Worms – Noch sind vier Jahre Zeit, bis sich das historische Ereignis „Wormser Reichstag“ zum 500. Mal jährt. 1521 verteidigte Martin Luther unter Berufung auf sein Gewissen seine Thesen vor Kaiser Karl V. Um das Jubiläum in Worms mit einer angemessenen Sonderausstellung zu würdigen, traf sich ein neu gegründeter wissenschaftlicher Beirat auf Einladung von Oberbürgermeister Michael Kissel und Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek am Dienstag, 6. Juni, zum ersten Mal im Museum der Stadt Worms im Andreasstift. Die Experten diskutierten erste Pläne zur Ausstellung: So sollen Gewissensfreiheit, Toleranz und die globale Wirkungsgeschichte Schwerpunkte 2021 in Worms sein.
Vielseitig besetzter Beirat
Wie bei großen Ausstellungen üblich, soll der wissenschaftliche Beirat das Projekt aus verschiedenen Perspektiven begleiten. Ein erster Teil der Beiratsmitglieder tauschte sich mit Wormser Experten wie Dr. Olaf Mückain, wissenschaftlicher Leiter des Museums, und Professor Dr. Gerold Bönnen, Leiter des Stadtarchivs Worms, aus. Auch Dr. Josef Mattes, Vorsitzender des Altertumsvereins, und der Präses der Synode der EKHN, Dr. Ulrich Oelschläger, sind Mitglieder des Beirats und teilten ihr Fachwissen aus Wormser Sicht.
Professor Dr. Thomas Kaufmann, Theologe und Kirchengeschichtshistoriker, wurde von den anderen Mitgliedern zum Sprecher gewählt. Mit der Präsentation eines Vorkonzepts eröffnete Dr. Katharina Kunter beim ersten Treffen des wissenschaftlichen Beirats am 6. Juni die internen Besprechungen zur weiteren Themenfindung und zu möglichen Gestaltungsmöglichkeiten der Ausstellung. Die Historikerin mit dem Forschungsschwerpunkt „Transnationale und globale Christentumsgeschichte des 20. Jahrhunderts“ arbeitet aktuell an verschiedenen Projekten zum diesjährigen Reformationsjubiläum und berät die Stadt Worms bei den Vorbereitungen der Ausstellung 2021.
Wormser Reichstag 1521 als Ausgangspunkt der Ausstellung
„Hier stehe ich und kann nicht anders!“ Obwohl Martin Luther diese Worte so 1521 vor Reich und Kaiser in Worms wohl nie gesagt hat, stehen sie bis heute sinnbildlich für Luthers Kampf für eine allein vor Gott verantwortete Gewissensfreiheit. In den 500 Jahren danach wurde die Szene zwischen dem Reformator und Kaiser Karl V. als ein Ereignis von globaler Relevanz gedeutet. Daher solle der Wormser Reichstag von 1521 auch der Ausgangspunkt der Sonderausstellung zum 500-jährigen Jubiläum werden, verriet Professor Dr. Thomas Kaufmann. „Dieses Ereignis war schon damals von tragender Bedeutung – auch wenn Luther selbst das anfangs noch nicht erkannte.“ Der Professor für Reformationsgeschichte lehrt an der Universität Göttingen und beschäftigt sich mittlerweile seit mehr als 30 Jahren mit der Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit. Die Mitglieder des neu formierten wissenschaftlichen Beirats wählten Kaufmann bei der ersten Sitzung zum offiziellen Sprecher. Oberbürgermeister Michael Kissel ist mit der Zusammensetzung des wissenschaftlichen Beirats und seines Sprechers sehr zufrieden: „Wir sind froh, dass wir Professor Dr. Kaufmann für dieses Projekt begeistern konnten. Auch die anderen Mitglieder sind absolute Spitzenleute ihres Fachs.“ Die Ausstellung, die bisher den Arbeitstitel „Freiheit, Gewissen, Toleranz – der Wormser Reichstag 1521“ trägt, soll sich auf eben jene drei Schwerpunkte ausrichten. Dabei sollen regionale Bezüge zur Wormser Geschichte sowie globale Zusammenhänge im Verlauf eines halben Jahrtausends aufgezeigt werden, bekräftigte Oberbürgermeister Kissel eine entsprechende Erwartung des Altertumsvereins. Zugleich regte er an, eine Forschungsarbeit zur sozialen, baukulturellen und wirtschaftlichen Situation der Stadt Worms in der historischen Situation des Reichtages von 1521 anzustreben. „Eine fundierte Dokumentation des historischen Umfeldes wäre eine sinnvolle Ergänzung“, so Oberbürgermeister Kissel.
Themenschwerpunkte beim ersten Treffen festgelegt
In den angeregten Diskussionen der Wissenschaftler einigte man sich schnell darauf, besondere Schwerpunkte in der Ausstellung zu vertiefen: Die Verbindung zwischen Humanismus und Reformation, die Wirkungsbedeutung – auch außerhalb Europas – sowie die Entwicklung des modernen Freiheits- und Menschenrechtsgedankens sollen 2021 thematisiert werden. „Die Entdeckung der neuen Welt, die Spuren Luthers bis nach Südkorea oder in die USA – all das sind Themen, die es bei der Ausstellung zu berücksichtigen gilt“, weiß Bürgermeister und Dezernatsleiter der Wormser Museen, Hans-Joachim Kosubek. Um möglichst alle Besuchergruppen anzusprechen, soll die Ausstellung eine ausgewogene Mischung aus historischen Objekten und modernen Medien bieten. „Etwa das mutige Auftreten Martin Luthers vor dem Wormser Reichstag wurde in der Filmgeschichte so unterschiedlich umgesetzt, dass ein Blick auf all die unterschiedlichen Darstellungsweisen spannend sein könnte“, findet Dr. Olaf Mückain.
Die weiteren Schritte des Beirats
Die nächsten Schritte der Ausstellungsplanung sind Thema bei der zweiten Sitzung des wissenschaftlichen Beirats im Herbst 2017. Ein Jahr später wird es dann ein öffentliches Symposium geben, bis Ende 2018 soll eine erste Liste für mögliche Objektanfragen erstellt sein. Die Ausstellung wird zum größten Teil im Museum der Stadt Worms im Andreasstift zu sehen sein. Aber auch das Museum Heylshof oder das Lutherdenkmal werde als „Satelliten“ eingebunden.