Darmstadt – Die Preisüberwachungsstelle des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt hat im vergangenen Jahr 132 öffentliche Aufträge und 55 Zuwendungen in Höhe von insgesamt 214 Millionen Euro geprüft. Dies bedeutet einen Anstieg von 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einen Spitzenwert im 10-Jahres-Vergleich. Die Behörde mit Sitz in Darmstadt ist damit eine der größten Preisüberwachungsstellen in Deutschland.
Insbesondere bei Aufträgen im Verteidigungsbereich (54,3 Mio. 2016 gegenüber 27,3 Mio. 2015) und bei den Prüfungen von Zuwendungen für Forschungsprojekte, die an Unternehmen im Regierungsbezirk vergeben wurden (129,2 Mio. nach 95,8 Mio.), gab es erheblichen Steigerungen. Aber nicht nur das Prüfvolumen erreichte einen Spitzenwert: Die sich aus den Prüfungsbeanstandungen ergebenden Rückzahlungsansprüche der öffentlichen Auftrags- und Zuwendungsgeber liegen mit 3,14 Mio. Euro ebenfalls deutlich über dem Vorjahresergebnis (2015: 1,9 Mio. Euro).
Während bei den Zuwendungen in 16 Fällen Beanstandungen zur Nichtanerkennung von Fördermitteln in Höhe von 800.000 Euro führten, kam es bei den öffentlichen Aufträgen zu 41 Rechnungskürzungen von insgesamt 2,34 Mio. Euro. Neben der Rückforderung des zu viel gezahlten Betrags durch den Auftraggeber können Verstöße gegen das öffentliche Preisrecht nach den Bestimmungen des Wirtschaftsstrafgesetzes mit Geldbußen von bis zu 25.000 Euro geahndet werden.
Nicht von der Statistik erfasst werden die Ergebnisse der umfangreichen Grundsatzprüfungen, bei denen die RP-Preisüberwachungsstelle das gesamte Rechnungswesen der Unternehmen prüft. Hierdurch kommt es bei den Prüfungen von Einzelaufträgen dieser Firmen zu geringeren Abweichungen. Ebenso nicht erfasst wird die Wirkung, die die Möglichkeit einer späteren Preisprüfung durch die Landesbehörde auf die Kalkulationsmoral der Unternehmen hat.
Über die vergangenen zehn Jahre führten die RP-Preisprüfer pro Jahr im Schnitt 165 Preis- und Kostenprüfungen im Volumen von 120 Mio. Euro bei Unternehmen in Südhessen durch. In 28 Prozent der Fälle kam es hierbei zu Beanstandungen, welche zu durchschnittlichen jährlichen Rückforderungen von gut 1,8 Mio. Euro führten.
„Unsere Jahresstatistik zeigt, dass die meisten Unternehmen erfreulicherweise auch unter eingeschränkten Wettbewerbsbedingungen faire Preise kalkulieren“, so Regierungsvizepräsident Dr. Alexander Böhmer. Die Kontrollen des RP Darmstadt seien jedoch wichtig, um dieses hohe Niveau aufrecht zu erhalten und schwarze Schafe abzuschrecken.
Hintergrund: Das RP und das öffentliche Preisrecht
Die Preisüberwachungsstelle des Regierungspräsidiums (RP) Darmstadt kümmert sich um zulässige Preise bei öffentlichen Aufträgen und prüft Zuwendungen für Forschungsvorhaben auf ihre angemessene Verwendung.
Bei öffentlichen Aufträgen ist der Wettbewerb oft eingeschränkt, da es sich um spezielle Güter und Dienstleistungen handelt, die nur von einem oder wenigen Auftraggebern nachgefragt und von einem oder wenigen Unternehmen angeboten werden. Deshalb unterliegen die Aufträge des Bundes, der Länder und der Kommunen als öffentliche Auftraggeber – mit Ausnahme von Bauaufträgen – besonderen Preisvorschriften, um einseitigen Marktmachtmissbrauch zu verhindern und für ein angemessenes Verhältnis zwischen Preis und Leistung zu sorgen.
Die Preisprüfer vom RP nehmen ihre Aufgabe als neutrale Gutachter zwischen öffentlichem Auftraggeber und Auftragnehmer wahr. Sie tragen somit zum einen dazu bei, dass Steuergelder möglichst sparsam und wirtschaftlich verwendet werden, indem sie die Auftraggeber vor überhöhten Preisforderungen schützen, zum anderen verhelfen sie aber auch den Auftragnehmern dazu, auskömmliche Preise für ihre Leistungen zu erzielen.
Die RP-Preisprüfer stellen durch Einsichtnahme in die betrieblichen Unterlagen der Auftragnehmer fest, ob das öffentliche Preisrecht beachtet worden ist. Verstöße gegen die Preisvorschriften führen zur Nichtigkeit der Preisvereinbarung, an deren Stelle der preisrechtlich höchstzulässige Preis tritt. Wenn sich herausstellt, dass für eine vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragte Leistung kein Markt existiert, darf das Unternehmen diese Leistung nur zu den tatsächlich für die Leistungserbringung entstandenen Selbstkosten – zuzüglich eines angemessenen Gewinnzuschlags – berechnen.
Daneben werden die Preisprüfer des RP Darmstadt auch in Amtshilfe für verschiedene Bundesministerien tätig, um Zuwendungen, mit denen Grundlagenforschungsvorhaben in verschiedensten Bereichen gefördert werden, zu prüfen. Die Zuwendungsempfänger müssen hierbei die tatsächlich durch die Fördervorhaben verursachten Kosten sowie die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel des Bundes nachweisen.
2018 wird die Jahrestagung der süddeutschen Preisbildungs- und Preisüberwachungsstellen beim RP in Darmstadt stattfinden – einer der größten ihrer Art in Deutschland. Ansprechpartner bei Fragen und mehr Informationen zum Thema gibt es auf der RP-Website (rp-darmstadt.hessen.de) unter dem Stichwort „Preisüberwachung“.