Wiesbaden – Am Dienstag, 13. Oktober 2015, sind die Flüchtlinge aus der Sport- und Kulturhalle Breckenheim in das dafür von GWW und SEG hergerichtete Simeonhaus im Kohlheck umgezogen. „Damit liegen wir voll im Zeitplan“, so Oberbürgermeister Sven Gerich. „Wir gehen davon aus, dass wir Ende Oktober keine Turnhallen mehr als Notunterkünfte nutzen müssen, sodass der Vereins- und Schulsport in Breckenheim, Nordenstadt und Auringen wieder stattfinden kann.“ Die Sporthalle Naurod wird bereits seit dem 5. Oktober wieder normal genutzt.
Das Gebäude C des Simeonhauses war als erstes bezugsfertig, deshalb sind dort nun die 235 Flüchtlinge aus Breckenheim untergebracht, die gemeinsam vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Wiesbaden und Malteser Hilfsdienst (MHD) betreut werden. „Wir haben den Umzug Hand in Hand und mit Unterstützung der Berufsfeuerwehr Wiesbaden gestemmt und sind froh, dass unsere Kräfte nun nicht mehr in der Sporthalle improvisieren müssen“, erklären Manfred Stein, Geschäftsführer DRK Wiesbaden, und Karolina Kasprzyk, Pressesprecherin Malteser Hilfsdienst e.V.. „Wir danken den Menschen aus Breckenheim, die uns und die Flüchtlinge in den vergangenen vier Wochen auf vorbildliche Weise willkommen geheißen und unterstützt haben. Es waren beeindruckende Begegnungen, die wir so schnell nicht vergessen werden.“
„In der nächsten Woche ist Nordenstadt mit dem Umzug dran“, so Björn Hörnle, Regionalvorstand Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) Wiesbaden, die seit genau einem Monat die Notunterkunft Taunushalle mit ihren ehren- und hauptamtlichen Kräften betreut. Die Halle in Nordenstadt wird als letzte geräumt, da sie zum Beispiel aufgrund der Raumaufteilung deutlich besser als Notunterkunft geeignet ist als die Hallen in Naurod und Breckenheim. Dennoch wird der Umzug laut Hörnle nicht nur für die Flüchtlinge, sondern auch für die Helferinnen und Helfer eine deutliche Erleichterung: „Für die Bewohner, weil sie nicht mehr zu Hunderten dicht an dicht auf Feldbetten schlafen müssen, und für die Helfer, weil es im Simeonhaus nochmal ganz andere Betreuungsmöglichkeiten gibt als in einer Sporthalle. Außerdem sind wir dann mit JUH, DRK und MHD quasi unter einem Dach und können uns gegenseitig unterstützen, wenn mal etwas nicht so läuft wie geplant.“ Trotzdem werde er Nordenstadt ein wenig vermissen. „Viele Anwohner haben ihre Hilfe angeboten und sich innerhalb der Einrichtung engagiert, das war wirklich eine tolle Erfahrung. Dafür sagen wir schon mal ein herzliches Dankeschön an die Nordenstadter.“
Derzeit ist die JUH neben dem Betrieb der Halle in Nordenstadt vor allem mit der Umzugsplanung beschäftigt. „Bei der Organisation der Zimmerverteilung profitieren wir von den Erfahrungen der vergangenen Wochen. Außerdem organisieren wir in den nächsten Tagen gemeinsam mit dem DRK die medizinische Versorgung, sowohl was die Räume als auch was die Prozesse betrifft“, erklärt Hörnle. Sein Kollege Rafael Skrzipietz vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Regionalverband Westhessen, hat den Umzug bereits hinter sich und gute Erfahrungen gemacht: Die Notunterkunft in der Halle Naurod, die ebenfalls vom ASB betreut wurde, ist vor zwei Wochen in die bis dato leerstehende August-Hermann-Francke-Schule ins Rheingauviertel umgezogen. „Klar, man muss sich erstmal neu organisieren, aber mittlerweile haben wir einen routinierten Tagesablauf und die Atmosphäre ist sehr viel familiärer und entspannter als noch in der Sporthalle“, meint Skrzipietz. Er leitet die Notunterkunft in der Schule und findet, dass sich vor allem die Unterbringung in kleineren Räumen sowie Rückzugs- und Betätigungsmöglichkeiten sehr positiv auf Bewohner und Hilfskräfte auswirken.
„Dass die Unterbringung in Sporthallen keine Dauerlösung sein kann, war von Anfang an klar“, so Gerich. „Nachdem wir jedes denkbare städtische Gebäude auf seine Eignung hin geprüft haben, fiel die Entscheidung auf die Schule und das Simeonhaus, da beide der Stadt gehören, leer standen und mit dem geringsten Aufwand entsprechend instandgesetzt werden konnten. Dass das so schnell überhaupt möglich war, verdanken wir den städtischen Gesellschaften GWW und SEG, die gemeinsam mit der Wiesbadener Feuerwehr unter Hochdruck daran gearbeitet haben. Stefan Storz, Geschäftsführer der GWW, und Roland Stöcklin, Geschäftsführer der SEG, haben bewegte Wochen hinter sich: „Das Simeonhaus beispielsweise musste sehr kurzfristig wieder technisch instandgesetzt werden. Da die Gebäude bereits von allen Heizungs- und Wasseranschlüssen getrennt waren, war der Installationsaufwand hoch, und auch der vorbeugende Brandschutz war ein großes Thema. Es ist ein sehr ambitioniertes Projekt, das tatsächlich nur durch die Unterstützung der beteiligten Wiesbadener Unternehmen und Dienstleister gelingen konnte. Da es schnell gehen musste, müssen wir mit einigen Abstrichen leben.“
So konnte laut Stöcklin etwa die bereits vom Netz genommene Heizungsanlage nicht mehr angeschlossen werden, deshalb werden mobile Heizungen eingesetzt. „Außerdem waren die Wasserleitungen stillgelegt, sodass es auch nicht ganz einfach war, in so kurzer Zeit die Trinkwasserqualität zu gewährleisten, ohne die so ein Haus nicht in Betrieb gehen kann. Deshalb gibt es dort jetzt dezentrale Toiletten, Sammelwaschräume und -duschen“, erklärt er. Darüber hinaus habe man in der Kürze der Zeit aufgrund der landesweit großen Nachfrage nicht genug Stockbetten auftreiben können, sie würden erst in den kommenden Tagen geliefert, sodass die Flüchtlinge zunächst auf Matratzen auf dem Boden schlafen müssten. „Die Notunterkünfte haben nichts mit Luxus zu tun, wir reden hier von Grundversorgung: ein Bett, ein Dach über dem Kopf, Essen, Trinken und medizinische Betreuung. Aber die Unterbringung in Drei-, Vier-, Acht- und Zwölfbettzimmern ist immerhin deutlich besser als zu Hunderten in Turnhallen oder – wie andernorts – in Zeltstädten“, so Wiesbadens Oberbürgermeister. Wenn alle dafür vorgesehenen Gebäude des Simeonhauses entsprechend hergerichtet sind (etwa 250 Räume sollen nach Instandsetzung genutzt werden können), soll gemeinsam mit der August-Hermann-Francke-Schule der Bedarf an insgesamt bis zu 1000 Notunterkunftsbetten gedeckt werden können, die die Landeshauptstadt Wiesbaden im Auftrag des Landes Hessen bereitstellen muss.
Das Simeonhaus ist eine ehemalige Alteneinrichtung, die der GWW gehört. Die leer stehenden Gebäude sollen perspektivisch zur Unterkunft für Flüchtlinge genutzt werden, die Wiesbaden fest vom Land zugewiesen werden, also bereits einen Asylantrag gestellt haben. Da die entsprechenden Zuweisungszahlen nicht signifikant gesteigert werden, kann das Gebäude interimsmäßig als Notunterkunft genutzt werden. Auf lange Sicht sollen dort Wohnungen entstehen.
Hinweise zu Hilfsangeboten und Spenden:
Es gibt derzeit enorm viele Organisationen, die Helferinnen und Helfer suchen und diese unterschiedlich, teilweise sehr fachspezifisch, einsetzen. Auch von städtischer Seite gibt es mehrere Möglichkeiten, sich zu engagieren: für die Flüchtlinge in den Notunterkünften oder für die Asylbewerber, die Wiesbaden bereits zugewiesen sind.
Die Hilfsorganisationen haben die Aufgabe der Hilfs- und Spendenkoordination für die Notunterkünfte übernommen. Unter der Nummer 0611 4687105 oder der E-Mail-Adresse michaela.mader@drk-hessen.de werden vom DRK wochentäglich Ehrenamtliche sowie besondere Hilfsangebote erfasst und koordiniert, sodass die Hilfe direkt bei den von ASB, DRK, JUH und MHD betreuten Notunterkünften ankommt. Dolmetscher oder Ärzte, die sich einen ehrenamtlichen Einsatz in den Einrichtungen vorstellen können, sowie Menschen, die vor Ort mit anpacken möchten, können sich unter der genannten Nummer melden. Werden dann Helferinnen und Helfer gebraucht, werden sie kontaktiert.
Auch die Spendenannahme für die Notunterkünfte läuft mittlerweile über die Kleiderkammer des DRK in der Flachstraße 6, die von Öffnungszeiten und Lagermöglichkeiten her eine passende Infrastruktur und komfortable Betreuung gewährleistet (Spendenannahme rund um die Uhr) und die die Bedarfe in den von ASB, DRK, JUH und MHD betreuten Wiesbadener Notunterkünften abdeckt.
Für Menschen, die langfristig für Hilfe zur Verfügung stehen, wurde auf der städtischen Website unter dem Link http://www.wiesbaden.de/fluechtlinge bereits Mitte Juli 2015 ein Online-Formular eingerichtet, über das sie sich anmelden und nach Kategorien geordnet Hilfe anbieten können. Das Amt für Grundsicherung und Flüchtlinge der Stadt Wiesbaden sichtet die dort eingehenden Angebote und arbeitet sie nach und nach ab. Da enorm viele (deutlich mehr als 1000) Hilfsangebote eingehen und alle geprüft werden müssen – etwa auf Vollständigkeit, Seriosität und Bedarf, aber auch im Hinblick darauf, ob das Angebot zu einem bereits bestehenden Projekt passt – dauert es, bis die gemeldeten Helfer eine konkrete Rückmeldung zu ihrem Hilfsangebot erhalten. Dafür wird um Verständnis gebeten.