Worms – Wenn man sich in den Obstregalen unserer Supermärkte umsieht, trifft man bei Äpfeln und Birnen auf fast immer gleiche Namen. Rund um den Globus werden inzwischen nur noch eine Hand voll Hochleistungssorten angebaut. Die einst große Vielfalt an regionalen und lokalen Sorten ist fast gänzlich verlorengegangen. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland noch 2700 Apfel-, 800 Birnen- und 400 Süßkirschensorten. Umso wichtiger ist es, wenigstens einen Teil dieser alten Sorten durch die Anlage von Streuobstwiesen zu erhalten. Waren Streuobstwiesen früher in vielen Regionen Deutschlands prägend für das Landschaftsbild, zählen sie heute zu den am stärksten gefährdeten Biotop-Typen.
Der Erhalt der einzigen Birnbaum-Allee im Stadtgebiet ist der Abteilung Grünflächen und Gewässer daher ein wichtiges Anliegen. Die Schließung der mit den Jahren immer größer gewordenen Lücken in den beiden Baumreihen am alten Schöpfwerk auf der Bürgerweide steht deshalb schon lange auf der Agenda. Nun konnten dank einer großzügigen Spende des Rotary Club Worms in Höhe von 3.500 Euro die notwendigen Nachpflanzungen realisiert werden.
„Es war uns eine Freude, mit unserer Spende dem Jahresmotto unseres Welt-Präsidenten für 2018 zu folgen und einen Beitrag für unsere Umwelt zu leisten“, verdeutliche Rotary Club Worms-Präsident Prof. Dr. Hartmut Bindewald beim symbolischen Angießen der 26 jungen Birnbäume mit dem für die Wormser Grünflächen zuständigen Beigeordneten Uwe Franz, Dieter Rauh von der Grünflächenabteilung und einigen Rotariern auf der Bürgerweide.
Dass der Termin etwas länger dauerte, war wohl dem herrlichen Sonnenschein zu verdanken, der einzig an diesem Nachmittag für wohltuende Abwechslung in der Regenperiode sorgte. „Wer einen Baum pflanzt, wird den Himmel gewinnen“, zitierte Bindewald den chinesischen Philosophen Konfuzius und erinnerte in seiner Ansprache auch an Luther und dessen vermeintliches Zitat „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Zum Birnbaum gelangte der Club-Präsident wieder über Theodor Fontane und dessen Gedicht über den „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“.
Bevor zur Gießkanne gegriffen wurde, hob Beigeordneter Uwe Franz das Engagement des Rotary Club Worms hervor. „Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie nicht nur die Wiederbelebung der verloren gegangenen Streuobstwiesen, sondern ermöglichen es zudem, die ursprüngliche Sortenvielfalt der Birne wieder ins Bewusstsein der Menschen zu bringen“, dankte Franz den Rotariern für die beachtliche Spende und den wertvollen Beitrag für die Landeskultur und Ökologie. An die Adresse von Dieter Rauh gerichtet, lobten die Mitglieder des Rotary Clubs die gute Zusammenarbeit mit der Grünflächenabteilung und dort explizit mit Erich Kulling. „Worms kann stolz sein auf diese Abteilung“, meinte Club-Präsident Bindewald. „Ob im Frühling, Sommer, Herbst und sogar im Winter – die Grünanlagen in der Stadt sind stets topp in Schuss und wahrlich ein Aushängeschild für Worms“, betonte Bindewald.
Insgesamt 17 verschiedene Birnbaumsorten beleben nun die Streuobstwiesen entlang des alten Eisbachs zwischen den beiden Schöpfwerken. Darunter zum Beispiel die ‚Veldenzer‘, eine Sorte aus dem Jahr 1781, die in der Pfalz, Baden und dem Elsass weit verbreitet war. Die lange Lagerfähigkeit und vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten vieler alter Sorten unterstreichen deren damalige Wichtigkeit für die Ernährung der Bevölkerung. Beeindruckend sind auch Größe, Gestalt und Lebensalter historischer Birnensorten. Sie können mehrere hundert Jahre alt werden und einen Stammumfang von bis zu drei Meter erreichen. Solche Charakterbäume stehen alten Eichen um nichts nach. Der Erhalt von alten Obstsorten und Streuobstwiesen hat somit nicht nur ökologische und kulturgeschichtliche Bedeutung, sondern ist auch wichtig für das Landschaftsbild gerade in Naherholungsgebieten wie der Bürgerweide. Die Pflanzarbeiten wurden von den Gärtnern des ebwo (Kolonne Stadtpark) durchgeführt, die sich auch um die weitere Pflege der Bäume kümmern werden.