Neustadt an der Weinstraße – Seit Anfang Juli 2018 hat Neustadt einen neuen Bachlauf in den Rehbachwiesen. Um eine Staueinrichtung im Rehbach, die für Wanderfischarten unpassierbar war, beseitigen zu können, musste die Ausleitung des Rückgängergrabens aus dem Rehbach südlich von Mußbach verlegt werden.
Wohl schon seit dem Mittelalter waren die Mähwiesen des früheren Johanniterordens entlang des Reh- und Speyerbaches in der Gemarkung Mußbach bewässert worden. Hierzu durchzog man die feuchten Randbereiche des Ordenswaldes mit einem dichten Netz von Gräben unterschiedlicher Länge, Größe und Funktion. Bis in die 1960er Jahre wurden die Wiesen genossenschaftlich bewässert. Einer der wichtigsten Gräben war der Rückgängergraben. Wie der Name andeutet, nahm er das von den Wässerwiesen abfließende, überschüssige Wasser auf und leitete es etwas oberhalb der Haßlocher Pfalzmühle in den Rehbach zurück.
Der Rückgängergraben zweigte als Entwässerungsgraben ursprünglich nicht vom Rehbach ab. Er begann in den früheren Feuchtwiesen nördlich des Soldatenweihers und folgte der flachen Senke entlang dem Nordrand des Ordenswaldes nach Osten. Unterhalb der alten Kuhbrücke am Rehbach und in den Kleefleckwiesen nahm er weitere Entwässerungsgräben auf. Seit der Aufgabe der Wiesenwässerung und dem Verfall der Bewässerungs-Infrastruktur führten die Hauptgräben wie Rückgänger- und Streifelsgraben nur noch in Feuchtperioden Wasser. Die zahlreichen kleinen Wässergräben entlang der früheren Parzellengrenzen fielen vollständig trocken und verfüllten sich oft bis zur Unkenntlichkeit.
Der Bau der A 65 und des Autobahnzubringers B 38 um 1980 erforderte dann ein großflächiges Bodenordnungsverfahren. In dessen Verlauf musste der Lauf des Rehbachs leicht verändert werden. Stauwehre an den Auslassgräben für die ehemalige Wiesenwässerung wurden ersatzlos beseitigt. Der Grundwasserspiegel in den ehemaligen Feuchtwiesen sank weiter ab. Der Rückgängergraben erhielt jetzt allerdings Anschluss an einen schon früher vorhandenen Zuleitungsgraben nördlich des ehemaligen Mußbacher Wasserwerkes. Er wird seitdem direkt vom Rehbach gespeist. Unter anderem sollte dadurch auch eine neue Tümpelanlage, die als Ausgleichsmaßnahme für das Bodenordnungsverfahren angelegt worden war, mit Wasser versorgt werden.
Durch die Beseitigung der Staueinrichtungen am Rehbach konnte aber nicht genug Wasser in den Graben ausgeleitet werden. Um die Wasserausleitung zu stabilisieren, legten damalige amtliche und ehrenamtliche Naturschutzakteure an der Ausleitung des Rückgängergrabens eine Steinschwelle im Rehbach an. Diese war jedoch wasserrechtlich nie formal genehmigt worden. Die Regionalstelle Wasserwirtschaft hatte vor einigen Jahren die Beseitigung dieser Schwelle gefordert, um die Durchgängigkeit für Wanderfischarten wiederherzustellen.
Da der Rückgängergraben aber auch zahlreiche geschützte und zwischenzeitlich reaktivierte Feuchtwaldbiotope im Ordenswald mit Wasser versorgt, musste seine ganzjährige Wasserführung weiterhin sichergestellt werden. Hierzu sollte die Ausleitung des Grabens um rund 180 Meter rehbachaufwärts verlegt werden. Durch den dadurch gewonnenen Höhenunterschied konnte auf die künstliche Sohlerhöhung durch die Steinschwelle verzichtet werden. Schon vor fünf Jahren war die Schwelle beseitigt und provisorisch durch ein Stauwehr aus Holzbohlen an der Rehbachbrücke ersetzt worden. Das neue, rund 290 Meter lange Gerinne folgt einem früheren Wässergraben, der ebenfalls in den 1970er Jahren verfallen war. Umweltabteilung, Planungsbüro und Wasserbehörden haben sich um eine halbwegs naturnahe Linienführung und Ufergestaltung bemüht. Eine Saatmischung mit Pflanzenarten gewässerbegleitender Hochstauden soll im Herbst noch eingebracht werden.
Den Ausleitungsbereich aus dem Rehbach haben Unbekannte zwischenzeitlich zum Teil mit Wasserbausteinen aus der Uferbefestigung verfüllt. Die Umweltabteilung bittet, dies zu unterlassen. Das ist Sachbeschädigung und verhindert, dass der Rückgängergraben ausreichend Wasser bekommt.