Neustadt an der Weinstraße – Der Landkreis Südwestpfalz ist vorbehaltlich der Prüfung bauordnungsrechtlicher Fragen verpflichtet, dem Pfälzerwald-Verein Rodalben für das von ihm im Außenbereich von Rodalben betriebene Vereins- und Wanderheim „Hilschberghaus“ eine Baugenehmigung für den Anbau eines sechsgeschossigen Zimmerturms zu erteilen.
Ebenso eine Baugenehmigung für den Anbau eines Treppenhauses an das bestehende Gebäude. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt a.d. Weinstraße nach Durchführung einer Ortsbesichtigung am 7. Juli 2015 entschieden.
Das auf einer Anhöhe in ca. 340 m Höhe errichtete Hilschberghaus verfügt über eine Ausflugsgaststätte sowie 60 Betten, derzeit verteilt auf Zwei- und Mehrbettzimmer, zur Übernachtung von Wanderern. Die Baugenehmigung für die „Errichtung eines Vereins- und Wanderheimes“ auf dem streitgegenständlichen Grundstück datiert vom 25. November 1976. Ausweislich dieser Baugenehmigung dient das Gebäude außer als Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeit für Wanderer auch der Unterbringung von Jugendgruppen und Schulklassen. Im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Rodalben ist das Grundstück als „Sonderbaufläche Pfälzerwaldhaus“ dargestellt.
Im August 2013 beantragte der Kläger eine Baugenehmigung für die Erweiterung des Hilschberghauses. Geplant war die Errichtung eines sechsstöckigen turmförmigen Gebäudes, einschließlich eines Treppenhausanbaus an den Bestand. Das turmförmige Gebäude soll ausweislich der vorgelegten Pläne im Dachgeschoss ein Turmzimmer sowie im 1. bis 4. Obergeschoss jeweils zwei Doppelzimmer mit Dusche und WC sowie einen Flurbereich mit jeweiligem Übergang in den Treppenhausanbau und zum bestehenden Hauptgebäude beinhalten. Das Erdgeschoss soll den neuen Eingangsbereich des Hauses sowie ein Behinderten-WC und zwei Abstellräume beinhalten. Des Weiteren sollen im bestehenden Haupthaus bisherige Mehrbettzimmer in zeitgemäße Doppelzimmer umgestaltet werden. Die geplante Erweiterung soll sich nördlich an das Haupthaus anschließen. In der dem Bauantrag beigefügten Betriebsbeschreibung wird ausgeführt, dass es sich bei dem Vorhaben um die Planung eines Beherbergungsbetriebes mit Gaststätte in der Form einer Frühstückspension (58 Betten) und dem Servieren von Speisen und Getränken handle. Die Betriebszeiten seien von montags bis sonntags von 8.00 Uhr bis 22.00 Uhr in zwei Schichten geplant.
Mit Bescheid vom 18. Oktober 2013 versagte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung für die Erweiterung des Hilschberghauses u.a. mit der Begründung, die geplante Erweiterung verunstalte das Landschaftsbild, da es in seiner konkreten Form dem Orts- und Landschaftsbild grob unangemessen sei. Der Anbau falle durch Form und Größe vollkommen aus dem Rahmen und wirke an dem besonders exponierten Standort in ca. 340 m Höhe als Fremdkörper in der Landschaft.
Der Kläger erhob dagegen Widerspruch und legte in der Folgezeit geänderte Pläne vor. Die Umplanung sieht gegenüber der ursprünglichen Planung vor, die Höhe der Turmspitze zu reduzieren. Des Weiteren soll eine offene Gestaltung des Turmzimmers im obersten Geschoss vorgenommen werden.
Am 20. Februar 2014 versagte der Beklagte die Baugenehmigung auch zu der Änderungsplanung, betreffend die Erweiterung des Hilschberghauses (Eingang, acht Doppelzimmer und Turmzimmer).
Den auch dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2014 u.a. mit der Begründung zurück, der geplante Turmanbau als Erweiterung des bestehenden Hilschberghauses zähle nicht zu den im Außenbereich privilegierten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 des Baugesetzbuchs (BauGB). Zwar könnten typische Wanderhütten abseits der Ortslage im Pfälzerwald diesen Privilegierungstatbestand erfüllen. Die vorliegend beantragte Erweiterung erfülle diese Kriterien jedoch nicht. Dies scheitere schon daran, dass der geplante Standort in unmittelbarer Ortsnähe liege. Hinzu komme, dass durch den bereits vorhandenen Bestand mit dem Hilschberghaus ein Vereins- und Wanderheim in ausreichender Größe vorhanden sei, um die notwendige Grundversorgung für Wanderer zu gewährleisten. So möge es aus der Sicht der Wanderer wünschenswert sein, dass komfortablere Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen würden, doch würde dies über die objektiv notwendige Grundversorgung insoweit hinausgehen.
Der Kläger hat im Februar 2015 mit der Begründung Klage erhoben, aufgrund geänderter Nutzeransprüche sei die vorhandene Zimmerstruktur des Hilschberghauses in der bestehenden Form kaum noch vermietbar oder zu vermarkten. Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes sei nicht gegeben. Das Hilschberghaus stelle sich für den Betrachter als natürliche Fortsetzung der Ortsbebauung dar, die an das Haus nahezu nahtlos anschließe. Die nähere Umgebung werde durch einen 45 m hohen Funkmast sowie durch Hochspannungsleitungen geprägt. Worin hier die besondere Schönheit und Funktion des Landschaftsbildes bestehen solle, werde vom Beklagten nicht erläutert. Er, der Kläger, habe eine naturschutzfachliche Beurteilung der Erweiterung des Hilschberghauses durch einen Sachverständigen eingeholt. Aus dessen Sichtfeldbetrachtung ergebe sich, dass durch das Vorhaben nur zwei eher geringfügige Sichtbarkeitsfelder-Erweiterungsbereiche entstünden. Insbesondere die wesentlichen ggfls. schützenswerten Sichtachsen, nämlich alte Burg, Kanzelfelsen, Bruderfelsen und Ortsmitte würden in keiner Weise beeinträchtigt.
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt a.d. Weinstraße hat der Klage nach Durchführung einer Ortsbesichtigung am 7. Juli 2015 stattgegeben. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt: Beim Hilschberghaus handele es sich zwar nicht um ein im Außenbereich privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Pfälzerwaldhäuser stünden in der Regel mitten im Wald und seien dann teilweise kilometerweit von einem Ort entfernt, so dass dort für Wanderer entsprechende Versorgungs- und auch Übernachtungsmöglichkeiten vorgehalten würden. Dann seien auch die Übernachtungsmöglichkeiten zur Erfüllung der Funktion eines Pfälzerwaldhauses, nämlich Anlaufstelle für Wanderer im Wald zu sein, zweckgemäß als Bestandteil eines Wanderheims. Beim Hilschberghaus sei dies aber anders, da es in unmittelbarer Nähe zum Ort Rodalben gelegen sei, der seinerseits über Übernachtungsmöglichkeiten im Ort verfüge. Da das Hilschberghaus nicht mitten im Wald liege und zudem auch mit Autos sehr gut anfahrbar sei, seien die Wanderer nicht zur Übernachtung gerade auf dieses Pfälzerwaldhaus angewiesen. Der Beherbergungsbetrieb sei beim Hilschberghaus praktisch eine Art „mitgezogene Nutzung“ zu dem ortsnah errichteten Vereins- und Wanderheim mit Speisen und Getränkeangebot.
Die Erweiterung des Hilschberghauses sei aber als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Das Gelände sei im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Rodalben als „Sonderbaufläche Pfälzerwaldhaus“ dargestellt. Eine Beeinträchtigung von Natur und Landschaft sei nicht zu erkennen. Die Kammer schließe sich der Einschätzung des Sachverständigen in dessen Landschaftsbild- und Sichtbarkeitsanalyse an, wonach das Hilschberghaus zwar auf einer Anhöhe stehe, es aber nicht freigestellt oder unzureichend eingebunden oder exponiert wirke. Durch seine Siedlungs-Randlage wirke es für den Betrachter absolut unauffällig. Das Vorhaben sei ein punktueller Anbau an der Rückseite des Bestandsgebäudes, das nicht signifikant durch das Vorhaben überragt werde.
Eine Beeinträchtigung des Orts- und/oder Landschaftbildes sei ebenfalls nicht ersichtlich. Die Ortsbesichtigung habe ergeben, dass der Funkmast in der Nähe wesentlich exponierter als das Hilschberghaus stehe und die Baumwipfel wesentlich überrage. Er liege auch nicht in Ortsrandnähe, sondern doch schon „mitten im Wald“. Außerdem verlaufe im Bereich des Hilschbergs eine Stromtrasse. Damit sei das Landschaftsbild bereits schon jetzt beim Blick in Richtung Hilschberg nicht unberührt, zumal schon das Hilschberghaus vorhanden sei, das sich als ortsnah darstelle.
Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz beantragt werden.
Verwaltungsgericht Neustadt, Urteil vom 7. Juli 2015 – 3 K 150/15.NW –