Mannheim – Der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 6. März 2018 mit heute den Beteiligten bekanntgegebenem Urteil die Sperrzeitverordnung der Stadt Heidelberg (Antragsgegnerin) für die Altstadt vom 20. Dezember 2016 für unwirksam erklärt.
Die Bewohner eines Gebäudes in der Heidelberger Altstadt (Antragsteller) wandten sich mit einem Normenkontrollantrag gegen die vom Gemeinderat beschlossenen Sperrzeitregelungen, wonach von Montag bis Donnerstag die Sperrzeit um 2 Uhr nachts beginnt, von Donnerstag bis Sonntag jeweils um 4 Uhr. Ihr Normenkontrollantrag hatte in vollem Umfang Erfolg.
Zur Begründung seines Urteils führt der 6. Senat u.a. aus, dass die Sperrzeitregelungen rechtswidrig seien, weil die schützenswerten Interessen der Anwohner nicht hinreichend berücksichtigt und abgewogen worden seien. Zwar habe die Antragsgegnerin die Sperrzeit an allen Wochentagen – außer dem sog. „studentischen Donnerstag“ – um eine Stunde gegenüber der landesgesetzlichen Regelung verlängert, jedoch sei dies im Hinblick auf die Ergebnisse eines von der Antragsgegnerin in Auftrag gegebenen Lärmgutachtens nicht ausreichend. Je später die Nacht fortgeschritten sei, desto schutzwürdiger sei das Bedürfnis der Anwohner nach Ruhezeiten einzustufen. Die Grenze, ab der Gesundheitsgefahren für die Anwohner zu erwarten seien, werde in der Nacht um 2 Uhr bzw. 4 Uhr am Wochenende jeweils überschritten.
Der Senat stellte fest, dass die Interessen der Anwohner in der Sperrzeitregelung ersichtlich in zu hohem Maße hätten zurückstehen müssen, während die Belange der Touristen und der Gastronomen zu große Berücksichtigung gefunden hätten. Mit der angefochtenen Sperrzeitverordnung habe die Antragsgegnerin das ihr bei der Festlegung von Sperrzeiten eingeräumte Rechtssetzungsermessen rechtswidrig ausgeübt, da das immissionsschutzrechtliche Regelungskonzept unterlau- fen werde, das den Schutz der Nachtruhe gewährleisten und die Verhinderung von Gesundheitsschäden durch Lärmeinwirkungen vermeiden solle.
Auch die Voraussetzungen für die Verkürzung der Sperrzeit in der Nacht zum Freitag auf 4:00 Uhr – dem sog. studentischen Donnerstag – lägen nicht vor, da dieser ebenfalls Belange des Gemeinwohls entgegenstünden. Lasse sich unter der Woche schon ein Sperrzeitbeginn um 2:00 Uhr vor dem immissionsschutzrechtlichen Regelungskonzept nicht rechtfertigen, so widerspreche ein Sperrzeitbeginn um 4:00 Uhr erst Recht den Belangen des Gemeinwohls. Die Nachtruhe in der Nacht zum Freitag – einem normalen Werktag – sei gegenüber den Anwohnern nicht weniger schutzwürdig, als an den anderen Tagen unter der Woche. Diese nachhaltige Störung der Nachtruhe der Anwohner müsse von diesen nicht hingenommen werden.
Die abstrakte Festlegung der Sperrzeiten sei Sache des Gemeinderats. Er habe insoweit einen normgeberischen Spielraum, wie er die widerstreitenden Interessen von Anwohnern, Gastwirten und Besuchern der Gaststätten in Ausgleich bringen möchte. Der Antragsgegnerin obliege es, sich um eine deutliche Verbesserung der Lärmsituation für die im räumlichen Geltungsbereich der Verordnung wohnenden Menschen zu bemühen.
Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (6 S 1168/17).