Mainz – Menschen, die Fleisch und andere tierische Produkte essen, neigen eher zu Vorurteilen als „Gemüseliebhaber“. Außerdem befürworten sie innerhalb von Gruppen eher autoritäre Strukturen und Hierarchien.
Wie ausgeprägt dieser Effekt ist, hängt vom Geschlecht und vom Alter der Personen ab. Das ist das Ergebnis der Studie „Diet, authoritarianism, social dominance orientation, and predisposition to prejudice“, die Wissenschaftler des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz in Kooperation mit der Universität Wuppertal durchgeführt haben. Die Studienergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „British Food Journal“ veröffentlicht.
Zunehmend mehr Menschen leben vegetarisch, das heißt sie verzichten auf den Konsum von Fleisch und Fisch und ernähren sich nur von pflanzlicher Nahrung, Milch und Eiern. Auch die vegane Ernährungsform, also die Beschränkung auf den Verzehr von nur pflanzlichen Produkten, ist insbesondere unter der jüngeren Bevölkerung weit verbreitet und gewinnt zunehmend an Beliebtheit. Die Studie „Diet, authoritarianism, social dominance orientation, and predisposition to prejudice“ hat diesen Trend unter gesamtgesellschaftlichen Aspekten untersucht: Gibt es Zusammenhänge zwischen den Ernährungsgewohnheiten eines Menschen und den Einstellungen dieser Person gegenüber anderen Menschen? Haben Menschen, die Fleisch und tierische Produkte konsumieren, mehr Vorurteile gegenüber anderen sozialen Gruppen und Minderheiten als Vegetarier oder Veganer? Wie ausgeprägt ist ihr autoritäres und hierarchieorientiertes Denken, also welche Haltung haben sie zu autoritären Systemen und zu sozialer Dominanzorientierung?
Unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Singer vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz und Psychologin Petra Veser von der Universität Wuppertal, kamen die Wissenschaftler zu folgenden Studienergebnissen:
Menschen, die sich omnivor ernähren, also sowohl Getreide, Gemüse und Obst, als auch Fleisch, Fisch, Milch und Eier verzehren, weisen im Vergleich zu Vegetariern und Veganern eine höhere Neigung zu Vorurteilen auf. Bei Männern war der Unterschied deutlicher zu sehen als bei Frauen. Prof. Singer erläutert:
„Wir haben in unserer Studie gesehen, dass ältere Personen generell mehr dazu neigen, Vorurteile gegenüber anderen Personen zu haben. In allen Altersgruppen gab es aber einen Unterschied zwischen Vegetariern, Veganern und Omnivoren, das heißt die Ernährungsweise hing, unabhängig vom Alter, mit der Einstellung gegenüber anderen Personen zusammen.“
Psychologin Petra Veser von der Universität Wuppertal, die die Befragungen durchführte, ergänzt:
„Nach der Definition von Gordon Allport bedeutet eine solche Neigung zu Vorurteilen, dass diese Personen dazu tendieren, von anderen ohne ausreichende Begründung schlecht zu denken. Zumindest haben sich diese Studienteilnehmer in dieser Weise selbst beschrieben“.
Zudem befürworten Omnivore eher autoritäre Strukturen als Vegetarier und Veganer dies tun. Petra Veser erklärt:
„Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, halten offenbar nicht so stark an Althergebrachtem fest, außerdem bevorzugen sie häufiger gleichwertige Beziehungen gegenüber hierarchischen.“
Auch dieser Unterschied war bei den Männern ausgeprägter als bei den Frauen. Prof. Singer:
„Die Älteren in unserer Studie bewerteten Hierarchien und autoritäre Strukturen in der Gesellschaft positiver als die Jüngeren, aber auch hier sahen wir in jeder Altersgruppe einen Unterschied, je nachdem, wie die Menschen sich ernährten.“
Die Wissenschaftler haben für die Studie Daten von rund 1400 Personen im Alter von 12 bis 86 Jahren hinsichtlich deren Ernährungsgewohnheiten und sozialen Einstellungen erhoben. Die von den Studienteilnehmern angegebene Ernährungsweise wurde einer der drei Ernährungsformen zugeordnet: omnivor, vegetarisch, vegan. Jeweils ein Drittel der Befragten ernährte sich omnivor (35 Prozent), vegetarisch (31 Prozent) beziehungsweise vegan (34 Prozent). Die hohe Zahl von Vegetariern und Veganern entspricht nicht der realen Verteilung in der Bevölkerung. Die Forscher waren bemüht, besonders viele Vegetarier und Veganer zur Teilnahme zu gewinnen, um auch von diesen Gruppen statistisch verlässliche Aussagen zu erhalten.