Mainz – Es ist ein Unterschied, ob man ein Kind oder einen Erwachsenen operiert. Aufgrund der speziellen anatomischen Begebenheiten bei Kindern müssen Kinderchirurgen über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen.
Vor diesem Hintergrund kommt der Ausbildung von Kinderchirurgen eine hohe Bedeutung zu. Die Europäische Union der medizinischen Fachdisziplinen (UEMS) hat jetzt die Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz als offizielles UEMS-Aus- und Weiterbildungszentrum zertifiziert. Damit bildet die Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie die kommende Generation der Kinderchirurgen nach den strengen Qualitätskriterien der UEMS auf international höchstem Niveau aus. Darüber hinaus berechtigt die Zertifizierung durch die UEMS die Europäische Facharztprüfung abzuhalten.
„Kinderchirurgen operieren die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft. Indem die Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz künftig nach den strengen Kriterien der UEMS ausbildet, gibt sie angehenden Kinderchirurgen das Rüstzeug mit auf den Weg, um kleine Patienten bestmöglich zu versorgen. Die Ernennung als UEMS-Aus- und Weiterbildungszentrum ist ein wichtiger Impuls für die chirurgische Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz und darüber hinaus“,
unterstreicht die Vorstandsvorsitzende und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Babette Simon.
In der Ausbildung zum Kinderchirurgen gilt es unter anderem ein hohes Maß an technischer Präzision zu erwerben, so der Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Oliver Muensterer:
„Wenn man ein frühgeborenes Kind mit wenigen hundert Gramm Körpergewicht operiert, dann ist absolute Genauigkeit gefordert. Denn eine unkontrollierte Bewegung von wenigen Millimetern kann zu einer Komplikation, beispielsweise einem unkontrollierten Blutverlust, führen. Diese Art von Präzision können angehende Kinderchirurgen nur entwickeln, indem sie viel üben, und genau das ist unser Credo.“
Im Rahmen der UEMS-Ausbildung sind zum einen Übungseinheiten mit speziellen, zum Teil auf Virtual Reality basierenden Simulatoren für den medizinischen Nachwuchs vorgesehen. Zum anderen erhalten die angehenden Kinderchirurgen während ihrer Ausbildung vom ersten Tag an eine intensive Anleitung im OP. Beides soll dazu beitragen, eine höchsten Ansprüchen genügende operative Kompetenz zu erwerben. Des Weiteren sind verpflichtende Ausbildungskonferenzen und regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen vorgesehen, in denen beispielsweise neue minimal-invasive OP-Techniken vermittelt werden. Darüber hinaus liegt der Ausbildung ein standardisiertes Ausbildungscurriculum nach den Vorgaben der UEMS zugrunde.
Insgesamt charakteristisch für die Kinderchirurgie ist die Notwendigkeit, ein breites Spektrum an relativ seltenen Erkrankungen und angeborenen Fehlbildungen zu behandeln. Viele der erforderlichen Eingriffe sind jedoch so speziell, dass ausschließlich besonders geschulte Kinderchirurgen mit entsprechender Kompetenz dazu in der Lage sind.
„Die Ausbildung nach den Kriterien der UEMS ist nach meiner Überzeugung der Schlüssel, um diese vielschichtige Kompetenz zu erwerben“,
zeigt sich Prof. Muensterer überzeugt.
Um den Status als UEMS-Aus- und Weiterbildungszentrum zu erlangen, musste die Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie unter anderem eine Mindestanzahl an sogenannten Indexfällen beziehungsweise Indexoperationen nachweisen. Indexoperationen dienen der Behandlung komplizierter, speziell kinderchirurgischer Krankheitsbilder. Eine weitere Bedingung war, dass die Klinik das gesamte kinderchirurgische Spektrum abbildet. Dazu zählen die Neugeborenenchirurgie, die Kindertraumatologie, die Kindertumorchirurgie, die plastisch-rekonstruktive Chirurgie, Verbrennungschirurgie, Kinderurochirurgie, die Bauchchirurgie und die Thoraxchirurgie.