Bad Kreuznach – Die Beete rechts und links des kleinen Gehwegs von Parzelle Nr. 7 stehen in voller Blüte. Kürbisse ranken sich am Boden, ein dicker Muskat schlummert im grünen Geschlinge.
In der Nähe wächst seltener Schlangenkürbis, darunter ragen ein paar Petersilienkartoffeln aus der Erde. Ein Beet weiter strecken sich die wulstigen Blätter des Mangolds hervor. Seine roten Stiele und Blattadern ähneln denen des Rhabarbers.
Stephanie Nguyen hat diesen Garten im Kleingartenverein am Friedhof vor etwa sieben Jahren übernommen. Und seitdem probiert sie aus, was der Garten hergibt. Die 41jährige experimentiert mit außergewöhnlichen Sorten wie bunte Karotten und bunter Kohlrabi, auch der rotstielige Mangold ist ein ungewöhnlicher Gast im Beet.
„Man geht das ja so blauäugig an“,
erinnert sie sich an die ersten Jahre.
„Ich habe viel zu viel gepflanzt und mein Garten wucherte erst mal zu.“
In diesem Jahr hat sie sie sich im Internet informiert, welche Sorten zusammenpassen und sie untereinander vergesellschaftet. So sitzt der Pflücksalat jetzt neben den Zwiebeln, um die Nacktschnecken zu vertreiben –
„offenbar hilft das.“
Daneben probiert sie auch ganz Neues aus. In ihrem Garten wachsen sowohl Morning Glory, der asiatische Wasserspinat, als auch Collard Green, der amerikanische Futterkohl. Die Schwüle und die ergiebigen Regenfälle haben die Triebe sprießen lassen. Der dank seiner Stiele bissfeste, jedoch zartblättrige Wasserspinat (Rau Moung) gilt in der asiatischen Küche als Delikatesse. Stephanie Ngyuens Mann, ein Vietnamese, bereitet ihn mit etwas Knoblauch in der Pfanne zu. Collard Green, hierzulande gewöhnlicher Futterkohl, ist für einen amerikanischen Freund, der sich freut:
„In Amerika ist Collard Green eine Leibspeise, in Deutschland wird er an die Tiere verfüttert.“
Die Exoten im Garten bringen also auch Verständnis für andere Esskulturen. Sie steigern die Experimentierfreude, auch beim Essen. Und sie sparen Geld: Ein Kilo Schlangenkürbis, der sich im Garten rankt, kostet im Handel drei bis vier Euro, hat Stephanie Nguyen recherchiert.
Das Gemüse im Garten ist für den Eigenbedarf, so will es die Satzung. Stephanie Nguyen verschenkt es an die Familie und an Freunde. Und weil es – anders als im Ackerbau – weder gespritzt noch auf andere Art gegen Schädlinge behandelt wird, darf es wachsen, wie es will. Krumm und schief, „dann schmeckt es umso besser, man kann vielmehr essen, als man denkt“, wehrt sich die Hobbygärtnerin gegen den Optimierungswahn im Supermarktregal. Aber auch hier wird sie gartentechnisch fündig:
„An Halloween hole ich mir wieder lila Kartoffeln, dann werden diese eingelagert. Wenn sie Triebe haben, kommen sie ins Beet.“
Der Garten ist für sie ein vielseitiger Rückzugsort, hier kommt die Mutter von drei Kindern zur Ruhe. Und hier findet sie einen Ausgleich zur Hausarbeit. Demnächst wird sie das Wintergemüse, den Futterkohl, die rote Beete und schon bald den ersten Lauch ernten. Früh morgens, wenn es noch still ist, beginnt sie mit ihrer Arbeit:
„Das ist wie ein Workout, man bekommt ganz schön Muskelkater“,
sagt sie und lächelt.
„So ein Garten ist immer auch eine kleine Baustelle, man hat immer irgendein Projekt.“