Buchen / Mosbach – Wenn man alte Stadt- und Ortsansichten studiert, wird einem schnell klar, wie sich die Städte und Gemeinden im Kreis verändern. Verkehrswege verlaufen anders, wo früher ein Graben war, ist heute nichts mehr davon zu sehen und viele Häuser gibt es nicht mehr, dafür stehen jetzt neue Gebäude an dieser Stelle. Hier den Überblick zu behalten, das ist die Aufgabe von Vermessern, im Neckar-Odenwald-Kreis ganz konkret des Fachdienstes Vermessung des Landratsamtes.
„Wir sind Sammler von Geodaten oder noch genauer von Geobasisdaten, deshalb sind es auch Neubauten, die uns brennend interessieren und die wir nach unserem hoheitlichen Auftrag einmessen“, sagt Thomas Wittlinger, Leiter des Fachdienstes. Wobei Sammeln die komplexe Arbeit der Vermessungsingenieure und -techniker nur unzureichend beschreibt. Denn sie müssen nach einem genau festgelegten Katalog alles einmessen, was auf der Erdoberfläche neu entstanden ist oder geändert wurde. Das galt im Grundsatz schon 1852 bei Beginn der badischen Katastervermessung. Festgehalten wird dies in einem öffentlichen Liegenschaftskataster. In Verbindung mit dem Grundbuch gewährleisten diese beiden öffentlichen Bücher das besondere Eigentum an Grund und Boden.
Deshalb sind es im privaten Bereich auch in erster Line Besitzer von neu errichten Eigenheimen, die Kontakt mit den Vermessern haben. Grundsätzlich ist jeder Eigentümer nach Abschluss des Bauvorhabens verpflichtet, die Vermessung beim Landratsamt oder einem Öffentlichen Bestellten Vermessungsingenieur in Auftrag zu geben. Da es viele damit aber nicht eilig haben, kann es durchaus passieren, dass die Vermesser selbst aktiv werden. Und die Erfahrung zeigt, so Wittlinger, dass spätestens wenn dem Eigentümer der Gebührenbescheid für eine Vermessung ins Haus flattert, die er womöglich noch nicht einmal in Auftrag gegeben hat, die Kolleginnen und Kollegen auf viel Unverständnis treffen. „Doch dabei sollte es eben gerade im Interesse eines Eigentümers sein, dass sein Gebäude richtig im Liegenschaftskataster dargestellt ist und es so bei allen weiteren privaten oder öffentlichen Planungen berücksichtigt werden kann“, sagt Wittlinger. Ebenso wichtig sei die genaue Kenntnis der Grundstücksgrenzen. Jede von einem geschlossenen Grenzzug umgebene Fläche, die Vermesser sagen dazu Flurstück, ist im Liegenschaftskataster ortsteilweise mit eigener Nummer und Lagebezeichnung enthalten. Für jeden Knick an einer Grenze liegen Koordinaten vor und damit kann man sämtliche Flächen berechnen. Und noch eine Vielzahl weiterer Angaben wird im Kataster für jedes der über 270.000 Flurstücke und circa 116.000 Gebäude des Kreises gespeichert.
Wenn ein Gebäude aufzumessen ist, kündigen sich die Vermesser meist einige Zeit vorher an. Die Arbeit vor Ort dauert dann, je nach Gebäude, rund eine Stunde. „Natürlich vermessen wir nicht jede Gartenhütte, sondern nur Gebäude ab einer Wertgrenze von rund 5.000 Euro“. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Garagen, und dazu zählen auch Carports, werden immer eingemessen.
Die Höhe der Gebühren liegt für ein normales Wohnhaus mit Garage bei 600 Euro. Wenn dies hinterfragt wird, erklärt Wittlinger, dass die für Eigentümer sichtbare Vermessung vor Ort mit modernen Satellitenmessmethoden heute tatsächlich schnell erledigt ist, aber die Verarbeitung und dauerhafte, für Generationen nachvollziehbare Speicherung stelle einen nicht unerheblichen Aufwand dar.
Wichtig ist Wittlinger und allen Vermessern daher, über ihre Arbeit zu informieren. Eine gute Gelegenheit hierzu bietet die landesweite Aktionswoche der Geodäsie, die vom 14. bis 21. Juli auch im Kreis stattfindet. Zu einer Auftaktveranstaltung sind Interessierte am Samstag, den 15. Juli 2017 von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr in die Marktstraße in Buchen herzlich eingeladen. Die Aufgaben, Methoden und Berufswege der Vermessungsleute sind dann Thema an einem Stand. Mehr Informationen zu der Aktionswoche und alle öffentlichen Veranstaltungen in der Region sind abrufbar unter www.aktionswoche-geodaesie-bw.de.