Mainz – Innenminister Roger Lewentz hat Zivilcourage als wichtige Voraussetzung für ein soziales, gerechtes und friedliches Zusammenleben bezeichnet. „Wir alle gestalten mit unserem Verhalten das Leben in unserer Gesellschaft. Wir sollten aufeinander achtgeben und uns darauf verlassen können, Hilfe zu bekommen, wenn wir sie benötigen“, sagte der Minister bei der Verleihung des Preises für Zivilcourage in Mainz an Menschen, die durch ihren besonnenen wie mutigen Einsatz Leben geschützt und gerettet haben.
„Jeder kann unverschuldet in eine gefährliche Situation geraten. Doch leider werden zu wenige Menschen aktiv, wenn sie Zeugen einer Straftat oder eine Unglücks werden. Durch tatenloses Zusehen lässt man die Opfer nicht nur im Stich, in vielen Fällen schadet man ihnen sogar“, erläuterte Lewentz. Um Menschen dazu zu ermutigen, für Solidarität, Demokratie und Menschenwürde einzustehen, brauche es Vorbilder wie die diesjährigen Preisträger.
Eine interdisziplinär besetzte Jury unter dem Vorsitz von Innenstaatssekretär Günter Kern hat unter insgesamt 40 Vorschlägen die herausragenden ausgewählt. Erstmals wurde hierbei auf eine Platzierung verzichtet. „Zivilcourage zu zeigen, bedeutet Mut zu zeigen, etwas zu unternehmen und nicht wegzuschauen. Und weil das allein schon auszeichnungswürdig ist, haben wir uns in diesem Jahr dazu entschlossen, keine Platzierung vorzunehmen. Was die Gewinner geleistet haben, ist außergewöhnlich und mit anderen Fällen nicht vergleichbar“, erläuterte Lewentz.
Die Preisträger:
Dr. Martin Schwind aus Mainz, der bei einem versuchten Tötungsdelikt einschritt und dem Opfer somit das Leben rettete.
Herr Schwind beobachtete im Februar 2016 den eskalierenden Streit zweier Männer am Mainzer Hauptbahnhof. Selbst nachdem bei der Prügelei einer der Männer zu Boden sank, ließ der andere nicht von ihm ab. Einige Passanten blieben stehen und schauten zu, aber niemand half. Als einer der Streitenden begann, den anderen mit dessen Krawatte und Schal aggressiv zu strangulieren, schritt Herr Schwind ein. Er riss den Angreifer vom Opfer, befreite den Strangulierten vom stark verdrehten Schal und begann sofort mit den Wiederbelebungsmaßnahmen. Danach forderte Martin Schwind Umstehende auf, zu helfen und den Angreifer festzuhalten.
Einen weiteren Preis verlieh Innenminister Roger Lewentz Paul Simon Kneiffel und Uwe Herbert Ralph Schneider aus Kaiserslautern. Sie schritten bei einer Körperverletzung ein und beschützten eine Frau vor ihrem Ex-Freund.
Im März 2016 bemerkte Paul Simon Kneiffel auf dem Parkplatz eines Supermarktes einen Mann, der auf eine Frau einschlug. Auch Uwe Herbert Ralph Schneider beobachtete diese Szene. Herr Kneiffel forderte den Täter lautstark auf, den Übergriff zu unterlassen. Auch Herr Schneider eilte ohne zu Zögern dem Opfer zu Hilfe. Als er sich schützend vor die Frau stellte, fügte ihm der Täter einen Wangenbruch zu. Da er sich nun mit zwei Zeugen auseinandersetzte, ließ der Täter von der Frau ab, der die Flucht in den Supermarkt gelang. Dort wendete sie sich an die Mitarbeiter, die wiederum die Polizei verständigten.
Ein weiterer Preis ging an die Mainzer Studentin Elisa Steuler, die einen Mann wiederbelebte und eingriff, während andere nur zusahen.
Frau Steuler besuchte im Dezember 2016 den Mainzer Weihnachtsmarkt, als ihr an der Bushaltestelle ein 65-jähriger Mann auffiel, der das Bewusstsein verlor und sich in akuter Lebensgefahr befand. Ohne zu zögern, leitete sie Wiederbelebungsmaßnahmen ein, obwohl einige der Umstehenden diese Maßnahmen für falsch hielten. Ungeachtet dessen, kümmerte sie sich weiter um den Mann. Ein Freund des 65-Jährigen unterstützte sie. Erst dann boten weitere Menschen ihre Hilfe an, organisierten einen automatisierten externen Defibrillator und verständigten den Rettungsdienst. Dank Frau Steulers schneller Hilfe überlebte der Mann den Schlaganfall.
Jugendpreis
„Zivilcourage kennt kein Alter. Unsere Jugendpreisträger sind auch in diesem Jahr wieder gute Vorbilder auch für viele Erwachsene“, sagte Innenminister Roger Lewentz bei der Verleihung des Jugendpreises an Till Völcker und Max Helf aus Kaiserslautern.
Die beiden Jugendlichen beobachteten auf dem Parkplatz einer Gaststätte, wie ein Mann mit seinem Auto Fahrerflucht beging. Er hatte mit seinem Wagen ein anderes geparktes Fahrzeug angestoßen und beschädigt zurückgelassen. Till Völcker und Max Helf fotografierten mit dem Smartphone den Wagen des Flüchtenden samt Kennzeichen und informierten die Mitarbeiter der Gaststätte. Durch ihre schnelle Reaktion konnte der Verantwortliche ermittelt und der Tathergang aufgeklärt werden.
Sonderpreis
„Die meisten Menschen kommen einmal im Leben in die Situation, bei einer lebensbedrohlichen Situation zu helfen und Leben zu retten. Der diesjährige Preisträger aus Pirmasens bewies an einem Tag gleich in drei unterschiedlichen Situationen, dass er Zivilcourage besitzt“, begründete Innenminister Lewentz die Verleihung des Sonderpreises an Klaus Becker.
Im Sommer 2016 fuhr Herr Becker zusammen mit einem Kollegen in einen Pirmasenser Vorort, um eine Papiertonne auszuliefern. Dort hörte er, wie eine Frau um Hilfe rief. Ihre beiden zweijährigen Kinder hatten die Frau aus Versehen im Badezimmer eingeschlossen. Klaus Becker und sein Kollege brachen die Wohnungstür auf, befreiten die Frau und konnten Schlimmeres verhindert, denn durch den angeschalteten Herd bestand akute Brandgefahr. Zuhause angekommen entdeckte Herr Becker seinen 74-jährigen Nachbarn bewusstlos in dessen Auto. Sofort alarmierte er den Notarzt und rettete ihm damit das Leben. Als er am gleichen Nachmittag mit seinem Hund spazieren ging, fand er eine am Boden liegende, blutüberströmte Frau, die sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte. Nachdem es ihm gelungen war, die Blutung zu stillen, benachrichtigte er den Rettungsdienst.