Darmstadt – Zwei Drittel der Menschen – meist Männer über 65 Jahre – wissen gar nicht, dass in ihnen eine Zeitbombe tickt. Meist wird ganz zufällig entdeckt, dass die Bauchschlagader erweitert ist. Dabei kann ein Bauchaorten-Aneurysma immer größer werden, schlimmstenfalls reißen und zu lebensgefährlichen inneren Blutungen führen. Das soll jetzt anders werden. Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen wird um eine Vorsorgeuntersuchung erweitert: Männer über 65 Jahre können jetzt einmalig ein Ultraschall-Screening zur Früherkennung von Bauchaorten-Aneurysmen durchführen lassen.
PD Dr. Farzin Adili, Direktor der Klinik für Gefäßmedizin – Gefäß- und Endovascularchirurgie, hat sich auch als Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie dafür eingesetzt. Denn platzt ein Aneurysma, dann sterben über 50 Prozent der Betroffenen an inneren Blutungen. Auch dann, wenn sie lebend ein Krankenhaus erreichen. Die Anzahl solcher Notfälle – so zeigen große wissenschaftliche Studien– kann auf diese Weise verringert werden.
Das Screening als Kassenleistung ist nur für Männer gedacht, denn Frauen sind statistisch gesehen etwa zehn Mal seltener betroffen. Das Risiko, dass die Gefäßwand der Bauchschlagader im Bereich einer Aussackung einreißt, steigt ab einem Durchmesser von etwa fünf Zentimetern deutlich an. Bei sieben Zentimetern kann es innerhalb von 12 Monaten schon jedem fünften Betroffenen widerfahren – dann besteht absolute Lebensgefahr, sagt Dr. Farzin Adili
Das Gefährliche liegt darin, dass in 80 Prozent aller Fälle das Bauchaorten-Aneurysma keinerlei Symptome macht. Daher besteht nur durch ein Screening eine Chance, die Krankheit frühzeitig zu erkennen. Die Untersuchung besteht in einer schnellen, schmerzlosen und komplikationslosen Ultraschalluntersuchung. Dr. Adili hat einen Lehrplan für einen Kurs mit erarbeitet, der bundesweit einheitliche Standards sicherstellen soll. Auch für interessierte niedergelassene Ärzte bietet er im Klinikum Darmstadt einen Fortbildungskurs zur Ultraschalldiagnostik an. Interessierte können sich unter der E-Mailadresse: farzin.adili@mail.klinikum-darmstadt.de für einen Fortbildungskurs anmelden.
„Schon ab einer Größe der Aussackung von drei Zentimetern sollte das Aneurysma beobachtet, also regelmäßig kontrolliert werden. Ab einer Größe der Aussackung von viereinhalb bis fünf Zentimetern sollte dann eine Zuweisung zum Gefäßspezialisten erfolgen“, sagt Gefäßchirurg Adili. Denn ein frühzeitig entdecktes Bauchaorten-Aneurysma kann operativ gut behandelt werden.
Zur Wahl stehen zwei Operationsmethoden
Zwei Operationsmethoden stehen zur Wahl: das Platzieren eines Stents mittels minimalinvasivem Eingriff oder das Setzen einer konventionellen Gefäßprothese aus Polyester oder Teflon in einer offenen Operation. „Welche Methode gewählt wird, hängt stark von den anatomischen Gegebenheiten ab“, sagt Adili. Haben Patienten einen Stent erhalten, können sie das Krankenhaus nach zwei bis drei Tagen wieder verlassen, müssen jedoch mindestens einmal jährlich zur Kontrolluntersuchung. Bei einer offenen Operation ist die Verweildauer im Krankenhaus etwas länger.
Die Gefäßklinik hat in beiden Behandlungsmethoden große Expertise. Dr. Adili ist 2016 erneut von der FOCUS-Ärztelist als Top-Mediziner empfohlen worden. Rund 60 Patienten mit Bauchaorten-Aneurysmen werden pro Jahr hier behandelt, was im Vergleich mit anderen Kliniken eine relativ hohe Fallzahl ist.
In der Mehrzahl der Fälle ist eine Arteriosklerose Ursache für die Aneurysmabildung. Aber auch Traumata oder Infektionen können als Ursache in Frage kommen. Aneurysmen können sich an allen Arterien bilden – im Kopf, am Herzen oder der Lunge. Weitere Risikofaktoren sind: Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, genetische Disposition – und Tabakkonsum. „Als Gefäßchirurg sehe ich immer wieder, welch extremes Risiko Rauchen birgt. Es kommt so gut wie nie vor, dass jemand mit einem Bauchaorten-Aneurysma zu uns kommt, der noch nie in seinem Leben geraucht hat“, sagt Dr. Adili
Kontakt:
PD Dr. Farzin Adili
Klinik für Gefäßmedizin, Gefäß- und Endovascularchirurgie
Klinikum Darmstadt
Grafenstraße 9
64283 Darmstadt
Tel.: 06151 – 107 4401
E-Mail: gefaesschirurgie@mail.klinikum-darmstadt.de