Ingelheim – Vor 79 Jahren wurden in ganz Deutschland und auch in Ingelheim Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte und Wohnungen zerstört und jüdische Mitbürger misshandelt. Alljährlich gedenken viele Bürger am Synagogenplatz in Ober-Ingelheim am 9. November der Reichspogromnacht in einer kleinen Feierstunde.
Ben Sagi, ein Ingelheimer aus Israel berichtete eindrucksvoll über den letzten Schüleraustausch mit Jugendlichen der israelischen Stadt Afula. Sie besuchten in Hadamar die ehemalige Tötungsanstalt und waren geschockt und gleichzeitig überrascht, dass nicht nur Juden systematisch ermordet worden waren, sondern auch Menschen mit Behinderungen.
Klaus Dürsch vom Deutsch-Israelischen Freundeskreis griff sich traditionell das Schicksal einer jüdischen Ingelheimer Familie heraus und beschrieb das Leben von Walter Neumann, der als Kommunist und Jude gleich doppelt Angst haben musste. Er konnte fliehen und kam zunächst in Paris unter. Er überlebte den Krieg und lebte nach vielen Irrungen und weiteren Konflikten in der DDR, wo er 1979 starb.
Oberbürgermeister Ralf Claus appellierte, nicht wegzusehen, denn seinerzeit hatten auch alle Menschen weggeschaut und damit konnte die Schreckenszeit überhaupt erst seinen Lauf nehmen. Und heutzutage würden wieder Parolen hoffähig, die nicht einer gesunden Demokratie würdig seien. Und nun gelte es wieder, sich einzusetzen.
Eindringliche Worte fand auch Pfarrer Christian Feuerstein von den katholischen Kirchen. Und er schloss alle Menschen in sein Gebet ein, egal welcher Religion sie sich zugehörig fühlen.
Unterstützt wurde die Feierstunde musikalisch vom Saxofonensemble der Musikschule „Saxobeats“, die eigens jiddische Musikstücke einstudiert hatten.