Elmstein / Neustadt an der Weinstraße – Ein Plakatanschlagunternehmen aus Hessen hat einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Werbeanlage im näheren Umkreis des Friedhofs in Elmstein. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße nach Durchführung einer Ortsbesichtigung in einem Urteil vom 21. Juni 2017 entschieden.
Das mit einem Versorgungsgebäude der Telekom AG bebaute Grundstück, auf dem die Werbeanlage errichtet werden soll, liegt im unbeplanten Innenbereich von Elmstein, einer Ortsgemeinde im Landkreis Bad Dürkheim. Das Grundstück liegt sowohl an der Hauptstraße als auch an der Friedhofstraße. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite der Friedhofstraße befindet sich etwa 20 m vom Versorgungsgebäude der Telekom AG entfernt der Haupteingang zum Friedhof. Neben Gräbern befinden sich darauf eine Friedhofshalle und ein Ehrenmal. Vor dem Friedhof steht ein neugotisches Friedhofskreuz aus dem Jahre 1896, das ebenso wie das Ehrenmal in der Denkmaltopographie des Landkreises Bad Dürkheim als Kulturdenkmal eingetragen ist. In dem betreffenden Bereich befinden sich ansonsten Wohngebäude und gewerbliche Betriebe.
Die Klägerin stellte im Juni 2016 einen Antrag auf Genehmigung einer unbeleuchteten Plakatanschlagtafel im Euroformat (ca. 3,8 m x 2,8 m) auf dem genannten Grundstück, dessen Eigentümer mit der Errichtung der Werbetafel einverstanden ist. Die Werbeanlage soll unmittelbar an der Wand des Versorgungsgebäudes angebracht werden, so dass sie insbesondere von den aus Osten kommenden Kraftfahrzeugführern wahrgenommen werden kann.
Der Beklagte beteiligte die Ortsgemeinde Elmstein an dem Baugenehmigungsverfahren, die ihr Einvernehmen zu dem Bauvorhaben versagte. Im März 2017 lehnte der Landkreis den Bauantrag der Klägerin ab. Gegen die von der Klägerin erhobene Klage wandten sowohl Kreis als auch Gemeinde ein, der geplante Standort der Werbeanlage befinde sich wegen der Nähe zum Friedhof in einem sensiblen Bereich. Die Besucher des Friedhofs würden durch den Anblick der Werbetafel in ihrem Pietätsempfinden gestört. Ferner befänden sich vor und auf dem Friedhof zwei Kulturdenkmäler.
Die 4. Kammer des Gerichts hat der Klage nach Durchführung eines Ortstermins stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:
Das Bauvorhaben sei planungsrechtlich zulässig. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche nach den bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Erkenntnissen einem faktischen Mischgebiet, denn dort stünden Wohnen und Gewerbe in einem Mischverhältnis. Eine Werbeanlage, die – wie hier – Fremdwerbung zum Gegenstand habe, stelle bauplanungsrechtlich eine eigenständige Hauptnutzung in Form einer zulässigen nicht störenden gewerblichen Nutzung dar. Es sei nicht erkennbar, dass die Errichtung der nicht beleuchteten Werbeanlage unzulässige bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründen würde. Bei der Werbetafel handele es sich im Übrigen um einen im innerstädtischen Bereich typischen Anblick, so dass auch eine Ortsbeeinträchtigung nicht zu befürchten sei.
Die Werbeanlage sei auch nicht deshalb rücksichtslos, weil sie in räumlicher Nähe zum örtlichen Friedhof errichtet werden solle. Zwar gehöre zur Ermöglichung einer ordnungsgemäßen und ihrer Bestimmung entsprechenden Nutzung eines Friedhofs auch die gesellschaftlich anerkannte würdevolle Ausübung des Totengedenkens. Der Schutz des Totengedenkens fordere daher Rücksichtnahme durch die Nachbarschaft. Soweit die beigeladene Ortsgemeinde befürchte, der Schutz des Totengedenkens und des Pietätsgefühls der Hinterbliebenen sei infolge der Errichtung der Werbetafel an der besagten Stelle in Gefahr, könne dem nicht gefolgt werden. Die Friedhofsbesucher seien, wie die Ortsbesichtigung gezeigt habe, während ihres Aufenthalts auf dem Friedhof der Werbeanlage der Klägerin gerade nicht unmittelbar ausgesetzt. Auf dem gesamten Friedhofsgelände sei die Werbeanlage nicht wahrnehmbar. Dass die Friedhofsbesucher auf dem Weg zum Friedhof an der Werbeanlage vorbeikämen, stelle keine Beeinträchtigung von einigem Gewicht dar, die es rechtfertigen könnte, von einer besonderen Rücksichtslosigkeit auszugehen.
Die Werbeanlage verstoße auch weder gegen das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot noch liege eine relevante Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Hinblick auf das Ehrenmal auf dem Friedhof und das neugotische Friedhofskreuz vor dem Friedhof vor.
Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz beantragt werden.
Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 21. Juni 2017 – 4 K 271/17.NW –