Mainz / Worms – Die von der Stadt Worms genehmigte Arbeitnehmerunterkunft kann realisiert werden; die Baugenehmigung verletzt keine Rechte der benachbarten Grundstückseigentümer. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.
Dem beigeladenen Bauherrn wurde eine Baugenehmigung zum Umbau eines früheren Gaststätten- und Pensionsbetriebs mit Kino in eine Arbeitnehmerunterkunft erteilt. Teil der Genehmigung ist ein Brandschutzkonzept, nach dem sich in der Anlage bis zu 55 Bewohner sowie 15 Besucher aufhalten dürfen. Zwei Grundstücksnachbarn wenden sich mit Widerspruch und gerichtlichem Eilantrag gegen die Baugenehmigung. Sie machen im Wesentlichen geltend, das Vorhaben mit seinem großen Benutzerpotenzial bringe eine erhebliche Unruhe in den engen alten Ortskern, der von Ein- bis Zweifamilienhäusern geprägt sei. Angesichts fehlender Gemeinschaftsräume in den Gebäuden sei damit zu rechnen, dass sich die Bewohner auf der Straße und in dem Innenhof der Anlage aufhielten und es dabei zu erheblichen Störungen etwa durch laute Gespräche und Musik oder Handgreiflichkeiten insbesondere zu Nachtzeiten und am Wochenende komme. Auch der mit dem An- und Abfahrtverkehr der teilweise im Schichtbetrieb arbeitenden Bewohner verbundene Lärm sei nicht mit der vorhandenen Wohnnutzung vereinbar. Das Verwaltungsgericht lehnte die Eilanträge der Nachbarn ab.
Die Baugenehmigung verletze die Grundstückseigentümer nicht in ihren Nachbarrechten, so dass das Interesse des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzbarkeit der Genehmigung vorgehe. Die Arbeitnehmerunterkunft sei als Betrieb des Beherbergungsgewerbes mit wohnähnlicher Nutzung in der gemischt genutzten Umgebung (mit landwirtschaftlichen und gewerblichen Betrieben) zulässig und insbesondere mit der dort vorhandenen Wohnnutzung verträglich. Die Unterbringung von bis zu 70 Personen auf engem Raum widerspreche nicht dem Charakter des Baugebiets. Allein die Anzahl der künftigen Bewohner sei für sich keine geeignete Grundlage, um bebauungsrechtlich die Zulassung zu verhindern. Denn das allgemeine Bauplanungsrecht könne keinen „Milieuschutz“ gewährleisten. Daher seien Wohnimmissionen auch in solchen Wohngebieten hinzunehmen, die durch eine andere homogene Wohnbevölkerung und deren Verhalten geprägt seien. Auch bei Immissionen aufgrund von Aufenthalten der Anlagennutzer im Freien, von Konfliktsituationen sowie von An- und Abfahrten mit Kraftfahrzeugen handele es sich um grundsätzlich auch in einem Dorf- oder Mischgebiet hinzunehmende Wohnäußerungen. Solche Auswirkungen seien wie auch sonst bei verdichteter Wohn- oder Sozialnutzung (etwa bei Studierendenwohnheimen oder Asylbewerberunterkünften) als üblich der Nachbarschaft zumutbar. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass hier das Wohnumfeld in der gemischt genutzten Lage ausnahmsweise darüber hinausgehende Belastungen zu erwarten habe. Bei möglichen Rechtsverstößen seien primär die betreffenden Personen als Verhaltensstörer sicherheits- und ordnungsrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Im Übrigen sei die Bauaufsichtsbehörde gesetzlich gehalten, über die Einhaltung der erteilten Baugenehmigung und sonstiger öffentlicher (Bau)Vorschriften zu wachen.
(Verwaltungsgericht Mainz, Beschlüsse vom 19. Dezember 2017, 3 L 1384/17.MZ u.a.)