Mannheim – Wenn eine unfriedliche Versammlung rechtmäßig aufgelöst ist, darf die Polizei auch die Personalien von Personen im Kreis der Versammlungsteilnehmer feststellen, die sich – gekennzeichnet durch eine Weste mit Aufschrift – als "Demonstrationsbeobachter“ bezeichnen. Das hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 10. März 2015 entschieden.
Der von der Polizei als rechtsextremistisch eingestufte "Freundeskreis Ein Herz für Deutschland e.V." (FHD) veranstaltete am 23. Februar 2013 – anknüpfend an die alliierten Luftangriffe auf Pforzheim am 23. Februar 1945 – auf dem Wartberg in Pforzheim eine angemeldete "Mahnwache". Zu der Veranstaltung waren verschiedene Gegendemonstrationen angemeldet. Das "Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit" hatte der Stadt Pforzheim vorab mitgeteilt, es werde an an diesem Tag mit "Demonstrationsbeobachtern" präsent sein, die durch ihre besondere Kleidung erkennbar seien. Diese verstünden sich nicht als Versammlungsteilnehmer, sondern wollten das Demonstrationsrecht schützen und dazu das Verhalten aller Beteiligten beobachten und dokumentieren.
Am Tag der Veranstaltung bewegte sich aus einer angemeldeten Gegendemonstration der "Initiative gegen Rechts" ein Aufzug mit ca. 300 bis 400 Personen in Richtung Wartberg. Dieser Aufzug löste sich nach den Feststellungen der Polizei in teilweise vermummte kleine Gruppen auf, die einzelne Polizeisperren umgingen oder teils mit Brettern, Flaschen und Steinen attackierten. Eine Gruppe bewegte sich zu einer Wiese, auf der die Polizei einen Bauzaun errichtet hatte, jenseits dessen eine Störung der Versammlung des FHD möglich gewesen wäre. Die Gruppe versuchte den Bauzaun zu durchbrechen. Dabei wurde sie von der Polizei eingekreist. Die Polizei gab mit Lautsprecher bekannt, die innerhalb der Umkreisung gebildete spontane Versammlung habe durch Stein- und Flaschenwürfe sowie Einsatz von Pyrotechnik einen unfriedlichen Verlauf genommen und werde daher endgültig aufgelöst; es würden nun "von allen" die Personalien festgestellt. Ein Polizeibeamter traf die Klägerin, die mit einer hell-blauen Weste mit der in Leuchtschrift gehaltenen Aufschrift "Demo-Beobachterin" bekleidet war, am Rand der eingekreisten Gruppe an und nahm ihre Personalien auf. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass diese polizeiliche Maßnahme rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (VG) wies die Klage mit Urteil vom 8. Mai 2014 ab. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, machte die Klägerin u.a. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Urteils geltend. Der VGH lehnte den Zulassungsantrag mit dem Beschluss vom 10. März 2015 ab.
Das VG habe zutreffend angenommen, dass die Klägerin wegen ihres Verhaltens Störerin im Sinne des Polizeigesetzes gewesen und daher zu Recht in Anspruch genommen worden sei. Die Polizei habe die Klägerin aufgrund der Gesamtumstände und der Nähe der Klägerin zur umschlossenen unfriedlichen Versammlung als Gefahrverursacherin ansehen dürfen. Die Klägerin habe sich ursprünglich in der von der Polizei eingekreisten Versammlung befunden. Als sie von dem Polizeibeamten angesprochen worden sei, habe sie sich nach wie vor in einem sehr engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang zu unfriedlichen Aktionen aufgehalten, die vorher aus der Gruppe verübt worden seien. Allein aufgrund ihrer Kleidung und ihrer Bezeichnung als "Demonstrationsbeobachter“ habe sie sich nicht erkennbar von der Gefahrenquelle distanziert.
Der Beschluss ist unanfechtbar (Az.: 1 S 1225/14). Das Urteil des VG ist damit rechtskräftig.