Darmstadt – Nacht für Nacht wird bis Ende des Monats am Klinikum Darmstadt gearbeitet. Auf dem Dach des höchsten Gebäudes 5, der Chirurgischen Kliniken, wird ein Hubschrauberlandeplatz für die Versorgung Schwerverletzter errichtet, der im Herbst/Winter 2018 in Betrieb gehen soll.
Viereinhalb Wochen wird allein die Aufstellung von 9 insgesamt 36 Meter hohen Stahlträgern und ersten Verstrebungen dauern, auf die in einem nächsten Schritt dann die Landeplattform wie ein Tisch auf hohen Stelzen aufgesetzt wird. Aufgrund der engen räumlichen Verhältnisse und dem Bauen im Bestand bei laufendem Patientenbetrieb können diese Arbeiten nur in den Nachtstunden stattfinden. Auch die Anlieferung der Bauteile erfolgt just in time: Jeden Abend erreicht gegen 19 Uhr ein Schwerlasttransporter aus Österreich das Klinikum mit den Teilen, die dann in den Stunden bis 5 Uhr morgens verbaut werden. Ab 19 Uhr ist dafür die Durchfahrt zwischen dem Gebäude 5 und dem Laborgebäude für Fußgänger und Autos gesperrt, die tagsüber vor allem von der hauseigenen Logistik befahren wird. Für sichere Absperrungen, störungsfreies Arbeiten und Wegeleitung für Patienten und Mitarbeitende sorgen in den Nachtstunden bis zu vier Sicherheitskräfte um Frank Seeger von der DSS Sicherheits & Service GmbH. Dann beginnen die Stunden von Projektleiter Michael Zink mit Unterstützerin Anja Bien und Montage-Chef Michael Rack der österreichischen Firma Urbas Maschinenfabrik GmbH, die auf die Errichtung von Hubschrauberlandeplätzen spezialisiert ist und den Bau nach europaweiter Ausschreibung für sich gewinnen konnte.
Die Idee für den Hubschrauberlandeplatz in Form eines Tischgestells mit überlangen Beinen, so erzählt Michael Zink, sei dem Team beim Anblick des großen roten Stuhls gekommen, mit dem eine große Möbelkette weit sichtbar auf ihren Hallen wirbt. Laut Michael Rack ist die Errichtung auf 36 Meter hohen Stahlträgern auch für das erprobte Team Neuland: „Das ist hier schon eine große Herausforderung, einmal aufgrund der Enge des Platzes und dann auch die Höhe der Stützen!“
In der Nacht auf Gründonnerstag begannen die Arbeiten mit der Aufstellung des Krans, dessen Auskragung eine Höhe von 85 Meter Höhe erreichen kann. Unter dem Kran wurden große Wassertanks errichtet, um eventuell anfallendes Löschwasser auffangen zu können. Die Errichtung eines Hubschrauberlandeplatzes macht unter anderem sowohl eine Enteisungs- wie auch eine Feuerwehrlöschanlage und eine Flugfeldbefeuerung notwendig. 5,5 bis 6 Millionen Euro werden die Gesamtkosten für die Errichtung des Hubschrauberlandeplatzes betragen.
Seit 3. April geht es in die Höhe, Nacht für Nacht – außer sonntags. Die neun Stützen werden in zwei Schritten montiert. Die untersten Stelzen werden auf die 22 Meter tief reichenden Bohrpfähle aufgesetzt, die in den Monaten zwischen November 2017 und März 2018 gebohrt worden sind, und mit je neun 50 Millimeter dicken Schrauben elektrisch festgezogen. „Das klingt wie beim Reifenwechsel, das ist schon laut“, so Michael Zink. Auch Licht braucht das Team nachts, wenn es die Teller der Stützen Stück für Stück über einen Zeitraum von je einer Stunde zusammenschraubt.
„Die Lärm- und Lichtbelästigungen durch Kranarbeiten, Arbeitsbühnen und Befestigungsarbeiten durch Luftschrauber sind leider unvermeidlich. Aber mit dem Hubschrauberlandeplatz gewinnt unser Klinikum noch einmal deutlich als High-End- und Maximalversorger für Südhessen für alle sichtbar an Gewicht. Selbstverständlich nimmt die ausführende Firma Rücksicht auf den Patientenbetrieb und beschränken die Belästigungen auf ein Mindestmaß“, so Abteilungsleiter Franz Kraft. Das Haus setzt alles daran, die Patienten vorab zu informieren: Pflegekräfte und Hausdame Marion Rodehau gehen auf die Stationen und verteilen Oropax und Schlafmasken. Wenn die Patienten erfahren, wofür der Lärm nachts veranstaltet wird, dann haben sie großes Verständnis, so Marion Rodehau.
Michael Zink erzählt begeistert, mit welcher absoluter Präzision und Ruhe das 6-köpfige Montageteam um Projektleiter Gernot Mair und Montage-Chef Michael Rack agiert. „Fast schon elegant bugsieren die Monteure die ca. 9 Tonnen schweren Stahlstützen um und über die Gebäude. Permanent im Funk-Kontakt mit dem Kranführer, der jenseits des Gebäudes könnerhaft sein Arbeitsgerät bedient, manövriert Rack die Stahlkolosse an die Millimeter genau ausgerichteten Fundamentköpfe. Stefan Schlager und zwei weitere Kollegen kümmern sich dann um die Verschraubung der Stahlelemente mit den Fundamenten.“
Derzeit liegt das Team gut im Plan, so Zink. Einzig Wind könne jetzt noch verzögernd wirken. Denn der Kran steht ab Windgeschwindigkeiten von 12 Metern pro Sekunde in Höhe von 70 Metern über dem Boden still, dann kann er die 9 Tonnen schweren Stahlpfeiler, die wie Bleistifte herunterhängen, nicht hochheben und bewegen.
Ende der Woche stehen alle neuen Stützen mit den ersten Verstrebungen, danach folgen die Dach-Tisch-Konstruktion – die eigentliche 64-eckige Hubschrauberlandeplattform – und die Aufzugkonstruktion, mit der Patienten dann vom Hubschrauberlandeplatz direkt hinunter in die Zentrale Notaufnahme gelangen. Bis die ersten Hubschrauber landen können, wird es noch dauern: Der Laufsteg zwischen Plattform und Aufzugschacht, der 2,8 Meter über dem Dachfirst entsteht, wird erst im Spätsommer errichtet. Die Abteilung Bau rechnet mit der Inbetriebnahme im Oktober bis Dezember 2018.