise und Grundstücksüberbauung ab. Maßgebend für das Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung nach dem Maß der baulichen Nutzung sei die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Gebäudes im Verhältnis zu seiner Umgebungsbebauung. Davon ausgehend seien sowohl in Deidesheim als auch in Lambrecht in der näheren Umgebung gewerblich genutzte Gebäude vorhanden, die ebenso groß oder noch größer seien als die Märkte der Klägerin nach der Erweiterung.
Die Vertreter der beiden beigeladenen Städte Deidesheim und Lambrecht äußerten sich in der mündlichen Verhandlung dahingehend, ihre Städte wünschten die Erweiterung der Lidl-Märkte. Sie hätten auch nicht die Absicht, die unwirksamen Bebauungspläne zeitnah zu heilen und erneut in Kraft zu setzen. Im Hinblick hierauf und die Rechtsäußerungen des Gerichts gab der Beklagtenvertreter die Prozesserklärung ab, die begehrten Bauvorbescheide zu erteilen.
Verwaltungsgericht Neustadt, Verfahren 4 K 462/15.NW und 4 K 463/15.NW