Mannheim: Den Geheimnissen der Mumien auf der Spur

Wie seit der Entdeckung der Röntgenstrahlen moderne Hightech-Methoden die Geschichte der Mumien erzählen

Plakat zu Mumien-Ausstellung (Quelle: Curt-Engelhorn-Stiftung)
Plakat zu Mumien-Ausstellung (Quelle: Curt-Engelhorn-Stiftung)

Mannheim – Wenn am 16. September 2018 die Sonderausstellung „MUMIEN – Geheimnisse des Lebens“ in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen startet, erwartet die Ausstellungsbesucher eine Begegnung mit faszinierenden Mumienfunden aus aller Welt, aus vorgeschichtlicher Zeit bis in die Gegenwart. Mumien sind wertvolle und außergewöhnliche Archive des Lebens. Gut zehn Jahre nach der ersten großen Mumien-Schau in Mannheim erzählen die Reiss-Engelhorn-Museen anhand neuer Forschungsergebnisse ihre Geschichte. Inszenierte Laborbereiche sowie eine Virtual-Reality-Station bieten darüber hinaus interessante Einblicke in die Methodenwelt moderner Mumienforschung.

Zu den Sammlungsbeständen der Reiss-Engelhorn-Museen zählt eine weibliche Mumie in Rückenlage mit gekreuzten Unterschenkeln. Sie stammt aus Peru und ist über 500 Jahre alt. Ihre Hände sind fest zu Fäusten geschlossen und ruhen auf dem Oberkörper. Dank moderner computertomographischer Aufnahmen erhielten die Wissenschaftler einen zerstörungsfreien Einblick in die Hände der Mumie und entlockten ihnen eine einzigartige Geschichte: Es handelt sich um zwei kleine Gegenstände, die als Kinderzähne identifiziert werden konnten. „Mit den Daten aus dem CT-Scan konnten wir einen präzisen 3D-Druck aus Kunstharz von den Kinderzähnen erstellen, den wir dem Ausstellungsbesucher präsentieren werden. An diesem Beispiel sehen wir die enormen Einsatzmöglichkeiten, die uns die zerstörungsfreie Herangehensweise mit modernen Technologien heute bietet. Ohne die Hände der Mumie zu öffnen, sind wir in der Lage, uns eine genaue Vorstellung von ihrem Inhalt zu machen und diesen weiter zu untersuchen. Damit fügen wir dem Rätsel um das Leben und Leiden dieser Frau ein weiteres Puzzleteil hinzu.“ stellt Dr. Wilfried Rosendahl, Direktor an den Reiss-Engelhorn-Museen und Leiter des German Mummy Projects, fest.

Die Mannheimer Ausstellung zeigt auch die weltweit erste geröntgte menschliche Mumie. Es handelt sich um eine altägyptische Kindermumie aus dem Sammlungsbestand des Senckenberg Naturmuseums in Frankfurt am Main. Nur wenige Monate nach Wilhelm Conrad Röntgens revolutionärer Entdeckung der nach ihm benannten Röntgenstrahlen machte ein Frankfurter Forscherteam im Jahr 1896 die ersten zerstörungsfreien Aufnahmen von der bandagierten Mumie. Neben der Kindermumie sind in Mannheim auch die originale Röntgenaufnahme sowie historische Geräte aus den Anfangszeiten der Röntgentechnik zu sehen. Seitdem hat die Forschung große Fortschritte gemacht. Gut 120 Jahre nach der ersten Untersuchung entlockten Wissenschaftler der Mumie mit modernen Analysemethoden detailreiche Erkenntnisse: „Heute wissen wir, dass es sich bei der Kindermumie um einen Jungen handelt, der ungefähr im Alter von 4 bis 5 Jahren zu Tode kam. Die Mumie wurde auf den Zeitraum 378 bis 235 vor Christus datiert. Der mumifizierte Körper weist Anomalien wie beispielsweise eine Trichterbrust auf. Diese Informationen stammen unter anderem aus einer CT-Untersuchung, die präzise Bilder von den menschlichen Überresten innerhalb der textilen Umhüllung lieferte.“, fasst Dr. Wilfried Rosendahl den aktuellen Stand zusammen.

Die Untersuchungen an der peruanischen Frauenmumie und der Kindermumie aus dem Alten Ägypten sind nur zwei Beispiele, wie Wissenschaftler die Geheimnisse rund um die Lebensgeschichte einzelner Mumien Schritt für Schritt enträtseln. Experten verschiedener Disziplinen arbeiten dabei Hand in Hand. Über Radiokarbondatierung, Anthropologie, Genetik, Gesichtsrekonstruktion, Computertomographie oder Forensik ergeben sich spannende Detailinformationen zu Umweltbedingungen, Lebensumständen, Ernährungsgewohnheiten oder Verletzungen und Krankheiten von Menschen längst vergangener Zeiten.

In der Ausstellung erlebt der Besucher Mumienforschung hautnah. In inszenierten Laborbereichen lernt er einzelne Methoden und Herangehensweisen kennen. Neben Röntgenanalytik und Computertomographie werden unter anderem 3D-Oberflächenscanning, Paläopathologie, physische Anthropologie sowie Traumatologie vorgestellt. Eine Virtual-Reality-Station gewährt faszinierende Einblicke in das Innere einer Mumie.

„MUMIEN – Geheimnisse des Lebens“ ist vom 16. September 2018 bis 31. März 2019 im Museum Zeughaus der Reiss-Engelhorn-Museen zu sehen. Begleitend zur Ausstellung findet vom 11. – 12. Oktober 2018 das Symposium „Unsterblichkeit – Traum oder Trauma?“ statt.

www.mumien-mannheim.de