Mainz – Gemeinsam mit Forschern der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin haben Chemiker der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ein molekulares Thermometer entwickelt.
Als Inspiration dafür diente der Edelstein Rubin. Allerdings handelt es sich bei dem Thermometer aus der Gruppe von Prof. Dr. Katja Heinze am Institut für Anorganische Chemie und Analytische Chemie um ein wasserlösliches Molekül und nicht um einen unlöslichen Feststoff wie der bekannte Edelstein. Dieses Molekül enthält aber wie Rubin das Element Chrom, das ihm die rote Farbe verleiht, und es wird daher auch molekularer Rubin genannt. Der molekulare Rubin kann dank seiner Löslichkeit in vielfältiger Weise zur Temperaturmessung eingesetzt werden: in Flüssigkeiten ebenso wie in Feststoffen, in Nanopartikeln und in Mizellen und damit im Bereich der Materialwissenschaften, der Biologie und der Medizin.
Der Vorgang der Temperaturmessung mit dem molekularen Rubin ist denkbar einfach. Die betreffende Stelle wird mit blauen Licht bestrahlt, der molekulare Rubin absorbiert dieses Licht und sendet daraufhin Infrarotstrahlung in zwei unterschiedlichen Wellenlängen aus. Je nach Temperatur wird die eine oder die andere Wellenlänge intensiver abgestrahlt. Aus dem Intensitätsverhältnis der beiden Infrarotemissionen kann dann die Temperatur bestimmt werden.
„Diese Messung kann jeder vornehmen, der ein einfaches Emissionsspektrometer besitzt“,
erläutert Sven Otto, Doktorand aus der Arbeitsgruppe Heinze.
„Der molekulare Rubin funktioniert bei 100 Grad Celsius ebenso wie bei minus 63 Grad Celsius, also in einem alltagsrelevanten Bereich“,
ergänzt Otto.
Das Prinzip der optischen ratiometrischen Temperaturmessung war bereits zuvor bekannt. Jedoch war es bisher nicht möglich, die Messung mit nur einer einzigen Art eines photoaktiven Zentrums durchzuführen. Bislang waren immer zwei Farbstoffe nötig: ein Farbstoff, dessen Emission von der Temperatur abhängt, und ein weiterer, dessen Emission davon unbeeinflusst ist, als Referenz. Das erschwert die Synthese und die Kalibration erheblich.
„Der molekulare Rubin ist dagegen einfach aus preiswerten Ausgangsstoffen aufgebaut und benötigt keine zusätzliche Referenzverbindung zur Temperaturmessung“,
so Heinze.
„Er eignet sich, wann immer wir eine Temperatur messen wollen, ohne das Objekt direkt wie mit einem konventionellen Thermometer berühren zu müssen.“
Die Arbeiten wurden in einer Sonderausgabe des Fachjournals „Chemistry – A European Journal“ aus Anlass des 150-jährigen Bestehens der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) mit Beiträgen von Top-Autoren aus Deutschland publiziert.
Gefördert werden diese Forschungsarbeiten durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), unter anderem im Rahmen der Graduiertenschule Materials Science in Mainz (MAINZ). Die DFG hat vor kurzem auch ein neues Schwerpunktprogramm „Licht-kontrollierte Reaktivität von Metallkomplexen“ bewilligt, das von Katja Heinze koordiniert wird.