Leipzig – Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Klage eines radikal-islamistischen Gefährders gegen eine Abschiebungsanordnung des Senators für Inneres der Freien Hansestadt Bremen abgewiesen.
Der 19-jährige Kläger ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stammt aus deren Teilrepublik Dagestan und ist im Alter von drei Jahren nach Deutschland eingereist. Seit April 2012 befand er sich im Besitz befristeter Aufenthaltserlaubnisse.
Im März 2017 hatte der Senator die Abschiebung des Klägers gemäß 58a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) angeordnet. Nach Ablehnung eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz durch das bei Abschiebungsanordnungen nach § 58a AufenthG erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht (Beschluss des Senats vom 13. Juli 2017 – BVerwG 1 VR 3.17) und Zurückweisung einer hiergegen erhobenen Verfassungsbeschwerde durch das Bundesverfassungsgericht wurde der Kläger im September 2017 nach Moskau abgeschoben. Eine Beschwerde des Klägers beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hatte letztlich keinen Erfolg. Mit dem nun ergangenen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht die Anordnung als rechtmäßig bestätigt.
Nach der im Jahr 2005 eingeführten Regelung des § 58a AufenthG kann ein Ausländer zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung abgeschoben werden. Für die hierfür erforderliche, auf Tatsachen gestützte Gefahrenprognose bedarf es einer Bedrohungslage, bei der sich das vom Ausländer ausgehende Risiko einer sicherheitsgefährdenden oder terroristischen Tat jederzeit aktualisieren und in eine konkrete Gefahr umschlagen kann. Diese Voraussetzungen sieht der Senat im Fall des Klägers auch nach neuerlicher Überprüfung auf der Grundlage einer Gesamtschau vielfältiger Anhaltspunkte und Indizien als erfüllt an. Der Kläger gehörte seit längerem der radikal-islamistischen Szene in Deutschland an und sympathisierte offen mit der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“. Äußerungen – auch des Klägers – in verschiedenen Chats ließen auf seine Bereitschaft zur Teilnahme an einem terroristischen Anschlag schließen. Auf seinem Smartphone war u.a. ein Video mit einer Anleitung zum Bau einer Splitterbombe gefunden worden. Bei einer derartigen Gefahrenlage war die Abschiebungsanordnung auch unter Berücksichtigung der damit für den Kläger als gerade volljährig gewordenen faktischen Inländer verbundenen Schwierigkeiten verhältnismäßig, auch wenn er kein Russisch spricht.
Abschiebungsverbote stehen der Anordnung nicht entgegen. Der Senat hat an seiner im vorläufigen Rechtsschutzverfahren getroffenen Einschätzung festgehalten, dass dem Kläger in der Russischen Föderation im Zeitpunkt der Abschiebung jedenfalls dann keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Art. 3 EMRK) gedroht hat, wenn er – wie geschehen – nicht in den Nordkaukasus abgeschoben wird. Es war ihm möglich und zumutbar, außerhalb seiner Herkunftsregion Aufenthalt zu nehmen und sich eine Lebensgrundlage aufzubauen.
BVerwG 1 A 4.17 – Urteil vom 27. März 2018