Darmstadt-Dieburg – Im Februar 2015 stellte Landrat Klaus Peter Schellhaas dem Kreisparlament und der Öffentlichkeit das Positionspapier „Zukunft Gesundheit – Gemeinsam medizinische Versorgung und Pflege sichern im Landkreis Darmstadt-Dieburg“ vor. Inhalt des 70seitigen Planungspapiers: Die zukunftssichere Gestaltung der gesundheitlichen Basisversorgung im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Ein darauf basierender Maßnahmenkatalog wurde heute von Landrat Schellhaas, Pelin Meyer aus der Geschäftsführung der Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg und den Gesundheitsexperten der OptiMedis AG präsentiert. Diskussionen in den Gremien und dem Kreistag folgen in naher Zukunft.
Herausforderung Gesundheitsversorgung
„Haus- und Facharztmangel, Pflege im Alter, die Einbindung der stationären Krankenhäuser – wir stehen vor komplexen Aufgaben für unsere ländliche Gesundheitsversorgung“, fasst Landrat Klaus Peter Schellhaas Hintergrund und Ziel des präsentierten Konzepts zusammen. „Dabei braucht ein dynamischer und gleichzeitig ländlich geprägter Wachstumskreis wie Darmstadt-Dieburg besondere Lösungsstrategien..“ Seit Mitte 2016 arbeiteten lokale Experten und Mitarbeiter von OptiMedis in vier Teilprojekten an dem nun präsentierten Konzept. Sie definierten folgende, wichtige Herausforderungen und Handlungsfelder: „Sicherung der Grundversorgung“, „Geriatrische Versorgung“, „Versorgung psychisch Erkrankter“ und „Sektorübergreifende Kooperation“.
Lösungen miteinander verknüpft
Wichtigster Lösungsansatz: Erstmals werden diese Bereiche nicht isoliert betrachtet, sondern miteinander verknüpft. Im Ergebnis werden die bereits vorhandenen, guten Versorgungsstrukturen im Landkreis sowie die bereits gegründeten kreiseigenen Medizinischen Versorgungszentren, gebündelt und in Richtung einer fach-, berufs- und sektorübergreifenden Versorgung zum Nutzen der Patienten weiterentwickelt.
Innovativer Grundgedanke: Primärversorgungszentren
Die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Darmstadt-Dieburg in den kommenden Jahren ist uneinheitlich: einige Gemeinden wachsen, andere schrumpfen. Gleichwohl wird 2030 fast jeder vierte Einwohner im Landkreis älter als 65 Jahre sein. Die Folgen sind ein steigender medizinischer und pflegerischer Bedarf sowie die Zunahme altersbedingter und chronischer Erkrankungen. Neue Modelle der haus- und fachärztlichen Grundversorgung sind gefragt. Einer der innovativen Ansätze sind die Primärversorgungszentren (PVZ). PVZ sind nach dem Vorbild von MVZ gestaltet – mit einem wichtigen Unterschied: Sie bündeln nicht nur unterschiedliche ärztliche, sondern auch pflegerische und andere gesundheitliche Fachdisziplinen und Leistungsangebote, um die Patienten aus einer Hand zu versorgen. Dieser multiprofessionelle Versorgungsansatz macht insbesondere die Versorgung chronisch kranker und/oder älterer Patienten einfacher. Speziell junge Ärzte, die oft ein Angestelltenverhältnis der Selbstständigkeit vorziehen, profitieren vom Organisationsmodell der PVZ.
Geriatrische Versorgung
Die Zahl der Patienten mit typischen, altersbedingten Erkrankungen wird erheblich zunehmen. Ihre Versorgung ist mit erheblichem Leistungs- und Koordinationsaufwand verbunden. Ältere Menschen können von der effizienten Gestaltung eines geriatrischen Versorgungspfades im Zusammenspiel von Hausarztpraxen, geriatrischen Schwerpunktpraxen und Kreiskliniken profitieren. Dieser sieht einheitliche Instrumente und eine klare Aufgabenverteilung aller beteiligten medizinischen Experten vor.
Psychosoziale Clearingstelle
Bei psychischen Problemen oder Erkrankungen ist es wichtig, schnell den richtigen Ansprechpartner genannt zu bekommen. Ein weiterer Bestandteil des Konzepts ist die Entwicklung einer psychosozialen Clearingstelle, die Menschen mit psychischen Problemen zügig Zugang zu den richtigen Versorgungsangeboten ermöglichen soll. Sie lenkt Hilfesuchende niedrigschwellig mithilfe telefonischer und persönlicher Beratung in die richtige Versorgungsform. So sollen zukünftig Fehl- und Unterversorgungen dieser Patientengruppen vermieden werden.
Sektorübergreifende Kooperation
Schließlich soll im gesamten Landkreis eine bessere sektorübergreifende Kooperation zwischen haus- und fachärztlichen Praxen und den Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg dazu führen, dass Synergien entstehen, Reibungsverluste zwischen allen Beteiligten vermieden und damit gemeinsam junge Ärzte gewonnen werden. Denn „die Herausforderungen der Zukunft werden nur gemeinschaftlich ambulant-stationär zu lösen sein“, so der Landrat.
Versorgungskonzept 2025 / Regionaler Beirat
Diese vier Aufgabenfelder münden in das „Versorgungskonzept 2025“. Basis dieses integrierten Versorgungsmodells sind die stationären medizinischen Einrichtungen des Landkreises Darmstadt-Dieburg wie etwa die Kreiskliniken oder auch die MVZ, mit denen bereits verschiedene Arztsitze gesichert werden konnten. Ebenso zählen die bestehenden, guten ambulanten haus- und fachärztlichen Strukturen dazu. Nach Erörterung durch die fachlichen und politischen Gremien soll im nächsten Schritt die Umsetzung und Begleitung des Versorgungskonzepts erfolgen – koordiniert durch den Landkreis Darmstadt-Dieburg als Betreiber wichtiger Versorgungseinrichtungen und unter Beteiligung der relevanten Zielgruppen.
Hierzu sollen zwei Gremien gegründet werden: Ein regionaler Beirat, bestehend unter anderem aus den Vertretern der Gemeinden des Kreises und Experten der Region. Dieser soll lokale Versorgungslücken frühzeitig identifizieren und dagegen Strategien und Maßnahmen gemeinsam entwickeln. „Bei Problemen in der Gesundheitsversorgung wenden sich die Bürgerinnen und Bürger als erstes an ihre eigene Gemeinde. Mir ist es deswegen ein Anliegen, die Gemeindevertreter in die Gestaltung einzubinden“, erläutert Landrat Klaus Peter Schellhaas. Hinzu kommt ein Fachbeirat als Experten- und Beratungsgremium, bestehend unter anderem aus Vertretern des Kreistages und Gesundheitsdienstleistern aus der Region, der das Projekt fachlich begleiten und weiterentwickeln soll.