Leipzig – Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat den Eilantrag eines islamistischen Gefährders zur Verhinderung seiner Abschiebung nach Tunesien abgelehnt.
Der Antragsteller, ein tunesischer Staatsangehöriger, reiste erstmals 2003 und dann erneut 2015 nach Deutschland ein. Aufgrund eines Auslieferungsersuchens der tunesischen Behörden, in dem ihm u.a. die Beteiligung an dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis mit mehreren Toten im März 2015 zur Last gelegt wurde, wurde er festgenommen. Am 1. August 2017 ordnete das Hessische Ministerium des Innern und für Sport – gestützt auf § 58a AufenthG – die Abschiebung des Antragstellers nach Tunesien wegen (drohender) terroristischer Aktivitäten zugunsten des „Islamischen Staates“ (IS) an. Mit Beschluss vom 19. September 2017 (BVerwG 1 VR 8.17) hat der erkennende Senat einen hiergegen gerichteten Eilantrag mit der Begründung abgelehnt, es bestehe ein beachtliches Risiko, dass der Antragsteller einen Terroranschlag in Deutschland begehe. Die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes erfolgte mit der Maßgabe, dass der Antragsteller erst nach Erlangung einer Zusicherung einer tunesischen Regierungsstelle abgeschoben werden darf, wonach im Falle der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe die Möglichkeit einer Überprüfung der Strafe mit Aussicht auf Herabsetzung der Strafdauer gewährt wird. Am 21. Dezember 2017 hat der Generalstaatsanwalt von Tunesien eine Erklärung zum strafrechtlichen Sanktionensystem in Tunesien, zur Umwandlung von Todesstrafen in lebenslange Freiheitsstrafen und zur Möglichkeit der Verkürzung von Freiheitsstrafen durch Begnadigung abgegeben. Der Antragsteller soll nunmehr nach Tunesien abgeschoben werden. Hiergegen wendet er sich mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Nach Einholung mehrerer Auskünfte des Auswärtigen Amtes hat der Senat die Gefährdungslage nunmehr dahin bewertet, dass dem Vollzug der Abschiebungsanordnung keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote entgegenstehen und es daher keiner förmlichen Zusicherung bedarf. Zwar kann nach den aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes nicht ausgeschlossen werden, dass dem Antragsteller in Tunesien die Verhängung der Todesstrafe oder eine lebenslange Freiheitsstrafe droht. Dem Antragsteller droht indes aufgrund des in Tunesien seit Jahren bestehenden Moratoriums, dessen Einhaltung die tunesischen Behörden betont haben, nicht die Vollstreckung der Todesstrafe. Weiter ergibt sich aus einer der Auskünfte des Auswärtigen Amtes, dass jede Todesstrafe durch Ausübung des Gnadenrechts des Staatspräsidenten in eine lebenslange oder zeitige Freiheitsstrafe umgewandelt wird. Für eine lebenslange Freiheitsstrafe bestehen gesetzliche Regeln, wonach der Verurteilte zu gegebener Zeit eine Überprüfung seiner Strafe mit der Aussicht auf Entlassung bewirken kann (Art. 353, 354 der tunesischen Strafprozessordnung). Damit droht dem Antragsteller keine Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden menschenrechtswidrigen Behandlung durch lebenslange Inhaftierung ohne gesetzlich normierte Regeln über eine vorzeitige Wiedererlangung der Freiheit.
BVerwG 1 VR 1.18 – Beschluss vom 26. März 2018