Bruchsal – Im Fall des am 09.08.2014 in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal tot aufgefundenen Gefangenen hat die Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Ermittlungen abgeschlossen. Hinsichtlich des suspendierten Anstaltsleiters wurde das Verfahren eingestellt. Gegen die Anstaltsärztin wurde Anklage zum Landgericht Karlsruhe erhoben.
Nach den Ermittlungen dürfte der verstorbene Gefangene an einer – die freie Willensbestimmung ausschließenden – krankhaften Störung der Geistestätigkeit gelitten haben. Ausweislich des nervenfachärztlichen Gutachtens wäre der Tod vermeidbar gewesen (wir berichten).
Gegen den suspendierten Anstaltsleiter hat sich der Tatvorwurf der fahrlässigen Tötung jedoch insgesamt nicht bestätigt. Nach Vernehmung von mehr als 30 Zeugen, Einholung mehrerer medizinischer Gutachten und Auswertung von Krankenunterlagen konnte nicht festgestellt werden, dass die für den Gefangenen bestehende Todesgefahr für den suspendierten Anstaltsleiter erkennbar und der Tod damit für ihn vorhersehbar war. Insbesondere durfte der Anstaltsleiter darauf vertrauen, dass der Gesundheitszustand des Gefangenen durch die Anstaltsärztin ausreichend überwacht wird, zumal ihm zugetragen worden war, dass die Anstaltsärztin die Ernährung mit Müsliprodukten als nicht lebensgefährdend beurteilt habe. Ein persönlicher Schuldvorwurf kann dem suspendierten Anstaltsleiter daher nicht gemacht werden.
Demgegenüber hat die Staatsanwaltschaft bezüglich der Anstaltsärztin den hinreichenden Tatverdacht einer fahrlässigen Tötung durch Unterlassen bejaht. Anders als der suspendierte Anstaltsleiter war sie als Anstaltsärztin unmittelbar für die gesundheitliche Überwachung und Versorgung des Gefangenen verantwortlich. Es wird ihr vorgeworfen, dass sie trotz Kenntnis der psychischen Auffälligkeiten und Verweigerung der Anstaltsnahrung fahrlässig nicht erkannt habe, dass der Gefangene einer medizinischen – auch zwangsweisen – Versorgung bedurfte.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Unschuldsvermutung auch nach Erhebung der Anklage fortbesteht. Der für eine Anklage erforderliche „hinreichende Tatverdacht" bedeutet lediglich, dass nach Aktenlage eine Verurteilung als wahrscheinlich erachtet wird. Ein abschließende Bewertung des Vorfalls erfolgt erst nach Durchführung der Beweisaufnahme im Rahmen einer Hauptverhandlung. Die Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich vorliegend nicht aus der zu erwartenden Strafe, sondern aus der besonderen – auf dem großen öffentlichen Interesse beruhenden – Bedeutung der Sache.