Friedberg (ots) – Als die Gurtplicht im Jahr 1976 in Deutschland eingeführt wurde, lehnten viele den Gurt ab. Inzwischen ist der damals entfachte Glaubenskrieg zu Nutzen und Risiko beigelegt und das Anschnallen sollte Routine sein.
Die Erfahrungen der Polizei können diese Routine leider nicht bei allen Fahrzeugführern bestätigen. Doch das sollte es sein, denn ohne Gurt zu fahren stellt ein erhebliches Risiko für die eigene Gesundheit dar. Bei 14 Unfällen in Mittelhessen starben Menschen in den vergangenen drei Jahren vermutlich deshalb, weil sie nicht angeschnallt waren.
Die Geschichte
Bereits 1974 wurde der Einbau von Sicherheitsgurten in allen Neuwagen Pflicht. Zwei Jahre später folgte die Anschnallpflicht. Zunächst jedoch gab es keine Konsequenzen für alle, die sich nicht mit dem meist schwarzen Helfer anfreunden konnten. Erst 1984 erfolgte die Einführung eines Bußgeldes.
Seit 1993 gibt es eine gesetzliche Regelung zum Schutz Minderjähriger Mitfahrer, die seither in speziellen Sitzen in Kraftfahrzeugen angeschnallt werden müssen.
Ohne Gurt begehen Insassen eine Ordnungswidrigkeit
Moderne Fahrzeuge weisen durch ein Warnsignal ihre Insassen auf die Nutzung eines Gurtes hin. Doch diese Warnung nehmen nicht alle Fahrteilnehmer ernst. Manche gehen soweit, den Sensor auszutricksen, um das auf Dauer nervige Piepsen auszuschalten.
Während einige Fahrzeuginsassen den Gurt aus Bequemlichkeit oder Überzeugung nicht verwenden, lassen sich andere von der vermeintlichen Sicherheit durch diverse verbaute Airbags täuschen. Doch nur in Kombination mit dem angelegten Gurt können Airbags in Kraftfahrzeugen richtig wirken.
Eigentlich sollte es die persönliche Verantwortung über die eigene Gesundheit sein, die klar macht, dass das Anlegen eines Gurtes ein wichtiger Sicherheitsaspekt ist. Um diesen zu unterstreichen, wird bei einem festgestellten Verstoß gegen die Gurtplicht ein Verwarnungsgeld von 30 Euro fällig. Auch wer den Sicherheitsgurt nicht richtig anlegt – etwa unter dem Arm entlang – gilt als nicht angeschnallt und begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Regelungen richten sich nach § 21 a der Straßenverkehrsordnung (StVO). Aus medizinischen Gründen ist es möglich von der Gurtplicht befreit zu werden. Dazu bedarf es jedoch einer amtlichen Ausnahmegenehmigung.
Mit Kindern unterwegs
Nicht ausreichend können Kinder den Nutzen von Sicherheitsgurten einschätzen. Die sie im Fahrzeug transportierenden Erwachsenen und Eltern sind daher in der Verantwortung darauf zu achten, dass die richtigen Sicherungseinrichtungen vorhanden sind und ordnungsgemäß genutzt werden. Wer dabei mit gutem Vorbild vorangeht, macht es auch für den Nachwuchs einfacher.
Kinder bis zu einer Größe von 1.50 m oder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr müssen in geeigneten Rückhalteeinrichtungen transportiert werden, führt der §21 StVO aus. Bei der Art und Beschaffenheit ist insbesondere darauf zu achten, dass Gewicht und Größe des Kindes zum ausgewählten Sitzmodell passen. Zudem muss Acht geben, wer einen gebrauchten Sitz kauft. Dieser muss mit den aktuell gültigen EC-Nummern (03 oder 04) gekennzeichnet sein, darf also nicht zu alt sein.
Wer ein Kind nicht vorschriftmäßig im Kraftfahrzeug gesichert transportiert, muss mit einem Verwarnungsgeld von 30 Euro rechnen. Befindet sich das Kind ohne jede Sicherung im Kraftfahrzeug, sieht der Tatbestandskatalog ein Bußgeld von 60 Euro und einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg vor. Höhere Strafen sind es, wenn sogar mehrere Kinder ohne vorgeschriebene Sicherung transportiert werden.
Gurtnutzung und Unfälle
Wie viele Fahrzeuginsassen keinen Gurt anlegen, das stellt die Polizei nicht nur bei den tagtäglich durchgeführten Kontrollen fest. Auch bei Unfällen wird überprüft, ob der Sicherheitsgurt angelegt wurde oder nicht. Leider lässt sich dies oft nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Bis zum Eintreffen der Polizei haben die Unfallbeteiligten zumeist die Fahrzeuge verlassen oder konnten zumindest den Gurt verändern, so dass meist von den Beamten nicht mehr beurteilt werden kann, ob die Gurtpflicht beachtet wurde. Sicher feststellen lässt sich dies leider oft nur dann, wenn die Fahrzeuginsassen bei dem Unfall schwer verletzt oder sogar getötet wurden.
14 Unfälle registrierte die Polizei in den vergangenen 3 Jahren in Mittelhessen, bei denen Menschen ums Leben kamen, vermutlich weil sie den Sicherheitsgurt nicht angelegt hatten. Allein fünf dieser Unfälle ereigneten sich im Dienstgebiet der Polizeidirektion Wetterau.
Im Nachhinein lässt sich oft nicht mehr feststellen, ob das Leben der Menschen hätte gerettet werden können, wenn sie angeschnallt gewesen wären, vieles spricht aber dafür.
Kontrollen
In Mittelhessen werden tagtäglich Kontrollen durchgeführt, bei denen nicht anschnallte Fahrzeuginsassen auf das eingegangene Sicherheitsrisiko aufmerksam gemacht werden. Ob es eine nachhaltige Wirkung bei ihnen hinterlässt, ist leider nicht nachvollziehbar. Es bleibt ihnen auf jeden Fall zu wünschen!