Neustadt an der Weinstraße – „Entscheidend ist, was wir hier vor Ort entwickeln“, sagt Günter Hoos, Leiter des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR) aus Mussbach, zur Frage, wie Neustadt ein attraktives Mittelzentrum bleiben kann.
Auf dem vierten „Willkomm-Forum Stadtentwicklung“ am vergangenen Dienstag Abend im Casimirianum war er sich mit Christoph Trinemeier, dem leitenden Direktor des Planungsverbandes Rhein-Neckar einig, dass Neustadt deutlich aktiver werden muss, um im Wettbewerb der Kommunen wieder nach vorne zu kommen. Eingeladen hatte der Neustadter Unternehmerverein Willkomm zur Diskussion der Situation Neustadts in der Planung des Landes Rheinland-Pfalz. Dort wird Neustadt als mit Hassloch kooperierendes Mittelzentrum gesehen. Dieter Gust, Sprecher des Arbeitskreises „Stadtentwicklung“ in der Willkomm und Organisator des Abends, wollte sich damit nicht zufrieden geben, es müsse Ziel der Stadt Neustadt sein, wieder „monozentrales“ Mittelzentrum mit größerer Bedeutung in der Region zu werden. Um das Thema „Mittelzentrum“ in seiner Bedeutung zu diskutieren, hatte er verschiedene hochkarätige Referenten in das Neustadter Casimirianum gebeten. In einem einleitenden Vortrag stellte Matthias Furkert von der Universität Trier seine Forschungsergebnisse zur Situation und Entwicklung der Mittelzentren im Land vor. Seiner Bewertung nach liegt Neustadt in seiner Leistungsfähigkeit in der Daseinsvorsorge im Mittelfeld, allerdings deutlich hinter Mittelzentren vergleichbarer Größe zurück. Katrin Keller von der Marienhaus-Gruppe, der Trägerin des Hetzelstifts, und Hoos vom DLR berichteten aus ihren Institutionen zur Standortentscheidung für Neustadt. Aus dem Wirtschaftsministerium des Landes Rheinland-Pfalz war Andrea Lagemann gekommen, um über den aktuellen Stand der Planungen zur Einstufung der rheinland-pfälzischen Städte zu informieren.
In der Frage der Bedeutung der Einstufung einer Stadt als Mittelzentrum waren sich die Diskussionsteilnehmer nicht ganz einig. Während Trinemeier in dieser Einstufung eher einen Imagefaktor sah, wiesen Georg Krist, der die Gäste im Namen der Stadt begrüßte, Andreas Böhringer, Vorstandsmitglied der Willkomm, und Lagemann auf die mit der Einstufung verbundenen Mittelzuweisungen und Gestaltungsmöglichkeiten z.B. in der Ansiedlung von Handel und Dienstleistung hin.
Sehr deutlich wurde in der intensiven Diskussion der Gäste, auch mit den Zuhörern im Saal, dass es an Neustadt selbst liegt, ob die Stadt wieder zu mehr Bedeutung in der Region kommen kann. Die Tatsache, dass das DLR in Mussbach eine wichtige Rolle im Land einnehmen könne, beruhe auf der Initiative der Stadt bereits vor über hundert Jahren und der Arbeit der Wissenschaftler vor Ort, sagte Hoos. Auch Keller machte deutlich, dass Investitionsentscheidungen in einen Standort vom dort entwickelten Potential abhingen. Erfrischend konkret in der teilweise etwas abstrakten Diskussion wurde Verbandsdirektor Trinemeier. Die Rahmenbedingungen in Neustadt seien nicht schlechter als die anderer Städte, im Vergleich zu Landau oder Speyer fehle aber in Neustadt ein strategisches Gesamtkonzept. In der Stärkung der Innenstadt, der Konversion von Militärgelände und in der Gewerbe- und Freizeitentwicklung zeige Neustadt deutlich weniger Konsequenz und Handlungswillen.
„Neustadt hat das Potential, aber der Impuls muss von innen kommen“, so Trinemeier.
Neustadt müsse aktiv werden, um attraktiver und ein starkes Mittelzentrum zu bleiben, gleichzeitig müsse im Land politischer Einfluss ausgeübt werden, damit die Stadt in der Landesplanung nicht zu kurz komme, waren sich die anwesenden Kandidaten für die Landtagswahl Krist (FWG) und Giorgina Kazungu-Haaß (SPD) in ihrem Fazit des Abends einig.
Bild v.l..: Dr. Matthias Furkert (Universität Trier), Dr. Günter Hoos (Leiter DLR Mussbach), Andrea Lagemann (Wirtschaftsministerium RLP), Prof. Dieter Gust (Willkomm), Christoph Trinemeier (Leiter Planungsverband Rhein-Neckar). Nicht im Bild: Dr. Katrin Keller (Marienhaus-Gruppe), Dr. Karl Eggers (Willkomm-Berater und Moderation)