Mannheim: Stadtverwaltung geht neue Wege – 12-Punkte-Programm kommt für den Wohnungsbau

Mannheim – Der Wohnungsmarkt hat sich auch in Mannheim in den letzten Jahren dynamisch entwickelt. Das macht sich nicht nur in einer gestiegenen Nachfrage sowohl nach Mietwohnungen als auch im Eigentum, sondern auch in einer steigenden Preistendenz fest. Dabei sind im Vergleich zu anderen Großstädten in Deutschland – vor allem mit Blick auf Baden-Württemberg – die Mannheimer Mieten noch moderat.

Um bezahlbaren und ausreichenden Wohnraum auch zukünftig zu haben, führt die Stadt Mannheim ein 12-Punkte-Programm zum Wohnen in Mannheim, unter anderem mit einer Sozialquote, ein. Dies wurde vom Gemeinderat am Dienstag, 27. Juni 2017, mit Mehrheit beschlossen. Damit sollen zukünftig 30 Prozent der Neubauwohnungen ab zehn Wohneinheiten (Vorschlag der Verwaltung) zum Preis von 7,50 Euro pro Quadratmeter angeboten werden. Daneben sollen Mittel aus der Städtebauförderung zur Modernisierung von Bestandswohnungen eingesetzt werden, um den Preisanstieg zu dämpfen. Auch soll die städtische Wohnbaugesellschaft GBG zur sozialen Stabilisierung und Mischung Gebäude in allen Stadtteilen erwerben, private und städtische Brachflächen aktiviert werden und – wo möglich und sinnvoll – eine Nachverdichtung erfolgen.

Für Oberbürgermeister Dr. Kurz wird damit eine insgesamt erfolgreiche Wohnungspolitik fortgesetzt: Die GBG besitzt 19.000 Wohnungen, für die die Mieter zum aller größten Teil (94 prozent) nicht mehr als 7,05 Euro je Quadratmeter bezahlen. Auch auf den Konversionsflächen hat die Stadt mit den Investoren neben hochwertigen Wohnraum auch die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum vereinbart. Auf Benjamin Franklin Mitte werden 27 Prozent preisgünstiger Wohnraum entstehen, auf Turley sind von den 700 Wohneinheiten 200 Einheiten als Mietwohnungen ausgewiesen, von denen 60 Einheiten für betreutes und 75 Einheiten für günstiges Wohnen vorgesehen sind. Daneben gibt es auf Turley drei selbstverwaltete Wohngruppen. „Mit den großen Konversionsflächen haben wir das Potenzial, die Instrumente des 12-Punkte-Programms wirksam einsetzen zu können. Bis 2025 werden über 10.000 Wohnungen in Mannheim neu entstehen. Wir wollen dafür sorgen, dass dabei auch einkommensschwächere Wohnungssuchende versorgt werden können.“, erklärte der Oberbürgermeister. „Über eine entsprechende kleinräumige Mischung von Wohnungen unterschiedlicher Preissegmente wollen wir Quartiere stabilisieren und Segregationstendenzen, sowohl sozialschwacher als auch sozialstarker Haushalte verhindern“, so Dr. Kurz weiter.

Nun kann die Stadtverwaltung im Rahmen von Wohnungsneubauvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen eine feste Quote von 30 Prozent für preiswerten Mietwohnungsbaus vorgeben. Dies kann einerseits beim Verkauf städtischer Grundstücke als Vertragsbedingung erfolgen oder andererseits als Bedingung zur Schaffung von Baurecht (Bebauungsplan) in Verbindung mit einem städtebaulichen Vertrag nach § 11 BauGB erklärt werden. Keine Anwendung soll die Quote allerdings bei bestehenden Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich (§34 BauGB) finden.

Baubürgermeister Lothar Quast betonte: „Wir stellen mit diesem 12-Punkte-Programm die Weichen für die Zukunft und übernehmen soziale Verantwortung. Wir stärken auf der einen Seite nicht nur die Eigentumsquote, sondern haben auf der anderen Seite ebenso den preisgünstigen Wohnraum im Blick. Beides muss zusammen betrachtet werden“.

Die Verwaltung hat insbesondere für den Punkt Quotenmodell die Städte Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe, Mainz und Frankfurt/Main hinsichtlich des Einsatzes von Quotenregelungen und dazu vorliegenden Erfahrungen befragt. In Stuttgart, Freiburg, Mainz und Frankfurt/Main ist die Quotenregelung Teil baulandpolitischer Grundsatzbeschlüsse in denen zum Teil auch Kostenbeteiligungen der Planungsbegünstigten an Infrastrukturmaßnahmen festgelegt sind.

Überblick zum 12-Punkte-Programm:

I. Erlangung von Grundstücken

1. Aktivierung (nicht militärischer) städtischer Konversionsflächen
Nicht mehr benötigte oder nicht mehr genutzte, bebaute Flächen im Eigentum der Stadt (Schulstandorte, Sportanlagen, etc.) werden für den Wohnungsbau mobilisiert.
2. Umnutzung untergenutzter Gewerbeflächen
An den Übergängen zu Wohngebieten werden die Randbereiche von Misch- und Gewerbegebieten hinsichtlich ihrer Eignung für den Wohnungsbau geprüft. Davon unberührt bleiben funktional intakte Misch- und Gewerbeflächen, in denen weiterhin baurechtlicher Schutzbedarf für gewerbliche Betriebe und deren Nutzung besteht.
3. Aktivierung städtischer Brachflächen
Die im Wohnbaulandkataster identifizierten, unbebauten städtischen Flächen werden geprüft und bei Eignung in eine entsprechende Entwicklung geführt.
4. Aktivierung privater Baulücken unter Einbeziehung des BDA und der Architektenkammer
In Zusammenarbeit mit dem Bund Deutscher Architekten und der Architektenkammer Mannheim sollen die bereits im Wohnbaulandkataster identifizierten Flächen ergänzt und exemplarisch Planungen zum Wohnen erarbeitet werden.
5. Nachverdichtung und Ersatzneubau
Über Nachverdichtung und partiellen Ersatzneubau (insbesondere in stark aufgelockerten Quartieren der 1950 und 1960er Jahre), wird die Angebotsvielfalt erweitert und zusätzliche Angebote im preisgünstigen Segment geschaffen.
6. Rolle der GBG als strategisches Instrument der Stadtentwicklung
Die GBG wird weiterhin breite Schichten mit Wohnraum versorgen und durch ein gemischtes Wohnungsangebot, sowohl auf den Konversionen als auch in den Stadtteilen, sozialer Segregation vorbeugen. Neben dem Erhalt günstigen Wohnraums gehört dazu auch der Wohnungsneubau. Neben dem Neubau wertiger und quartiersprägender Wohnungen ist insbesondere die Bautätigkeit im preisgünstigen Segment zu intensivieren. Durch den Ankauf von Immobilien in Stadtteilen mit stark positiver Mietenentwicklung soll der Mannheimer Mietwohnungsmarkt zusätzlich stabilisiert werden.

II. Konditionen der Flächenüberlassung

7. Quotenmodell für preisgünstigen Wohnungsbau
Beim Verkauf städtischer Grundstücke und bei der Schaffung von Baurecht im gesamten Stadtgebiet wird für Wohnungsneubauvorhaben ab einer Größe von 10 WE, ein verpflichtender Anteil von mindestens 25% preisgünstigen Mietwohnraums über städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB festgesetzt. Die Verwaltung wird hierzu einen Vorschlag erarbeiten.
8. Verbilligte Vergabe von Wohnbaugrundstücken für preiswerten Wohnbau
Zum Zweck preisgünstigen Wohnungsbaus werden städtische Grundstücke verbilligt abgegeben. Dazu wäre gemäß Gemeindeordnung eine allgemeine Richtlinie über die verbilligte Abgabe von Grundstücken zu erarbeiten und zum Beschluss vorzulegen. Die Verwaltung wird hierzu ein Konzept zur verbilligten Vergabe städtischer Grundstücke erarbeiten.
9. Vergabe nach Konzeptqualität
Erfolgt keine Verbilligung, werden städtische Grundstücke nach dem aktuellen Bodenwert vergeben, nicht nach Maximalgebot. Entscheidend ist in erster Linie nicht der Preis, sondern die Konzeptqualität, u.a. Menge und Qualität preisgünstigen Wohnraums.
10. Gewährung von Erbbaurechten
Die Stadt Mannheim gewährt zum Zweck preisgünstigen Wohnungsbaus auf Teilflächen Erbbaurechte zum vollen Erbbauzins. Über einen schuldrechtlichen Vertrag wird dem Erbbaunehmer der Erbbauzins für eine bestimmte Zeit erlassen. So kann die Stadt diese Grundstücke über einen längeren Zeitraum strategisch für ihre städtebaulichen/ wohnungspolitischen Ziele vorhalten und Einfluss auf die Bodenpreisentwicklung nehmen. Von dieser faktischen Reduzierung der Einstiegskosten (Eigenanteil) profitieren in erster Linie gemeinschaftliche Wohnprojekte und kleinere Wohnungsmarkt-Akteure (z.B. Genossenschaften). Die Verwaltung wird hierzu einen Vorschlag erarbeiten.
11. Einsatz von Städtebaufördermitteln
Im Rahmen von Sanierungsgebieten werden kommunale Mittel, komplementär zu den Städtebaufördermitteln von Bund und Land, zur Modernisierung und Erhalt preisgünstiger Wohnungen systematisch eingesetzt.
12. Förderung Gemeinschaftlicher Wohnprojekte
Über die Koordinierungsstelle für Gemeinschaftliche Wohnprojekte und das zugehörige kommunale Förderprogramm erhalten gemeinschaftliche Wohnprojekte eine Prozessbegleitung und finanzielle Förderung.

Daten und Fakten zur Sozialquote im Wohnungsbau

Städte mit Sozialquote

BaWü: Stuttgart, Freiburg, Karlsruhe, Heidelberg (auf Konversionsflächen), Offenburg (in Planung)
Deutschland: u.a. Hamburg, München, Frankfurt, Münster, Bielefeld

Regelungsmechanismus von Sozialquoten

Ab bestimmtem Schwellenwert (bestimmte Anzahl Wohneinheiten oder bestimmter Wohnfläche) ist im Neubau stadtweit ein bestimmter Anteil von preisgünstigen Wohnungen zu schaffen (i.d.R. entsprechend dem jeweils gültigen Landeswohnraumförderprogramms)
Sicherung über städtebauliche Verträge und/oder Grundbucheintrag

Anwendungsbereich von Sozialquoten

Wohnungsneubau
Ab Schwellenwert
Im Geschosswohnungsbau
Beim Verkauf städtischer Grundstücke oder Schaffung neuen Planungsrechts auf privaten Flächen (Aufstellung eines Bebauungsplans)

Keine Anwendung der Sozialquoten

Unterhalb des Schwellenwerts
Neubau von Ein- und Zweifamilienhausgebieten
Bei bestehendem Planungsrecht auf privaten Flächen (rechtskräftiger Bebauungsplan)
Bei Anspruch auf Baurecht nach § 34 Baugesetzbuch (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile)

Kompensationsmöglichkeiten

Ersatzmaßnahmen in bestimmtem Radius möglich (1.000m / 3.000m) falls triftige Gründe gegen Anwendung der Sozialquote im jeweiligen Vorhaben sprechen, z.B. in sozial einseitig belasteten Gebieten

Sozialquote im Wohnungsbau in Mannheim

Gemeinderatsentscheidung am 27.06.2017 über 12-Punkte-Programm ist Grundsatzentscheidung über Einführung u.a. einer Sozialquote im Wohnungsbau
Inhaltliche Ausarbeitung der Sozialquote erfolgt im Anschluss, u.a. zu konkretisieren:
– Schwellenwerte
– Kompensationsmöglichkeiten