Frankfurt am Main – Der katholische Stadtdekan von Frankfurt, Johannes zu Eltz, hat im Gedenken an die Pogromnacht von 1938 an das „schändliche Schweigen“ der Bevölkerung und die „tief beschämende“ Haltung der katholischen Kirche erinnert, die gegen die Verbrechen an den Juden nicht öffentlich protestierte. Die Schrecken der Pogromnacht vom 9. November 1938 hätten sich 79 Jahre später zwar weit zurückgezogen: „Verschwunden sind sie nicht. Ihr Schatten streift uns noch immer“, sagte er am Donnerstag, 9. November 2017, in einer Gedenkstunde in der Paulskirche.
Heute den „Mantel des Schweigens über das Schweigen von damals zu breiten“, heiße die Wahrheit zu ersticken, hob zu Eltz hervor. Denn nicht allein Angst habe die Katholiken gehindert, sich mit den Juden solidarisch zu zeigen, sondern „die tiefe Befremdung der Christen gegenüber den Juden, ein Graben, den keine Anstrengung der Assimilierung je ganz hat zuschütten können.“ Ein „Eisstrom der Entfremdung“ habe die Menschen erfasst, sodass sie den Mit-Menschen die volle Mit-Menschlichkeit entzogen: „Angst ist entschuldbar, Unmenschlichkeit nicht.“
Das Evangelium vom barmherzigen Samariter zeige, so zu Eltz, „kraftvoll, lebendig und trennscharf“, wie Mitmenschlichkeit auch in Todesnot helfen kann: „Das Nötige tun, die Nächstenliebe, war das Naheliegende.“ 79 Jahre nach der Pogromnacht gibt es in Frankfurt wieder blühendes jüdisches Leben, sagte der Stadtdekan. Aber es gebe auch immer noch „Räuber, die nach diesem Leben trachten. Sie verstecken sich nicht mehr, sondern nehmen in der Öffentlichkeit Platz.“ Deshalb sei es geboten, sich der Erinnerung an das schändliche Schweigen nicht zu verweigern: „Hoffentlich haben wir die Lektion der Menschlichkeit gelernt.“