Köln – Am 18. Mai 2016 hatte die Europäische Weltraumorganisation ESA bekannt gegeben, dass der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst nach seiner erfolgreichen Blue-Dot-Mission aus dem Jahre 2014 einen zweiten Raumflug absolvieren wird. Vor einem guten Jahr, am 29. Mai 2017, hat Alexander Gerst seine neue Mission „horizons“ dann selbst vorgestellt. Heute, am 6. Juni 2018, ist der 42-jährige Geophysiker gemeinsam mit seinen Crew-Kollegen, der NASA-Astronautin Serena Maria Aunon-Chancellor, und dem russischen Kosmonauten Sergei Prokopyev, planmäßig um 13.12.41 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ, 17.12.41 Uhr Ortszeit) an Bord des Sojus-Raumschiffs MS-09 vom russischen Kosmodrom in Baikonur (Kasachstan) zur Internationalen Raumstation gestartet.
„Deutschland ist seit 40 Jahren ein fester Bestandteil der internationalen astronautischen Raumfahrt. Seit der Mission Sojus 31 mit Sigmund Jähn haben zehn weitere deutsche Kosmonauten und Astronauten im Auftrag der Wissenschaft hunderte von Experimenten in der Erdumlaufbahn durchgeführt“, betont Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Egal ob Forschung und Entwicklung oder Raumfahrtmanagement – das DLR steht mit technologischen Kompetenz und wissenschaftlichen Exzellenz sowie seinen internationalen Partnern für die gemeinsame erfolgreiche Arbeit auf der Internationalen Raumstation – die mit Alexander Gerst auf der Horizons-Mission die Arbeit der vergangenen 40 Jahre fortführt.“
Für Gerst ist es der zweite Langzeitaufenthalt auf der ISS – bis zum 13. Dezember 2018 soll der Deutsche als Missionsspezialist im größten Forschungslabor außerhalb der Erde in 400 Kilometern Höhe leben und arbeiten. Der gebürtige Baden-Württemberger – Gerst stammt aus dem hohenlohischen Künzelsau – soll insgesamt 67 europäische Experimente absolvieren, davon stammen 41 aus Deutschland. Ab Oktober soll Alexander Gerst auch als erster Deutscher Kommandant der ISS sein. Der ESA-Astronaut gehört zu den ISS-Expeditionen 56 und 57. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist für die Auswahl und Koordination der deutschen Experimente und der deutschen Beiträge zur ISS verantwortlich.
Alexander Gerst, Serena Aunon und Sergei Prokopjew haben die letzten Tage vor ihrem Raumflug in der Kosmonauten-Unterkunft am Kosmodrom in Baikonur verbracht. Sie haben eine ganze Reihe von Zeremonien und Ritualen durchlaufen, wie die Vorbesichtigung „ihrer“ Sojus-Kapsel und die Segnung der Rakete, den Besuch des Stadtmuseums in Baikonur und des Cosmodrom-Museums inklusive des Hauses des russischen Kosmonauten Juri Gagarin, der 1961 als erster Mensch ins All flog. Serena Aunon und Sergei Prokopjew haben zudem an der Allee der Kosmonauten jeweils einen Baum gepflanzt, für beide ist es der erste Flug ins All. Alle drei Astronauten haben auf der Tür zum Zimmer von Gagarin unterschrieben und am Abend vor dem Start traditionell der sogenannten State Kommission mit Vertretern von Roskosmos, NASA, ESA und DLR Bericht erstattet und sich persönlich von ihren Familien verabschiedet. Ein gemeinsamer Friseurbesuch stand ebenso auf dem Programm wie das Anziehen der Sokol Start-Anzüge und Abfahrt von Gebäude 254 rund drei Stunden vor dem Start. Etwa zwei Stunden vor dem Start nahmen Gerst, Aunon und Prokopjew ihre Plätze in der Sojus-Rakete ein, die dann vom Launchpad, auf dem auch Juri Gagarin bei seiner Mission 1961 gestartet war, pünktlich abhob.
Prokopjew ist ausgebildeter Pilot und Kommandant des Sojus-Raumschiffs, das nun auf dem Weg zur ISS ist und die Raumstation nach 48 Stunden am 8. Juni um 15.07 Uhr MESZ erreichen soll. „Das Sojusraumschiff braucht diesmal zwei Tage, oder 34 Orbits, weil die Unterschiede in Bahnebene und Phasenwinkel zur ISS für einen 4-Orbit Transfer zu groß ist. Deshalb benötigt die Sojus für die ganzen Bahnänderungsmanöver mehr als vier Orbits (oder sechs Stunden), um diesen Abstand aufzuholen“, erläutert Volker Schmid, horizons-Missionsleiter im DLR, den längeren Flug. Um 16.50 Uhr MESZ soll sich am 8. Juni die Luke zwischen Sojus-Kapsel und Raumstation öffnen und die Crew kann in die ISS einschweben.