Karlsruhe. Im zweiten Halbjahr 2017 präsentiert das ZKM ein stringentes Programm zum rasanten technologischen und sozialen Wandel zu Beginn des digitalen 21. Jahrhunderts: Es zeigt neueste künstlerische und wissenschaftliche Entwicklungen, die das ZKM seit seiner Gründung 1989 in seiner Ausstellungs- und Produktionstätigkeit erforscht. Das ZKM ist ein Museum aller Medien und Gattungen, ein Ort des Handelns und des Gestaltens sowie ein Ort des Forschens und Lernens – für seine BesucherInnen, KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen.
Ausstellungen zur Digitalen Transformation
Während die GLOBALE DIGITALE (2015–2016) mit den Ausstellungen »Infosphäre« (2017), »GLOBAL CONTROL AND CENSORSHIP« (2015–2016) und »Exo-Evolution« (2015–2016) die infrastrukturellen und dystopischen Aspekte des digitalen Wandels in den Fokus gerückt hatte, thematisiert die Ausstellung »Hybrid Layers« (03.06.2017–07.01.2018), welche Einflüsse die Neuen Medien auf unsere Lebens- und Arbeitswelt haben.
Welchen Einfluss das Informationszeitalter auf unseren Wahrnehmungsraum ausübt, zeigt die Ausstellung »Datumsoria: The Return of the Real« (09.09.2017–18.03.2018), die das ZKM gemeinsam mit dem Chronus Art Center in Shanghai und dem Nam June Paik Art Center in Korea konzipiert. Das ZKM präsentiert Medienkunstwerke international renommierter Künstler wie George Legrady, Carsten Nicolai, Liu Xiaodong und Nam June Paik, die eine Wirklichkeit entstehen lassen, die auf binären Strukturen – Nullen und Einsen – fußt. Zeitgleich zu »Datumsoria: The Return of the Real« präsentiert das ZKM die Ausstellung »The Art of Immersion«: Die zylindrische 360-Grad-Projektionsumgebung, die das ZKM seit 2005 entwickelt und auch für stereoskopische Virtual-Reality-Applikationen genutzt werden kann, wird mit neun Arbeiten, unter anderem der Medienkünstler Jean-Michel Bruyère, Dennis Del Favero sowie Jeffrey Shaw bespielt.
»Open Codes« – Lernlabor und Lounge
Die digitale Lebenswirklichkeit, die von rasanten und radikalen Innovationen geprägt ist, wird das ZKM ab Herbst 2017 auch breitgefächert mit seinem neuen Ausstellungsformat »Open Codes. Leben in digitalen Welten« (20.10.2017–05.08.2018) untersuchen. »Open Codes. Leben in digitalen Welten«, eine Mischung aus Labor und Lounge, führt nicht nur in die Historie von Bits und Bytes ein, sondern auch – in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem FZI Forschungszentrum Informatik, dem Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung sowie der Akademie Schloss Solitude – in den aktuellen Stand der zeitgenössischen Digitaltechnologien.
Archivierungsarbeit im medialen Zeitalter
Um die Wirkmechanismen zu verstehen, die den digitalen Raum bedingen, lohnt oftmals der Blick zurück zu den Anfängen der Medienkunst: »Radical Software« (01.07.2017–28.01.2018) stellt eine Gruppe amerikanischer KünstlerInnen und Wissenschaftler vor, die in den 1970er-Jahren bereits erste Visionen einer vernetzten Welt formulierten. Wie essenziell die Zusammenarbeit von KünstlerInnen mit IngenieurInnen und WissenschaflerInnen im digitalen Zeitalter ist, führt die Ausstellung »Centerbeam« (24.05.2017–01.10.2017) eindrücklich vor Augen. Im ZKM ist 40 Jahre nach der Erst-Präsentation der Installation auf der documenta 6 in Kassel das multimediale Gesamtkunstwerk Centerbeam, das 1977 am Center for Advanced Studies (CAVS) des Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt wurde, wieder in restaurierter Fassung zu sehen.
Neben den Ausstellungen zur Digitalen Transformation zeigt das ZKM zudem im November »Resonanzen. 40 Jahre Kunststiftung Baden-Württemberg« (04.11.2017–18.02.2018) sowie »FEMINISTISCHE AVANTGARDE DER 1970ER-JAHRE aus der SAMMLUNG VERBUND, Wien« (18.11.2017–08.04.2018).
Digitale Projekte – Augmented Reality, QR-Codes, Digitale Timeline
Seit Januar 1999 und der ersten grundlegenden Museumsausstellung zu »net_condition {Kunst /Politik im Online-Universum;}« – die erstmals mit künstlerischem Blick das Bedingungsverhältnis von Gesellschaft und Technik untersuchte – und den daran anschließenden wegweisenden Ausstellungen »CTRL [Space]. Rhetorik der Überwachung« (2001–2002), »Die Algorithmische Revolution« (2004–2008) sowie »YOU_ser. Das Jahrhundert des Konsumenten« (2007–2009) verweist das ZKM beständig auf den tiefgreifenden Wandel von Kunst und Gesellschaft durch digitale Technologien. In einer Serie von eigenen technologischen Entwicklungen unter Nutzung von QR-Codes sowie anderen Muster- und Sensortechniken hat das ZKM dem Ausstellungspublikum eine neue Form des Erlebens angeboten – sei es in Form von neuen Klangerfahrungen im Rahmen der Ausstellung »Sound Art« (2012–2013) oder in Form von inszenierten Geschichten, die die Realität überlagern (Augmented Reality), im Stadtraum mittels der App »Maptory« (2015–2016). Bereits 2009 hat das ZKM in seiner Ausstellung »Imagining Media@ZKM« (2009–2011) alle Inhalte lückenlos und weiterführende Informationen (Text, Bild, Video, Sound) zu den KünstlerInnen und ihren Werken für mobile Endgeräte zur Verfügung gestellt. Der Zugang erfolgte damals bereits über QR-Codes.
Für die Ausstellung »Kunst in Europa 1945–1968«, die das ZKM mit europäischen Partnern in Brüssel (Palais des Beaux-Arts de Bruxelles, 2016) und Moskau (Staatliches Museum für Bildende Künste Puschkin Moskau, 2017) organisiert hat, hat das ZKM eine digitale Timeline konzipiert, die als App und responsive Website die dokumentarische Zeitleiste im Museumsraum ergänzt. Die App wird als didaktisches Tool auch im Geschichtsunterricht Anwendung finden. Diese Optionen der Partizipation und Interaktion des Publikums entwickelt das ZKM seit seiner Gründung und macht es zum ersten performativen Museum weltweit.