Frankfurt am Main – Für die nachhaltige Akzeptanz der Energiewende ist, so Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender der Mainova AG, die Beachtung des Wettbewerbsprinzips von entscheidender Bedeutung. Dies betonte er im Rahmen der heutigen Hauptversammlung des Energieversorgers im Gesellschaftshaus des Frankfurter Palmengartens.
Insgesamt äußerte sich Alsheimer gegenüber den Aktionären sehr zufrieden über das Geschäftsjahr 2016, das mit einem historisch hohen Ergebnis abschloss. Dieses lag mit 159,7 Millionen Euro um 57,1 Millionen Euro höher als im Vorjahr. Das um Effekte aus der stichtagsbezogenen Marktbewertung von Energiebezugsverträgen bereinigte Ergebnis betrug 100,3 Millionen Euro (2015: 128,9 Millionen Euro). Maßgeblich für diesen Rückgang waren zukunftsgerichtete Wertberichtigungen an einer Minderheitsbeteiligung und Risikovorsorge für die Gaskraftwerke Irsching und Bremen.
Dem gegenüber steht eine deutlich gestärkte operative Ertragskraft der Mainova. Diese ist durch kontinuierliche Effizienzsteigerungen, Produktinnovationen, den Gewinn weiterer Kunden sowie eine erfolgreiche Beschaffungsstrategie und einen konsequenten Schuldenabbau gekennzeichnet. Die hohen Investitionen in die regionale Infrastruktur von rund 155 Millionen Euro zeigen die Stärke des regionalen Energieversorgers ebenso wie die stabile Eigenkapitalquote von 37,9 Prozent. „Das schafft die Basis für die operative Stärke auch in Zukunft“, betonte Alsheimer.
Gleichzeitig sprach sich der Mainova-Vorstandsvorsitzende für mehr Wettbewerb in der Erzeugung aus. „Der Wettbewerb im Vertrieb hat für den Verbraucher zu Wahlfreiheit und tendenziell zu niedrigeren Preisen geführt“, betonte er. Anders bei der Erzeugung: „Wenn marktwirtschaftliche Prinzipien im Erzeugungsbereich auch weiterhin höchstens halbherzig angewendet, ja sogar konterkariert werden, hat das negative Konsequenzen.“
Das neue Oligopol der Übertragungsnetzbetreiber
Beispiel dafür sei das neue Oligopol der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Ihnen hat der Gesetzgeber das Recht eingeräumt, eigene Erzeugungsanlagen zu errichten und zu betreiben, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Alsheimer: „Das Problem dabei ist, dass Netzbetreiber typischerweise keine Kraftwerke errichten und betreiben. Es gibt andere Unternehmen, die dies zu Marktbedingungen und nicht im regulierten Kontext tun. Diejenigen allerdings, die am Markt Kraftwerke betreiben, kommen nicht zum Zuge. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen diese Investitionen noch nicht einmal ausschreiben. Vielmehr bekommen sie dafür – vom Stromkunden bezahlt – eine staatlich garantierte Rendite.“ Dagegen plädierte Alsheimer dafür, „die Herausforderungen der Energiewende so weit wie möglich durch den Markt und im Wettbewerb zu lösen.“
In diesem Zusammenhang forderte Alsheimer, dass „die relevanten Entscheidungsträger sich konsequenter an die von ihnen selbst im Energiewirtschaftsgesetz formulierten Grundsätze halten.“ Dort heißt es, „wettbewerbliche Marktmechanismen“ sollten die Grundlage der Stromerzeugung bilden.
Gleichzeitig betonte Alsheimer: „Wir haben von Anfang an die Energiewende aktiv unterstützt und mitgestaltet. Ihr Erfolg ist uns wichtig.“ Allerdings sei sie kein Selbstläufer: „Die Energiewende wird nur gelingen, wenn sich die am besten dafür geeigneten Technologien im Wettbewerb entwickeln müssen.“
Kritik an stromgeführter Energiewende
In diesem Zusammenhang kritisierte er die von den maßgeblichen Akteuren im Bundesministerium für Wirtschaft ausgegebene Doktrin der stromgeführten Energiewende. Alsheimer: „Der Energieträger Gas und die Gasinfrastruktur haben in dieser Vorstellung keinen Platz mehr. Dass mit dieser Grundhaltung bestimmte Technologien von vorneherein verworfen werden, wird in Kauf genommen. Das ist das Gegenteil von Technologieoffenheit.“
Lösungsansätze wie Power-to-Gas – also die Nutzung von überschüssigem PV- und Windstrom zur Erzeugung von Wasserstoff und Methan – und die Rückverstromung des gespeicherten „grünen“ Gases würden ins Abseits gestellt, ohne dass eine ähnlich großvolumige Speicherlösung auch nur am Horizont erschiene. Dabei sei „der Energieträger Gas – ob Erdgas oder erneuerbares Gas – ein wichtiger Schlüssel zum Erreichen der deutschen Klimaschutzziele“, ist Alsheimer überzeugt.
Die Doktrin der stromgeführten Energiewende impliziere auch eine Absage an verbrauchernahe Lösungen. Alsheimer konstatierte: „Derzeit wird gezielt Strukturpolitik gegen die Betreiber von dezentraler Erzeugung mittels KWK-Anlagen und Verteilnetzbetreiber gemacht. Die vier Übertragungsnetzbetreiber werden dagegen systematisch gestärkt.“
Die Wirtschaftlichkeit dezentraler Erzeugung mittels hocheffizienter Kraftwärme-Kopplung (KWK), wie sie in den Mainova-Kraftwerken in Frankfurt am Main passiert, wird derzeit durch das Vorhaben in Frage gestellt, die vermiedenen Netznutzungsentgelte für KWK-Anlagen abzuschaffen.
Die kommunale Verteilnetzebene wird außer Acht gelassen
Beim Netzausbau setzen Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur ausschließlich auf den Ausbau der Übertragungsnetze. „Mögliche Alternativen zum alleinigen Ausbau der Stromautobahnen werden gar nicht erst erwogen“, kritisierte Alsheimer. Der ungeheure Ausbaubedarf beim Stromnetz, der durch einen ausschließlichen Wechsel von Gas auf Strom im Wärmesektor entstehen würde, wird offenbar nicht gesehen: Allein für das Frankfurter Stromverteilnetz sei – unter optimistischen Annahmen – überschlägig von Investitionskosten in Höhe von 3 bis 4 Milliarden Euro auszugehen.
Alsheimer: „Insbesondere lässt man die Möglichkeit außer Acht, durch die intelligente Verknüpfung von Erzeugung, Speicherung und Verbrauch in einem regionalen Rahmen auf Basis eines Ausbaus von Stromschnellstraßen der Hochspannungsebene (110kV) die Stromautobahnen des Übertragungsnetzes zu entlasten und so den Netzausbaubedarf insgesamt zu minimieren.“
Abschließend betonte Alsheimer: „Neben der Herausforderung durch einen hart umkämpften Energiemarkt wissen wir auch um unsere Verantwortung für die energetische Infrastruktur einer der prosperierendsten Regionen Europas. Wir sind zuverlässiger Versorger des größten deutschen Flughafens, der weltweit bedeutenden Messe Frankfurt, vieler Banken und Rechenzentren, sowie des größten Internetknotens der Welt. Für die Mainova AG gibt es viele Herausforderungen und viele Chancen. Wir nehmen sie alle in Angriff.“