Kaiserslautern – Nicht unnötig denken und Schülern zugewandt bleiben, Empfehlungen für gestresste Lehrer beim Pädagogischen Tag
Zum diesjährigen „Pädagogischen Tag“ der Kreissparkasse Kaiserslautern hat der Pädagogische Beirat den Chefarzt der Klinik für Psychosomatik am Westpfalz-Klinikum, Dr. Alexander Jatzko, gewinnen können. Der Mediziner referierte über die „Stressgemeinschaft Schule“. Er erläuterte dabei die im Menschen ablaufenden Prozesse während Stresssituationen und gab Empfehlungen, wie Lehrer dem Schulstress entkommen könnten. Einmal mehr habe man ganz offensichtlich ein
„brennendes Thema der Zeit getroffen“,
sagte Patrick Wagner, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Kreissparkasse Kaiserslautern, denn es habe wesentlich mehr Anmeldungen gegeben als Plätze zur Verfügung standen. In diesen Zeiten großer Umbrüche in Schule und Beruf, sei es der Kreissparkasse gar nicht hoch genug anzurechnen, dass sie solche Veranstaltungen ermöglicht, sagte der Vorsitzende des Pädagogischen Beirats, Ltd. Regierungsschuldirektor Gerhard Dohna. Lehrer sähen sich immer mehr Aufgaben gegenüber, Schüler beklagten mangelndes Verständnis und Eltern stellten die verschiedensten Anforderungen, skizzierte Dohna die Schulbedingungen, die die Gruppen zu einer Stressgemeinschaft zusammenführten. Daher brauche es Experten wie Jatzko, die in Praxis und Theorie gleichermaßen bewandert sind.
Mit statistischen Zahlen belegte der Mediziner Jatzko die seit Jahren steil ansteigende Zahl psychischer Beeinträchtigungen und Erkrankungen, die sich bei Arbeitsunfähigkeit als Krankheitsgründe abzeichnen. Gleichzeitig sei aber – bezogen auf die Berufsgruppe Lehrer – kaum oder nicht leicht verständliche Aufklärungsinformation aufzufinden. Unausgesprochen legte er damit den Schluss nahe, dass Stress in Schul- und Lehrberufen nur wenig Aufmerksamkeit von offizieller Seite erhalte. Und das, obwohl gerade von Lehrern „soziale und interaktive Emotionsarbeit“ gefordert werde und man wisse, dass die „Gesundheit der Lehrer sich maßgeblich auf die Unterrichtsqualität und Lernerfolg auswirkt“, zitierte er eine Veröffentlichung des „Deutschen Ärzteblatts“ aus dem Jahr 2015. Zu den krankmachenden Anforderungen zählten beispielsweise mangelnde Vorhersehbarkeit von Situationen, ein hohes Anspannungsniveau, geringe Anerkennung und eingeschränkte Erholungszeiten – alles Anforderungen, die auf Lehrer zuträfen -, verdeutlichte Jatzko. Erstaunlicherweise berichteten zwar zwischen 22 und 30 Prozent der Lehrer über emotionale Erschöpfung (und damit deutlich mehr als im Bevölkerungsdurchschnitt), zugleich sei die Lebens- und Arbeitszufriedenheit bei Lehrern bundesweit aber mit am höchsten. Ebenso sei der Krankenstand niedriger als in vielen anderen Branchen.
Stress-Bewältigungsstrategien nahm Jatzko unter die Lupe und erläuterte zunächst die hirnphysiologischen Bedingungen, indem er die verschiedenen Aufgaben und Funktionen der unterschiedlichen Gehirnareale beschrieb. Er verdeutlichte, wie häufig und schnell Miss- und Fehlinterpretationen beim Zusammenspiel von Gefühlszentrum und Großhirn stattfinden, denn beide Bereiche seien wie mit einer korrespondierenden Wippe mit einander verbunden. Jeden Tag mehrere Stunden vor einer Klasse zu stehen, sei eine beispielhafte Stresssituation. Er betonte das krankmachende Verhalten, über längere Zeit die eigenen Gefühle weder wahr noch ernst zu nehmen. Er empfahl daher als Bewältigungsstrategie beispielsweise mehr Achtsamkeit und weniger Denken, womit er das bloße Erleben des Moments ohne dieses gleich zu bewerten verstanden haben wollte. Ebenso seien Meditation, Sport und Distanzierungstechniken hilfreich, denn schließlich gehe es darum, „anfangen zu leben“.
Dr. med. Alexander Jatzko hat in Heidelberg und Mannheim studiert, arbeitete am Zentralinstitut für seelische Gesundheit Mannheim und ist seit 2005 in Kaiserslautern tätig. Besonders forscht er zu einer Traumatherapie.
Der Pädagogische Beirat der Kreissparkasse Kaiserslautern besteht aus Schulleiterinnen und Schulleitern im Geschäftsgebiet der Kreissparkasse Kaiserslautern und berät und unterstützt das Institut und die Schulen bei Themen der Wirtschaftserziehung. Außerdem erörtert er aktuelle wirtschaftskundliche, pädagogische und gesellschaftspolitische Themen.