Mainz – Die Universitätsmedizin Mainz hat im Jahr 2016 so viele Patienten behandelt wie nie zuvor und damit die medizinischen Leistungen erneut gesteigert. So stieg die Zahl der stationären Patienten auf 68.090 – gegenüber 65.361 im Jahr 2015.
Allerdings wurde das Jahresergebnis insbesondere durch Sondereffekte im zweistelligen Millionenbereich, durch einen hohen Instandhaltungsaufwand sowie gestiegene Personalkosten außerordentlich belastet und liegt nun bei -26,1 Millionen Euro. Im Jahr 2015 betrug der Jahresfehlbetrag -6,2 Millionen Euro. Der Aufsichtsrat der Universitätsmedizin hat das Jahresergebnis in seiner Sitzung am 16. Oktober 2017 auf Grund des uneingeschränkten Testats des Wirtschaftsprüfers festgestellt.
„Wir waren im Jahr 2016 mit einer ganzen Reihe von Herausforderungen konfrontiert, die sich negativ in unserem Jahresergebnis niedergeschlagen haben“,
schildert der Vorstandsvorsitzende und Medizinische Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer.
„Dazu gehören einerseits Herausforderungen, die allen Uniklinika gemeinsam sind, andererseits solche, die spezifisch für den Standort Mainz sind. So sind wir beispielsweise in Bezug auf unsere über das Gelände verteilten Notaufnahmen strukturell noch nicht gut aufgestellt. Dies adressieren wir mit hoher Priorität in unserem Bau-Masterplan in Form eines neuen Zentralgebäudes. Aber auch kurz- bis mittelfristig haben wir Überlegungen zur Verbesserung der Situation – insbesondere in Bezug auf unsere internistische Notaufnahme.“
Als Beispiele für Uniklinik-spezifische Herausforderungen nannte Prof. Pfeiffer hohe Vorhaltekosten im Bereich der Rund-um-die-Uhr-Versorgung, etwa im Rahmen des Traumazentrums, oder die Extremkostenfälle. Der Anteil dieser besonders aufwendigen und teuren Behandlungen sei im Vergleich zu anderen Krankenhäusern an der Universitätsmedizin überproportional hoch. Bei einem einzelnen Patienten könne es zu einer geschätzten Unterdeckung von bis zu 100.000 Euro kommen – insgesamt sei von einer Finanzierungslücke im siebenstelligen Bereich auszugehen.
Dr. Elke Frank, Kaufmännischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, ergänzt:
„Die finanzielle Lage der Krankenhäuser allgemein und der Universitätskliniken im Besondern bleibt angespannt. Unser Ergebnis 2016 wird durch Sondereffekte außerordentlich belastet. Dennoch können wir damit insgesamt betrachtet nicht zufrieden sein. Aber wir machen unsere Hausaufgaben und werden das Defizit Stück für Stück abarbeiten. Wir bringen gerade zahlreiche Maßnahmen auf den Weg, um unsere Erlöse weiter zu steigern und die Kosteneffizienz zu erhöhen.“
Dazu trage auch bei, dass ein Investitionspaket durch das Land finanziert werde.
„Hierüber sind wir sehr froh, da uns diese Investitionen dabei helfen werden, wirtschaftlicher zu arbeiten.“
Zudem verfolge man eine schrittweise Politik, um das Ergebnis über mehrere Jahre nach und nach zu verbessern. Denn, so Frank:
„Wir haben nicht die eine große Stellschraube, an der wir drehen können.“
„Die Landesregierung hat sich im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, die Universitätsmedizin mit gezielten Investitionen in ihrem Strategieprozess zu unterstützen“,
unterstreicht Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf.
„Das hat auch der Wissenschaftsrat in seiner sehr positiven Stellungnahme empfohlen. Mit der Finanzierung des Investitionspakets löst das Land sein Versprechen jetzt ein.“
Der Aufsichtsratsvorsitzende Prof. Dr. Salvatore Barbaro betonte, dass die Universitätsmedizin als Einrichtung der Maximalversorgung viele Funktionen eines Stadtkrankenhauses übernehme, jedoch mit dem Aufwand und den hohen Vorhaltungen eines Maximalversorgers im Rücken. Die hierdurch entstehenden Kosten würden aus der Krankenversorgung nicht gedeckt. Für dieses Defizit im Bereich der Krankenversorgung könne das Land nicht aufkommen. Insofern seien für strukturelle Verbesserungen gesundheitspolitische Weichenstellungen notwendig, die nur in Berlin geleistet werden können. Gleichwohl gebe es eine Reihe von Maßnahmen, die vor Ort zu ergreifen seien. Diese würden derzeit konzentriert angegangen.
Eckdaten 2016
Die Erlöse aus Krankenhausleistungen lagen 2016 bei rund 390 Millionen Euro – gegenüber 2015 mit 374 Millionen Euro ist dies eine Steigerung um 4,3 Prozent. Damit wurde auch die geplante Leistung deutlich übertroffen. Der Case-Mix-Index, ein Maß für den Schweregrad der erfolgten Behandlungen, blieb mit 1,46 nahezu unverändert (2015: 1,47).
In den Hochschulambulanzen der Universitätsmedizin Mainz wurden im vergangenen Jahr 94.311 Patienten versorgt – gegenüber rund 88.727 im Jahr 2015. Nach wie vor waren davon nur 83.000 Fälle durch die gesetzlichen Krankenkassen finanziert.
Der Zuspruch durch ambulante Patienten mit besonders schweren und komplexen sowie seltenen Erkrankungen war auch im vergangenen Jahr an der Universitätsmedizin Mainz weiter steigend. Demzufolge stieg die Abrechnung verschiedener hochspezialisierter Leistungen oder seltener Erkrankungen nach Leistungstarifen gemäß §116b SGB V erneut – von 25.640 ambulanten Fällen in 2015 auf 27.460 Fälle in 2016.
Wie im Jahr zuvor wurde auch in 2016 Personal eingestellt – denn mehr Leistung bedingt mehr Personal. So waren im vergangenen Jahr im Durchschnitt 82 Vollkräfte mehr beschäftigt – vornehmlich im patientennahen Bereich – als in 2015 (5.648 Vollkräfte in 2016 gegenüber 5.566 Vollkräften in 2015). Die Zahl der Mitarbeiter lag damit in 2016 bei 7.801 und in 2015 bei 7.674 – jeweils im Jahresdurchschnitt.
Zur Finanzierung von Forschungsprojekten konnte die Universitätsmedizin Mainz im Jahr 2016 erfolgreich Drittmittel in Höhe von etwa 45,8 Millionen Euro einwerben. Damit ist im langjährigen Verlauf erstmals ein Rückgang von 4,8 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr 2015 zu verzeichnen.
Zusammensetzung des Jahresergebnisses 2016
Zunächst einmal ist das Jahresergebnis 2016 durch Sondereffekte im mittleren zweistelligen Millionenbereich maßgeblich belastet.
Knapp fünf Millionen davon entfallen auf den Drittmittelbereich. Im Rahmen einer Schwerpunktprüfung wurden langjährige Forderungen und Verbindlichkeiten korrigiert, was zu einem negativen bilanziellen Beitrag von rund fünf Millionen Euro führt.
Des Weiteren wurden Rückstellungen in Höhe von acht Millionen Euro als notwendig erachtet, die eine jahrzehntelange medizinische Kooperation betreffen. Die zugrunde liegenden Verträge wurden über die Jahre ständig aktualisiert und an sich ändernde gesundheitspolitische Rahmenbedingungen und Abrechnungssystematiken angepasst, etwa bei Einführung des DRG-Fallpauschalensystems. Aktuell gibt es mit einigen Kostenträgern unterschiedliche Ansichten über die Vergütungsgrundlage verbunden mit Rückforderungen, weshalb o.g. Rückstellung gebildet wurde.
Auch bei den Instandhaltungen ergaben sich unvorhersehbare Mehrausgaben in Höhe von 1,7 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Darüber hinaus waren gestiegene Personalkosten für mehr Personal und Tarifsteigerungen sowie gestiegene Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Bezug neuer Gebäude – etwa zusätzlich anfallenden Reinigungskosten – zu verzeichnen.
Neben diesen jahresspezifischen Faktoren gibt es generelle Tatbestände, die in jedem Jahr das Ergebnis von vorneherein negativ beeinflussen. Hierzu gehören systembedingte Defizite in der Notfallversorgung und in den Hochschulambulanzen oder auch Zinsen für laufende Betriebsmittelkredite. So war alleine die internistische Notaufnahme im letzten Jahr mit 3,4 Millionen Euro defizitär. Im Bereich der Hochschulambulanzen schlugen bei der aktuellen Vergütung von 102 Euro pro Fall alleine die nicht finanzierten Fälle (94.311 – 83.000 = 11.311) mit gut einer Million Minus zu Buche. Darüber hinaus sind die tatsächlich anfallenden Kosten für einen Fall weit höher einzuschätzen, so dass alleine in diesem Bereich eine Belastung von mehreren Millionen Euro resultiert. Im Bereich der Hochschulambulanzen hatte der Gesetzgeber im neuen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz die Fallzahlbeschränkungen nahezu aufgehoben und den Krankenhäusern ermöglicht, eine differenzierte Vergütung zu vereinbaren.
„Zur Umsetzung dieser neu geschaffenen Möglichkeiten befinden wir uns aktuell in Verhandlungen mit den Kostenträgern“,
berichtet Dr. Elke Frank. Darüber hinaus beträgt die Zinsbelastung für laufende Betriebsmittelkredite etwa 450.000 Euro.
Was tun wir?
„Im Rahmen der neuen strategische Ausrichtung erarbeiten wir derzeit einen Maßnahmenkatalog, um Projekte, die sich aus den einzelnen Handlungsfeldern ergeben, zu priorisieren und anzustoßen“,
erläutert Prof. Norbert Pfeiffer.
„Ein Beispiel ist die ambulante Medizin.“
Hier sei es gelungen, ein Sozialpädiatrisches Zentrum (SPZ) zu etablieren. Auf dieser Basis ist es möglich, ambulante Patientenfälle in der Kinder- und Jugendmedizin auf einer angemessen Grundlage abzurechnen, und somit die Erlöse in diesem Bereich zu steigern.
Highlights 2016
Jenseits der wirtschaftlichen Entwicklung war das Jahr 2016 von vielen Erfolgen geprägt – in der Krankenversorgung, in der Forschung und in der Lehre: In der Onkologie gelang die Auszeichnung als Onkologisches Spitzenzentrum – ein großer Erfolg für die Universitätsmedizin Mainz. Im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist der Bezug eines hochmodernen Neubaus für die Rhythmologie zu nennen, ebenso wie die erste Kunstherz-Implantation und die Gründung des Herzzentrums Mainz. In den Neurowissenschaften konnte erfolgreich ein neuer Sonderforschungsbereich zur Resilienz eingeworben werde. Die Eröffnung der Rudolf Frey Lernklinik im Sommer 2016 ist ein weiterer Meilenstein. Von dem neuen medizinischen Trainingszentrum für ärztliche Fertigkeiten werden unsere Studierenden enorm profitieren. Die Gutachter des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss konnten Mainzer Mediziner gleich mehrfach überzeugen: Für Projekte zu neuen Versorgungsformen in den Bereichen Orthopädie, Rheumatologie, Lebererkrankungen und Arzneimittelsicherheit bei Kindern fließen zehn Millionen der bundesweit 225 Millionen Euro Fördergelder nach Mainz. Last but not least: Gemeinsam mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde 2016 ein besonderes Großereignis erfolgreich gemeistert. Der Tag der offenen Tür am 3. Juli lockte mehrere tausend interessierte Besucher an.