Bingen – „Bingen ist eine Stadt für mutige, engagierte Frauen und eine Stadt, die sich ihrer Geschichte stellt. Aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Erinnerung zu bewahren wichtiger denn je ist“, mit diesen Worten begrüßte Oberbürgermeister Thomas Feser die zahlreichen Gäste anlässlich der Gedenkstunde am Vorabend des 75. Todestages von Ida Dehmel-Coblenz. Eingeladen hatte der Arbeitskreis Jüdisches Bingen.
Brigitte Giesbert und Luise Lutterbach verstanden es im Anschluss ausgezeichnet, auf bewegende Art und Weise das Leben der 1870 in Bingen geborenen Ida aufzuzeigen – und, so Giesbert, „Ida im Dehmel-Saal in die Gegenwart zu holen.“
Ida war das vierte Kind des wohlhabenden Kaufmanns Kommerzienrat Simon Zacharias Coblenz und seiner Frau Emilie. Der Vater stammte aus Paris, die Familie der Mutter, eine geboren Meyer, zählte zu den alteingesessenen Binger Weingutsbesitzern. Ihr Elternhaus stand in der heutigen Basilikastraße/Ecke Kaufhausgasse. Die Kindheit war wohlbehütet, doch die Mutter starb bereits 1878 – und von da an hieß es, „war ihre Welt verwandelt“. Später kam sie in ein belgisches Mädchenpensionat und war dort, wie auch bereits während ihrer Binger Schulzeit, eine der jüngsten Schülerinnen. Ihre jüdische Religion war in der Familie nie von Belang. Während einer langen Krankheit und wieder zurück am Rhein-Nahe-Eck, bekam sie 1892 Kontakt mit Stefan George.
Auf Druck der Familie heiratete sie 25-jährig den Berliner Kaufmann Konsul Leopold Auerbach, im Dezember 1895 kam Sohn Heinz Lux auf die Welt. Doch die „Ehe war ein Alptraum“. Aber sie nutzte ihre gesellschaftliche Stellung und gründete ihren ersten literarischen Salon, wo sie den Dichter Richard Dehmel traf, sie trennte sich von Auerbach und heiratete 1901 Dehmel. Viele Reisen prägten das Leben des Paares, das sich dann 1912 in Hamburg-Blankenese nieder ließ. Während des Ersten Weltkriegs setzte sich Ida für das Frauenwahlrecht ein. Ihr Sohn fiel 1917, ihr Mann starb 1920 an den Folgen einer Kriegsverletzung. Von nun an war es Berufung das Werk Dehmels zu bewahren. 1926 gründete sie die GEDOK, die „Gemeinschaft Deutscher und Österreichischer Künstlerinnenvereine“, die noch heute existiert. Doch die Arbeit von Ida Dehmel-Coblenz wurde zunehmend vom aufkommenden Antisemitismus belastet, ab 1933 zogen sich viele Wegbegleiter von ihr zurück, andere emigrierten. Ihr Leben war geprägt von ständiger Angst, ihr gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich. So sah sie 1942 keinen Ausweg mehr und nahm sich am 29. September das Leben.
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkstunde von Nora Kunstler (Preisträgerin im Landeswettbewerb „Jugend musiziert 2017“) und Tamara Schmedro, die Werke von Schumann und Chopin spielten, die Ida Dehmel-Coblenz immer viel bedeuteten. Die passende Fotodokumentation hatte Klaus Leitsch zusammengestellt und eine Seidenmalerei von Ursula Zülch mit dem Porträt Idas schmückte den nach Ida Dehmel-Coblenz benannten Saal im Stefan-George Haus.