Wiesbaden – In luftiger Höhe über dem Trainingsplatz in Bad Gögging wiegt die Kamera im Wind leicht hin und her. Am Ende des einige Meter hohen Gestänges zeichnet das Gerät namens Highpod die Einheiten des SV Wehen Wiesbaden im Trainingslager auf. Unten auf dem Rasen blicken Paul Fernie, Leiter der Scouting- & Analyse-Abteilung des SVWW, und Mitarbeiter Philipp Gründler auf das iPad. Sie bearbeiten bereits die ersten Szenen, die sie später am Tag mit Cheftrainer Rüdiger Rehm besprechen und analysieren.
„Die Digitalisierung in der Trainingsarbeit hat eine große Bedeutung und ist in der Analyse sehr wichtig“, setzt der Wiesbadener Fußballlehrer auf die moderne Unterstützung. Denn: „So sehen wir in wiederholendem Rhythmus zehn bis 15 identische Szenen von einem Trainingsschwerpunkt.“ Dabei treffen die hauptamtlichen Scouts eine Vorauswahl. Rehm: „Sie zeigen mir die interessantesten Szenen, und wir entscheiden dann gemeinsam, welche Sequenzen wir davon später der Mannschaft präsentieren.“
Im Zuge der Digitalisierung gibt es nach oben hin kaum Grenzen – auch in der Trainingsanalyse. Aber: „Man sollte nicht alles komplett verwissenschaftlichen“, meint Rüdiger Rehm: „Die Videobilder reichen mir nach den Eindrücken, die wir sowieso vom Training haben. Diese Form der Analyse ist gut, aber man sollte es auch nicht übertreiben.“
Schließlich muss die analysierte Information am Ende auch beim Spieler auf dem Platz ankommen. „Grünes Licht“ wurde jetzt der Bundesliga und 2. Liga gegeben für den Einsatz von Headsets und Laptops auf der Bank, wie sie bei der WM in Russland zu sehen waren.
„Grundsätzlich kann es hilfreich sein, wenn man von oben einen Hinweis bekommt, worauf man achten sollte. Aber die Analyse während des Spiels halte ich für schwierig im Hinblick darauf, dass man alle Spieler auf dem Feld mit der gleichen Information erreichen muss“, so der SVWW-Trainer ehrlich: „Mir stellt sich die Frage, ob es nicht eher Unruhe reinbringt, wenn Du während der Partie von außen etwas reinwirfst, was nicht jeder sofort versteht oder was beim 70 Meter entfernten Außenverteidiger wie bei ,Stille Post‘ möglicherweise ganz anders ankommt.“
Aus Rüdiger Rehms Sicht ist die digitale Analyse in der Spielvorbereitung ein wichtiges Faustpfand: „Wenn es beispielsweise eine taktische Veränderung beim Gegner gibt, müssen die Jungs wissen: Das können wir jetzt machen. Es geht aber nur, wenn wir es vorher bereits besprochen und trainiert haben. Im Training können wir unterschiedliche Situationen und Veränderungen simulieren, damit alle wissen, wenn das der Fall im Spiel ist, dann reagieren wir so! Um das zu erreichen, hilft uns die digitale Analyse der Trainingseinheiten auf jeden Fall.“