Darmstadt-Dieburg – Die drei freien Träger „Frauen helfen Frauen e.V. Dieburg“, „Wildwasser Darmstadt e.V.“ und „pro familia Darmstadt/Bensheim e.V.“ arbeiten seit September 1999 im „Netzwerk – Prävention und Schutz bei häuslicher und sexualisierter Gewalt an Frauen, Kindern und Jugendlichen“ fachlich und praxisorientiert an der Erstellung von präventiven Maßnahmen für Gewaltschutz.
Aus dieser Zusammenarbeit entstand die Idee für das Projekt „Aufklären und Schutz gewähren – ErzieherInnen im professionellen Umgang mit Gewalt“. Das Projekt gibt es nun seit 15 Jahren – Zeit für eine Bilanz.
Erste Modellprojekte werden seit dem Jahr 2000 an der Landrat-Gruber-Schule mit angehenden Erzieherinnen durchgeführt. Bereits vor Berufsbeginn wird über eine angemessene kindliche Sexualität und ihre Ausdrucksformen informiert, für den Umgang mit sexualisierter und häuslicher Gewalt sensibilisiert, die Täter- und Opferrolle analysiert und eine Orientierung im Helfersystem gegeben.
2005 konnte das Projekt durch einen Beschluss des Kreisausschusses als jährliches Angebot eingerichtet werden.
Zurzeit können je drei Blockveranstaltungen von jeweils fünf Zeitstunden für zwei Klassen angeboten werden, die von Diplom-Sozialpädagoginnen der drei freien Träger geleitet werden. So wird den Teilnehmenden etwa Basiswissen über die sexuelle und seelische Entwicklung vom Säugling bis zum Schulkind vermittelt, für eine Auseinandersetzung mit Sexualpädagogik gesorgt und präventive Maßnahmen vorgestellt.
Katja Wolf führt die Fortbildungen für den Kooperationspartner Wildwasser Darmstadt e.V. seit drei Jahren durch: „Wichtig für die jungen Erzieherinnen ist es vor allem, handlungsfähig zu sein, wenn sie mit einem Verdachtsfall von sexualisierter Gewalt konfrontiert werden.“ Dazu sei Hintergrundwissen nötig, um das Thema später im Blickfeld zu haben, weiß die Diplom-Sozialpädagogin. „Die Erzieherinnen sehen wie wir arbeiten und erfahren, dass sie sich jederzeit an uns wenden können“, sagt Wolf.
Kathrin Skoupil, Diplom-Sozialpädagogin, Systemische Therapeutin und Sexualpädagogin bei pro familia Darmstadt, die das Projekt koordiniert: „Oft frage ich zuerst, was das Thema überhaupt mit dem großen Überthema des Projekts, der Gewaltprävention, zu tun hat. Häufig wird schon an dieser Stelle deutlich, dass es durch die Ausbildung schon ein sehr gutes Wissen zum Thema Sexualerziehung gibt. Einer der wichtigsten Präventionsansätze, zum Schutz vor sexueller Gewalt bei Kindern, ist es natürlich, eine kompetente Begleitung des Entdeckens ihrer eigenen Lust, dem Körper und der Sexualität erlebt zu haben. Sie müssen ja eine Sprache für das alles haben.“
Referentin Angelika Hartwig von Frauen helfen Frauen e.V. sagt dazu: “Gerade für künftige Erzieherinnen ist es wichtig, Informationen zu häuslicher Gewalt zu erhalten – unabhängig von den gängigen Mythen und Vorurteilen. Nur dann können sie selbst eine professionelle Haltung dazu entwickeln und werden aufmerksam für mögliche Anzeichen häuslicher Gewalt. Im Kurs üben die Teilnehmenden etwa, wie sie Gespräche mit betroffenen Müttern und Kindern führen können, welchen Rahmen es dafür braucht und an welche Fachstelle sie die Frauen weitervermitteln können.“
Einig sind sich die drei Expertinnen darin, dass häusliche Gewalt immer noch ein gesellschaftliches Tabuthema ist. Deswegen sei es immer wichtiger, Fachkräfte im Erziehungs- und Gesundheitsbereich sorgfältig zu informieren, um häusliche Gewalt zu erkennen und anzusprechen.